Bettina Klein: Die Signale dieser Nacht reichten von "breiter Wille zur Einigung", Zitat Gipfelchefin Angela Merkel, bis hin zu "unbestreitbar null". Das sagte Frankreichs Präsident Sarkozy über Polens Bereitschaft, sich in der einen oder anderen Streitfrage zu bewegen. Im Klartext bedeutet das, es gibt noch keine erkennbaren Fortschritte, jedenfalls keine, die nach draußen gedrungen sind, obwohl bereits das so genannte Beichtstuhl-Verfahren begonnen hat, üblich bei Gipfeln dieser Art. Die jeweilige Ratspräsidentschaft nimmt die einzelnen Staats- und Regierungschefs ins Gebet, um Dissonanzen und Meinungsverschiedenheiten unter vier Augen auszuräumen. (
MP3-Audio
, Bericht von Doris Simon)
Breiter politischer Wille zur Einigung, wie die Bundeskanzlerin sagt, oder schwierige Lage, wie Polens Präsident Kaczynski meint an diesem Morgen des zweiten Gipfeltages in Brüssel. Am Telefon ist jetzt der Präsident des Europaparlamentes, Hans-Gert Pöttering. Schönen guten Morgen!
Hans-Gert Pöttering: Guten Morgen, Frau Klein!
Klein: Herr Pöttering, nach dem, was Sie hören aus Brüssel seit gestern Abend, wie viel Hoffnung haben Sie, dass das Treffen mit einem Erfolg zu Ende gehen wird?
Pöttering: Nach meiner Einschätzung ist es fifty-fifty und das war auch mein Eindruck, als ich gestern meine Rede gehalten habe vor den Staats- und Regierungschefs. Die Polen scheinen sich nicht zu bewegen, aber vielleicht geschieht das ja noch auch in den Einzelgesprächen, die die Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Präsident Lech Kaczynski hat und auch der französische Präsident Nicolas Sarkozy. Aber die Polen gebrauchen ja bedauerlicherweise eine Sprache, die schmerzlich ist und die zum Teil auch traurig ist, weil sie immer wieder auf den Zweiten Weltkrieg zu sprechen kommen. Diese Atmosphäre ist nicht sehr positiv, aber ich wünsche der Kanzlerin viel Erfolg. Und das Europäische Parlament steht an ihrer Seite bei den Bemühungen, die sie unternimmt.
Klein: Herr Pöttering, müssen wir Verständnis aufbringen für diesen Hinweis, der aus Polen kam, noch einmal auf die deutsche Schuld im Zweiten Weltkrieg? Müssen wir Verständnis haben für die Vorbehalte und die Angst vor deutscher Übermacht?
Pöttering: Nein. Das stimmt uns sehr traurig, wie ich das schon gesagt habe, denn wir haben ja heute ein Maß an Vertrauen in der Europäischen Union entwickelt, das diese Dinge hinter uns lassen sollte. Dass Polen nun auf die Vergangenheit zurückkommt, das ist schmerzlich. Und gerade in Deutschland hat es ja immer in den letzten Jahrzehnten bei allen Bundesregierungen sehr, sehr viel guten Willen gegeben gegenüber Polen. Man muss eines ganz klar zum Ausdruck bringen: Das, was die polnische Regierung will, steht gegen alle anderen, vielleicht mit Ausnahme der Tschechen, gegen alle anderen Länder der Europäischen Union. Es sind Wünsche gegen das Europäische Parlament, gegen die Kommission. Polen hat sich isoliert. Und wenn Polen auf diesem Standpunkt beharrt, dann wird es die Europäische Union in eine Krise führen.
Klein: Muss die deutsche Ratspräsidentschaft dennoch mit Polen vorsichtiger umgehen als mit anderen Staaten? Will meinen ist da nicht mehr so frei zu verhandeln, wie sie es mit anderen Ländern tun würde, bei denen eben eine historische Schuld Deutschlands keine Rolle spielt?
Pöttering: Wir sind eine Europäische Union der Gleichen. Die großen Länder haben die gleiche Bedeutung wie die kleinen und die mittleren. Alle haben ihre Würde. Aber es gilt auch das Prinzip der Demokratie. Und dieses Prinzip der Demokratie soll bei dem Abstimmungsverfahren im Ministerrat zur Geltung kommen. Das ist in langen Verhandlungen so erreicht worden. Die Verhandlungen haben ja Monate und Jahre gedauert im europäischen Konvent. Polen kann jetzt keine Sonderrolle für sich beanspruchen, und deswegen bin ich der Meinung, wir sollten die polnische Regierung ganz normal behandeln wie alle anderen, und die polnische Regierung kann uns nichts aufzwingen.
Klein: Was wäre denn aus Ihrer Sicht ein denkbarer Kompromiss, eine denkbare und sinnvolle Möglichkeit, auf die polnischen Bedenken bei der Stimmengewichtung einzugehen, denn irgendeine Art von Einigung muss ja her?
Pöttering: Ja, irgendeine Art der Einigung muss es geben. Frau Klein, da haben Sie völlig Recht. Aber es gibt ja nicht nur den Aspekt der Stimmengewichtung, sondern Polen möchte ja auch die Solidarität der anderen Länder der Europäischen Union und auch des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission zum Beispiel in der Frage der Energieversorgung. Polen hat die Befürchtung, dass es eine Beeinträchtigung der Energieversorgung geben könnte bei Gas, bei Öl durch Russland. Wir hoffen aber, dass das nicht kommt. Wenn das jedoch passieren sollte, hat Polen natürlich einen Anspruch darauf, dass die gesamte Europäische Union sich solidarisch verhält mit Polen. Und diese Prinzipien sollten wir in den Vertrag hineinschreiben. Also es gibt auch andere Bereiche, die für Polen wichtig sind, und Solidarität ist keine Einbahnstraße, sondern Solidarität gilt immer gegenseitig.
Klein: Was Sie gerade angesprochen haben, den Komplex Energiesicherheit und die polnischen Befürchtungen, verstehe ich Sie richtig, dass Sie glauben, die Europäische Union könnte da einen großen und wichtigen Schritt auf Polen zugehen und auf der anderen Seite dann einen Kompromiss eben bei der Stimmengewichtung von Polen erhalten?
Pöttering: Ja. Das ist das richtige Denken. Man kann nicht immer nur fordern, wie es gegenwärtig durch die polnische Regierung geschieht, sondern man muss auch bereit sein, Kompromisse zu schließen und die Solidarität innerhalb der Europäischen Union, die ja ganz wichtig ist, misst sich am Ende nicht daran, ob man ein paar Stimmen mehr hat, sondern die Solidarität misst sich daran, ob man gegenseitiges Vertrauen hat und den Willen, sich gegenseitig zu helfen. Hier hat die polnische Regierung bisher noch nicht eine Haltung, die von diesem Gedanken der gegenseitigen Solidarität getragen wird.
Klein: Schauen wir noch, Herr Pöttering, auf ein anderes Land, das mit einer Blockade, mit einem Veto bei diesem EU-Gipfel droht. Das ist Großbritannien. Es geht zum einen um Widerstände in Punkto Grundrechte-Charta, die Großbritannien nicht einfach so akzeptieren und unterschreiben möchte, zum anderen um Widerstände gegen das Amt eines europäischen Außenministers. In Sachen Grundrechte-Charta Ausnahmeregelungen für Großbritannien für Sie denkbar und damit ein Kompromiss zu erzielen?
Pöttering: Die Grundrechte-Charta, Frau Klein, ist für das Europäische Parlament nicht verhandelbar. Das habe ich gestern in meiner Rede auch zum Ausdruck gebracht. Wir wollen, dass die Grundrechte-Charta geltendes Recht wird. Wenn es möglich ist, Großbritannien, aber nur Großbritannien in einigen Aspekten der Grundrechte-Charta entgegenzukommen, das wird gegenwärtig auch von den Juristen geprüft, würden wir als Europäisches Parlament das als das kleinere Übel dann akzeptieren. Darüber muss aber noch sehr sorgfältig beraten werden. Entscheidend ist jedoch, dass die Grundrechte-Charta für die gesamte Europäische Union Geltung bekommt.
Was das Amt des Außenministers angeht, so kann man flexibel sein bei der Bezeichnung. Aber es ist wichtig, dass es eine Person gibt, die zuständig ist für die Außenpolitik. Heute ist es ja so: Wir haben den Hohen Beauftragten mit Javier Solana, der seine Sache ja auch sehr gut macht, und wir haben das Mitglied der Kommission, Benita Ferrero-Waldner, die ihre Sache auch gut macht. Wir wollen aber eine Person haben, die zuständig ist, und vor allen Dingen müssen auch die Bürokratien beim Europäischen Rat, beim Ministerrat und bei der Kommission zusammengefasst werden, so dass ein einheitliches Handeln der Europäischen Union möglich wird. Ich habe in meiner Rede gestern an die britische Adresse gesagt, ihr habt das alles schon unterschrieben beim Verfassungsvertrag. Erinnert euch daran und stellt jetzt keine Maximalbedingungen.
Klein: Und Sie glauben dadurch, dass man dem Amt einen anderen Namen geben würde, ließen sich die Bedenken Großbritanniens ausräumen?
Pöttering: Ich weiß nicht, ob sie sich ganz ausräumen lassen, aber eine andere Bezeichnung wäre ein Schritt den Briten entgegenzukommen. Das Entgegenkommen hat aber natürlich auch Grenzen. Auch die Briten müssen erkennen, dass sie ihren Willen nicht allen anderen aufzwingen können. Man darf niemals vergessen, dass 18 Länder der Europäischen Union ja der Verfassung, die in Frankreich und den Niederlanden im Referendum gescheitert ist, auch in Referenden oder durch parlamentarische Entscheidungen zugestimmt haben. Und die Kunst besteht ja jetzt darin, diese unterschiedlichen Positionen zusammenzuführen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat da eine unglaublich schwierige Aufgabe, aber sie hat auch einen unglaublich guten Willen. Das Europäische Parlament, das habe ich gestern in meiner Rede vor den Staats- und Regierungschefs zum Ausdruck gebracht, steht an der Seite der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung, eine Lösung zu finden.
Klein: Und Angela Merkel hat nicht nur einen guten Willen, sondern auch noch das eine oder andere Ass im Ärmel, das wir noch nicht kennen?
Pöttering: Das vermute ich, und das ist in der europäischen Politik immer so gewesen, dass die Karten ganz zum Schluss erst auf den Tisch gelegt werden. Heute Morgen werden ja diese so genannten Beichtstuhl-Gespräche weitergeführt. Ich sehe die Bundeskanzlerin noch einmal gegen Mittag. Und ich hoffe, dass sie dann auch berichten kann, dass es doch Bewegung gibt. Die Sache steht aber nach meiner Einschätzung fifty-fifty, jedoch in der Politik wie auch sonst im Leben muss man natürlich immer so lange optimistisch sein, wie es Grund zur Hoffnung gibt.
Klein: Das wollen wir tun. Das war Hans-Gert Pöttering, der Präsident des Europaparlamentes. Danke Ihnen für das Gespräch, Herr Pöttering.
Pöttering: Ich danke Ihnen, Frau Klein.
Breiter politischer Wille zur Einigung, wie die Bundeskanzlerin sagt, oder schwierige Lage, wie Polens Präsident Kaczynski meint an diesem Morgen des zweiten Gipfeltages in Brüssel. Am Telefon ist jetzt der Präsident des Europaparlamentes, Hans-Gert Pöttering. Schönen guten Morgen!
Hans-Gert Pöttering: Guten Morgen, Frau Klein!
Klein: Herr Pöttering, nach dem, was Sie hören aus Brüssel seit gestern Abend, wie viel Hoffnung haben Sie, dass das Treffen mit einem Erfolg zu Ende gehen wird?
Pöttering: Nach meiner Einschätzung ist es fifty-fifty und das war auch mein Eindruck, als ich gestern meine Rede gehalten habe vor den Staats- und Regierungschefs. Die Polen scheinen sich nicht zu bewegen, aber vielleicht geschieht das ja noch auch in den Einzelgesprächen, die die Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Präsident Lech Kaczynski hat und auch der französische Präsident Nicolas Sarkozy. Aber die Polen gebrauchen ja bedauerlicherweise eine Sprache, die schmerzlich ist und die zum Teil auch traurig ist, weil sie immer wieder auf den Zweiten Weltkrieg zu sprechen kommen. Diese Atmosphäre ist nicht sehr positiv, aber ich wünsche der Kanzlerin viel Erfolg. Und das Europäische Parlament steht an ihrer Seite bei den Bemühungen, die sie unternimmt.
Klein: Herr Pöttering, müssen wir Verständnis aufbringen für diesen Hinweis, der aus Polen kam, noch einmal auf die deutsche Schuld im Zweiten Weltkrieg? Müssen wir Verständnis haben für die Vorbehalte und die Angst vor deutscher Übermacht?
Pöttering: Nein. Das stimmt uns sehr traurig, wie ich das schon gesagt habe, denn wir haben ja heute ein Maß an Vertrauen in der Europäischen Union entwickelt, das diese Dinge hinter uns lassen sollte. Dass Polen nun auf die Vergangenheit zurückkommt, das ist schmerzlich. Und gerade in Deutschland hat es ja immer in den letzten Jahrzehnten bei allen Bundesregierungen sehr, sehr viel guten Willen gegeben gegenüber Polen. Man muss eines ganz klar zum Ausdruck bringen: Das, was die polnische Regierung will, steht gegen alle anderen, vielleicht mit Ausnahme der Tschechen, gegen alle anderen Länder der Europäischen Union. Es sind Wünsche gegen das Europäische Parlament, gegen die Kommission. Polen hat sich isoliert. Und wenn Polen auf diesem Standpunkt beharrt, dann wird es die Europäische Union in eine Krise führen.
Klein: Muss die deutsche Ratspräsidentschaft dennoch mit Polen vorsichtiger umgehen als mit anderen Staaten? Will meinen ist da nicht mehr so frei zu verhandeln, wie sie es mit anderen Ländern tun würde, bei denen eben eine historische Schuld Deutschlands keine Rolle spielt?
Pöttering: Wir sind eine Europäische Union der Gleichen. Die großen Länder haben die gleiche Bedeutung wie die kleinen und die mittleren. Alle haben ihre Würde. Aber es gilt auch das Prinzip der Demokratie. Und dieses Prinzip der Demokratie soll bei dem Abstimmungsverfahren im Ministerrat zur Geltung kommen. Das ist in langen Verhandlungen so erreicht worden. Die Verhandlungen haben ja Monate und Jahre gedauert im europäischen Konvent. Polen kann jetzt keine Sonderrolle für sich beanspruchen, und deswegen bin ich der Meinung, wir sollten die polnische Regierung ganz normal behandeln wie alle anderen, und die polnische Regierung kann uns nichts aufzwingen.
Klein: Was wäre denn aus Ihrer Sicht ein denkbarer Kompromiss, eine denkbare und sinnvolle Möglichkeit, auf die polnischen Bedenken bei der Stimmengewichtung einzugehen, denn irgendeine Art von Einigung muss ja her?
Pöttering: Ja, irgendeine Art der Einigung muss es geben. Frau Klein, da haben Sie völlig Recht. Aber es gibt ja nicht nur den Aspekt der Stimmengewichtung, sondern Polen möchte ja auch die Solidarität der anderen Länder der Europäischen Union und auch des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission zum Beispiel in der Frage der Energieversorgung. Polen hat die Befürchtung, dass es eine Beeinträchtigung der Energieversorgung geben könnte bei Gas, bei Öl durch Russland. Wir hoffen aber, dass das nicht kommt. Wenn das jedoch passieren sollte, hat Polen natürlich einen Anspruch darauf, dass die gesamte Europäische Union sich solidarisch verhält mit Polen. Und diese Prinzipien sollten wir in den Vertrag hineinschreiben. Also es gibt auch andere Bereiche, die für Polen wichtig sind, und Solidarität ist keine Einbahnstraße, sondern Solidarität gilt immer gegenseitig.
Klein: Was Sie gerade angesprochen haben, den Komplex Energiesicherheit und die polnischen Befürchtungen, verstehe ich Sie richtig, dass Sie glauben, die Europäische Union könnte da einen großen und wichtigen Schritt auf Polen zugehen und auf der anderen Seite dann einen Kompromiss eben bei der Stimmengewichtung von Polen erhalten?
Pöttering: Ja. Das ist das richtige Denken. Man kann nicht immer nur fordern, wie es gegenwärtig durch die polnische Regierung geschieht, sondern man muss auch bereit sein, Kompromisse zu schließen und die Solidarität innerhalb der Europäischen Union, die ja ganz wichtig ist, misst sich am Ende nicht daran, ob man ein paar Stimmen mehr hat, sondern die Solidarität misst sich daran, ob man gegenseitiges Vertrauen hat und den Willen, sich gegenseitig zu helfen. Hier hat die polnische Regierung bisher noch nicht eine Haltung, die von diesem Gedanken der gegenseitigen Solidarität getragen wird.
Klein: Schauen wir noch, Herr Pöttering, auf ein anderes Land, das mit einer Blockade, mit einem Veto bei diesem EU-Gipfel droht. Das ist Großbritannien. Es geht zum einen um Widerstände in Punkto Grundrechte-Charta, die Großbritannien nicht einfach so akzeptieren und unterschreiben möchte, zum anderen um Widerstände gegen das Amt eines europäischen Außenministers. In Sachen Grundrechte-Charta Ausnahmeregelungen für Großbritannien für Sie denkbar und damit ein Kompromiss zu erzielen?
Pöttering: Die Grundrechte-Charta, Frau Klein, ist für das Europäische Parlament nicht verhandelbar. Das habe ich gestern in meiner Rede auch zum Ausdruck gebracht. Wir wollen, dass die Grundrechte-Charta geltendes Recht wird. Wenn es möglich ist, Großbritannien, aber nur Großbritannien in einigen Aspekten der Grundrechte-Charta entgegenzukommen, das wird gegenwärtig auch von den Juristen geprüft, würden wir als Europäisches Parlament das als das kleinere Übel dann akzeptieren. Darüber muss aber noch sehr sorgfältig beraten werden. Entscheidend ist jedoch, dass die Grundrechte-Charta für die gesamte Europäische Union Geltung bekommt.
Was das Amt des Außenministers angeht, so kann man flexibel sein bei der Bezeichnung. Aber es ist wichtig, dass es eine Person gibt, die zuständig ist für die Außenpolitik. Heute ist es ja so: Wir haben den Hohen Beauftragten mit Javier Solana, der seine Sache ja auch sehr gut macht, und wir haben das Mitglied der Kommission, Benita Ferrero-Waldner, die ihre Sache auch gut macht. Wir wollen aber eine Person haben, die zuständig ist, und vor allen Dingen müssen auch die Bürokratien beim Europäischen Rat, beim Ministerrat und bei der Kommission zusammengefasst werden, so dass ein einheitliches Handeln der Europäischen Union möglich wird. Ich habe in meiner Rede gestern an die britische Adresse gesagt, ihr habt das alles schon unterschrieben beim Verfassungsvertrag. Erinnert euch daran und stellt jetzt keine Maximalbedingungen.
Klein: Und Sie glauben dadurch, dass man dem Amt einen anderen Namen geben würde, ließen sich die Bedenken Großbritanniens ausräumen?
Pöttering: Ich weiß nicht, ob sie sich ganz ausräumen lassen, aber eine andere Bezeichnung wäre ein Schritt den Briten entgegenzukommen. Das Entgegenkommen hat aber natürlich auch Grenzen. Auch die Briten müssen erkennen, dass sie ihren Willen nicht allen anderen aufzwingen können. Man darf niemals vergessen, dass 18 Länder der Europäischen Union ja der Verfassung, die in Frankreich und den Niederlanden im Referendum gescheitert ist, auch in Referenden oder durch parlamentarische Entscheidungen zugestimmt haben. Und die Kunst besteht ja jetzt darin, diese unterschiedlichen Positionen zusammenzuführen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat da eine unglaublich schwierige Aufgabe, aber sie hat auch einen unglaublich guten Willen. Das Europäische Parlament, das habe ich gestern in meiner Rede vor den Staats- und Regierungschefs zum Ausdruck gebracht, steht an der Seite der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung, eine Lösung zu finden.
Klein: Und Angela Merkel hat nicht nur einen guten Willen, sondern auch noch das eine oder andere Ass im Ärmel, das wir noch nicht kennen?
Pöttering: Das vermute ich, und das ist in der europäischen Politik immer so gewesen, dass die Karten ganz zum Schluss erst auf den Tisch gelegt werden. Heute Morgen werden ja diese so genannten Beichtstuhl-Gespräche weitergeführt. Ich sehe die Bundeskanzlerin noch einmal gegen Mittag. Und ich hoffe, dass sie dann auch berichten kann, dass es doch Bewegung gibt. Die Sache steht aber nach meiner Einschätzung fifty-fifty, jedoch in der Politik wie auch sonst im Leben muss man natürlich immer so lange optimistisch sein, wie es Grund zur Hoffnung gibt.
Klein: Das wollen wir tun. Das war Hans-Gert Pöttering, der Präsident des Europaparlamentes. Danke Ihnen für das Gespräch, Herr Pöttering.
Pöttering: Ich danke Ihnen, Frau Klein.