Dirk Müller: Jetzt kommt so langsam die Katze aus dem Sack, könnte man sagen. Nicht 3000 Arbeitsplätze, wie viele Wochen lang diskutiert, stehen bei Opel auf der Kippe, sondern von 4500 ist nun die Rede – Stellen aus dem Produktionsbereich und aus der Verwaltung. Das muss die Mehrheit der Beobachter die ganze Zeit irgendwie übersehen haben. Zudem mehren sich die Zweifel an der Güte des Deals mit Magna, denn die anderen europäischen Opel-Standorte sagen, dass die deutschen Werke bevorzugt würden. Eine Beschwerde aus Belgien liegt bereits in Brüssel vor. Eine glasklare politische Entscheidung sei das gewesen mit Magna, keine betriebswirtschaftliche, sagt Dirk Pfeil, Vertreter der Bundesländer in der Opel-Treuhand. Darüber sprechen wollen wir nun mit dem stellvertretenden FDP-Fraktionschef Carl-Ludwig Thiele. Guten Morgen!
Carl-Ludwig Thiele: Guten Morgen, Herr Müller.
Müller: Herr Thiele, ist das ein Eiertanz, der da aufgeführt wird?
Thiele: Es wird jedenfalls Klarheit suggeriert und je länger der Fall läuft, desto mehr erkennt man: Die Klarheit ist überhaupt nicht gegeben. Insofern gibt es hier sehr viele Fragen, denn es ist ja schon erstaunlich, wenn die Treuhänder - und der Treuhänder, den die Bundesregierung für sich eingesetzt hatte, war Herr Wennemer, der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Conti -, wenn der dieses ganze Projekt überhaupt ablehnt, weil er sagt, 2010, spätestens 2011 nach diesem Modell muss Opel wieder zum Insolvenzrichter. Das stimmt natürlich sehr nachdenklich, ob das von der Regierung ausgehandelte Konzept tatsächlich langfristig tragfähig ist.
Müller: Also war es eine politische Entscheidung?
Thiele: So sagen es die Treuhänder ja. Da stecke ich im Einzelnen nicht drin in den Verhandlungen, aber wenn die Treuhänder, die als Fachleute von der Bundesregierung benannt wurden, dieses so ausdrücken, dann wird das wahrscheinlich auch so sein.
Müller: Wie kann das denn sein, dass das so weit auseinanderklafft? Die Kanzlerin hat gesagt, das ist alles sehr gut. Frank-Walter Steinmeier hat auch gesagt, das ist alles sehr gut. Und diejenigen, die vor Ort für die Bundesregierung verhandeln, die sagen, das ist alles Kappes im Grunde auf Deutsch gesagt. Wer hat da in irgendeiner Form was nicht verstanden?
Thiele: Ja, das ist eben die Frage und die Frage, die wir uns auch von der FDP die ganze Zeit schon gestellt haben: Rettet eigentlich die Regierung Opel, oder soll Opel die Regierung retten? Denn hier ist so viel unklar. Es ist unklar, warum man sich von vornherein auf einen einzigen Investor vorgelegt hat, der selbst erhebliche finanzielle Probleme hat, mit der Mitfinanzierung einer russischen Bank, die selbst erhebliche finanzielle Probleme hat, und dass man diesen Investoren die Möglichkeit gibt, hier die unternehmerische Leitung für Opel zu übernehmen, das stimmt schon sehr nachdenklich, was dahinter stecken soll. Und wenn dann jetzt am Wochenende herauskommt, dass eben ein Großteil der Hilfen für die Sanierung russischer Autofabriken genutzt wird, dann sind natürlich Fragen nicht nur erlaubt, sondern sie sind zwingend erforderlich, weil das natürlich schon erstaunlich ist, wie das überhaupt zusammen passt.
Müller: Hat Angela Merkel, hat die Kanzlerin sich beim russischen Präsidenten angedient?
Thiele: Das kann ich überhaupt nicht beurteilen, aber es scheint hier ja auch russische Interessen zu geben, die jetzt stärker in die Diskussion gekommen sind, und da muss eben im Grunde genommen mehr Klarheit auf den Tisch. Die Klarheit ist momentan nicht gegeben und insofern ist es aus meiner Sicht eine Aufgabe der Bundesregierung, auch in der derzeitigen Zeit, zwei Wochen vor der Bundestagswahl, Klarheit darüber zu schaffen, warum sie einseitig auf diesen einen Investor Magna mit der russischen Bank gesetzt hat, denn wenn es so ist, wie ich es mir auch vorstellen kann – denn ich darf vielleicht sagen, ich komme aus Osnabrück. Wir haben dort eine Firma Karmann, ein hervorragendes Unternehmen, welches in letzter Zeit etwa 5000 Arbeitsplätze abbauen musste. Dort war nie die Kanzlerin, dort war auch nicht der Außenminister. Wahrscheinlich war dieses Unternehmen viel zu klein, aber auch dieses Werk hätte möglicherweise eine Perspektive bekommen, aber hier sind viele Fragen offen. Ein Grundproblem bei Karmann bestand darin: wenn man selbst in die Produktion hinein geht, dann verliert man seine Kunden aus der normalen Automobilindustrie. Und wenn Magna, ein großer Zulieferer für andere Automobilunternehmen, jetzt selbst Autos produzieren will, dann sagen sich die Mitbewerber auf dem Automarkt natürlich, ob das dann noch der geeignete Zulieferer ist. Und dass insofern VW, wie es den Medien zu entnehmen ist, überlegt, ob sie Magna als Zulieferer überhaupt noch behalten, das ist aus meiner Sicht durchaus logisch, dass diese Frage gestellt wird. Aber wenn dann Magna für diese anderen Automobilfabriken, Automobilproduzenten nicht mehr Zulieferer ist, dann bricht ein Kernmodell der Wirtschaftsphilosophie Magnas zusammen und das ist dann der Investor, der Opel retten soll. Also: Da sind sehr viele Fragen offen, die noch beantwortet werden müssen.
Müller: Demnach, Herr Thiele, wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist das für Sie auch klipp und klar ausgemachte Sache: die Bundesregierung, der Staat hat dabei geholfen, den Wettbewerb zu verzerren?
Thiele: Das ist ja ein Grundproblem an der Stelle. Wenn der Staat einer Firma hilft, dann ist diese Firma mit den Staatshilfen weiter Wettbewerber auch gegenüber den anderen, die die Staatshilfe nicht haben.
Müller: 4,5 Milliarden Euro, das ist ja die deutsche Beihilfe, die zumindest jetzt hier auf dem Papier steht. Trägt das die FDP in Anteilen mit?
Thiele: Und dieses Geld muss ja aufgebracht werden. Da kann ich ja nicht einfach sagen, das ist ein Teil der Neuverschuldung, sondern es muss aufgebracht werden, es muss erwirtschaftet werden und das auch von den Arbeitnehmern der anderen Unternehmen, die mit Opel im Wettbewerb stehen, und eben auch von den anderen Firmen, so dass der Staat natürlich im Einzelfall sehr genau prüfen muss, ob es richtig ist, die Hilfe zu geben, und an welche Auflagen die Hilfen zu binden sind.
Müller: Falls die FDP in Regierungsverantwortung kommen sollte, mit wem auch immer, sind Sie denn dann bereit, diese 4,5 Milliarden mitzutragen?
Thiele: Das wird man prüfen müssen. Ich habe ja gerade erklärt, das ist ein wesentlich exekutives Handeln der Regierung. Das Parlament ist in der Form bislang gar nicht entsprechend beteiligt worden. Und hier müssen erst mal Daten und Fakten auf den Tisch, von der Regierung auch vor der Bundestagswahl, damit man eben wirklich erkennen kann, ob das Konzept tragfähig ist oder nicht tragfähig ist. Die Zweifel werden immer stärker und diese Zweifel, die müssen ausgeräumt werden. Das ist Aufgabe der Regierung, das kann die Opposition nicht. Die Opposition macht ihr Kontrollrecht geltend. Wir werden auf Aufklärung weiter bestehen. Aber die Aufklärung und die Sachverhalte, die die Regierung dazu treiben, dieses als richtigen Weg zu beschreiben, das muss von der Regierung viel deutlicher aufgeklärt werden, als das derzeit der Fall ist.
Müller: Blicken wir, Herr Thiele, auf die europäische Dimension. Da haben sich schon einige Werke, auch einige Länder, einige Hauptstädte beschwert. Es geht beispielsweise auch um das Opel-Werk in Antwerpen. Die Argumentation in Brüssel lautet: Wir sind da wesentlich wettbewerbsfähiger, wirtschaftlicher als Bochum. Wenn das stimmt, dann wäre das eine politische Fehlentscheidung?
Thiele: Das wird man eben sehen müssen, ob es stimmt. Das kann ich nicht beurteilen. Aber natürlich: Wir haben in Europa strikte Regelungen für die Gewährung von Beihilfe und ob diese Beihilfe dann letztlich genehmigt wird, ist ja noch eine offene Frage. Ob die ganzen Verträge dann letztlich so geschlossen werden, wie sie beabsichtigt sind, auch das ist noch eine offene Frage. Und dass so viele Fragen knapp zwei Wochen vor der Bundestagswahl noch offen sind und hier den Arbeitnehmern eine Sicherheit vorgegaukelt wird, es ist alles in trockenen Tüchern, die Sache ist gelaufen, ich glaube, da ist Aufklärungsbedarf dringend vonnöten und natürlich auch eine Aussage der europäischen Kommission wäre sehr hilfreich, ob denn diese Beihilfe unter den von Ihnen gerade angesprochenen Punkten tatsächlich beihilferechtlich genehmigungsfähig ist oder nicht. Das benötigen wir schon.
Müller: Jetzt hat, Herr Thiele, der Wirtschaftsminister zu Guttenberg gesagt, die deutsche Standortgarantie kann nicht an deutsche Staatshilfe gebunden werden. Hat er da Recht?
Thiele: Ja. Er hat das ausgesprochen, was allgemein bekannt ist. Aber die Aussagen der Regierung lauteten vorher immer ganz anders und insofern ist natürlich gut, wenn Herr zu Guttenberg sich auch innerhalb der Regierung entsprechend einbringen würde, damit wirklich klar ist, was die Regierung vor hat, ob das Konzept trägt, denn wenn Herr Wennemer als Treuhänder der Bundesregierung erklärt, dass Opel in diesem Jahr Verluste machen würde und auch im nächsten Jahr und dass dann möglicherweise Ende 2010 oder 2011 gleichwohl Insolvenz angemeldet werden müsse, dann sind das natürlich gewichtige Bedenken, denen direkt nachgegangen werden muss, denn im Zuge der Finanzmarktkrise müssen wir uns fast an Milliardenbeträge in der öffentlichen Diskussion gewöhnen. Aber bei Unternehmenshilfen in der Größenordnung 4,5 Milliarden Euro, das ist der größte Fall, den es in der Geschichte unseres Landes je gegeben hat und da muss natürlich absolute Klarheit bestehen, wie das nun laufen soll und ob es tatsächlich eine Zukunft hat, oder ob eben hier das ganze auch ein großer Teil des Wahlkampfes in unserem Lande ist.
Müller: Der stellvertretende FDP-Fraktionschef Carl-Ludwig Thiele. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Thiele: Gerne, Herr Müller.
Carl-Ludwig Thiele: Guten Morgen, Herr Müller.
Müller: Herr Thiele, ist das ein Eiertanz, der da aufgeführt wird?
Thiele: Es wird jedenfalls Klarheit suggeriert und je länger der Fall läuft, desto mehr erkennt man: Die Klarheit ist überhaupt nicht gegeben. Insofern gibt es hier sehr viele Fragen, denn es ist ja schon erstaunlich, wenn die Treuhänder - und der Treuhänder, den die Bundesregierung für sich eingesetzt hatte, war Herr Wennemer, der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Conti -, wenn der dieses ganze Projekt überhaupt ablehnt, weil er sagt, 2010, spätestens 2011 nach diesem Modell muss Opel wieder zum Insolvenzrichter. Das stimmt natürlich sehr nachdenklich, ob das von der Regierung ausgehandelte Konzept tatsächlich langfristig tragfähig ist.
Müller: Also war es eine politische Entscheidung?
Thiele: So sagen es die Treuhänder ja. Da stecke ich im Einzelnen nicht drin in den Verhandlungen, aber wenn die Treuhänder, die als Fachleute von der Bundesregierung benannt wurden, dieses so ausdrücken, dann wird das wahrscheinlich auch so sein.
Müller: Wie kann das denn sein, dass das so weit auseinanderklafft? Die Kanzlerin hat gesagt, das ist alles sehr gut. Frank-Walter Steinmeier hat auch gesagt, das ist alles sehr gut. Und diejenigen, die vor Ort für die Bundesregierung verhandeln, die sagen, das ist alles Kappes im Grunde auf Deutsch gesagt. Wer hat da in irgendeiner Form was nicht verstanden?
Thiele: Ja, das ist eben die Frage und die Frage, die wir uns auch von der FDP die ganze Zeit schon gestellt haben: Rettet eigentlich die Regierung Opel, oder soll Opel die Regierung retten? Denn hier ist so viel unklar. Es ist unklar, warum man sich von vornherein auf einen einzigen Investor vorgelegt hat, der selbst erhebliche finanzielle Probleme hat, mit der Mitfinanzierung einer russischen Bank, die selbst erhebliche finanzielle Probleme hat, und dass man diesen Investoren die Möglichkeit gibt, hier die unternehmerische Leitung für Opel zu übernehmen, das stimmt schon sehr nachdenklich, was dahinter stecken soll. Und wenn dann jetzt am Wochenende herauskommt, dass eben ein Großteil der Hilfen für die Sanierung russischer Autofabriken genutzt wird, dann sind natürlich Fragen nicht nur erlaubt, sondern sie sind zwingend erforderlich, weil das natürlich schon erstaunlich ist, wie das überhaupt zusammen passt.
Müller: Hat Angela Merkel, hat die Kanzlerin sich beim russischen Präsidenten angedient?
Thiele: Das kann ich überhaupt nicht beurteilen, aber es scheint hier ja auch russische Interessen zu geben, die jetzt stärker in die Diskussion gekommen sind, und da muss eben im Grunde genommen mehr Klarheit auf den Tisch. Die Klarheit ist momentan nicht gegeben und insofern ist es aus meiner Sicht eine Aufgabe der Bundesregierung, auch in der derzeitigen Zeit, zwei Wochen vor der Bundestagswahl, Klarheit darüber zu schaffen, warum sie einseitig auf diesen einen Investor Magna mit der russischen Bank gesetzt hat, denn wenn es so ist, wie ich es mir auch vorstellen kann – denn ich darf vielleicht sagen, ich komme aus Osnabrück. Wir haben dort eine Firma Karmann, ein hervorragendes Unternehmen, welches in letzter Zeit etwa 5000 Arbeitsplätze abbauen musste. Dort war nie die Kanzlerin, dort war auch nicht der Außenminister. Wahrscheinlich war dieses Unternehmen viel zu klein, aber auch dieses Werk hätte möglicherweise eine Perspektive bekommen, aber hier sind viele Fragen offen. Ein Grundproblem bei Karmann bestand darin: wenn man selbst in die Produktion hinein geht, dann verliert man seine Kunden aus der normalen Automobilindustrie. Und wenn Magna, ein großer Zulieferer für andere Automobilunternehmen, jetzt selbst Autos produzieren will, dann sagen sich die Mitbewerber auf dem Automarkt natürlich, ob das dann noch der geeignete Zulieferer ist. Und dass insofern VW, wie es den Medien zu entnehmen ist, überlegt, ob sie Magna als Zulieferer überhaupt noch behalten, das ist aus meiner Sicht durchaus logisch, dass diese Frage gestellt wird. Aber wenn dann Magna für diese anderen Automobilfabriken, Automobilproduzenten nicht mehr Zulieferer ist, dann bricht ein Kernmodell der Wirtschaftsphilosophie Magnas zusammen und das ist dann der Investor, der Opel retten soll. Also: Da sind sehr viele Fragen offen, die noch beantwortet werden müssen.
Müller: Demnach, Herr Thiele, wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist das für Sie auch klipp und klar ausgemachte Sache: die Bundesregierung, der Staat hat dabei geholfen, den Wettbewerb zu verzerren?
Thiele: Das ist ja ein Grundproblem an der Stelle. Wenn der Staat einer Firma hilft, dann ist diese Firma mit den Staatshilfen weiter Wettbewerber auch gegenüber den anderen, die die Staatshilfe nicht haben.
Müller: 4,5 Milliarden Euro, das ist ja die deutsche Beihilfe, die zumindest jetzt hier auf dem Papier steht. Trägt das die FDP in Anteilen mit?
Thiele: Und dieses Geld muss ja aufgebracht werden. Da kann ich ja nicht einfach sagen, das ist ein Teil der Neuverschuldung, sondern es muss aufgebracht werden, es muss erwirtschaftet werden und das auch von den Arbeitnehmern der anderen Unternehmen, die mit Opel im Wettbewerb stehen, und eben auch von den anderen Firmen, so dass der Staat natürlich im Einzelfall sehr genau prüfen muss, ob es richtig ist, die Hilfe zu geben, und an welche Auflagen die Hilfen zu binden sind.
Müller: Falls die FDP in Regierungsverantwortung kommen sollte, mit wem auch immer, sind Sie denn dann bereit, diese 4,5 Milliarden mitzutragen?
Thiele: Das wird man prüfen müssen. Ich habe ja gerade erklärt, das ist ein wesentlich exekutives Handeln der Regierung. Das Parlament ist in der Form bislang gar nicht entsprechend beteiligt worden. Und hier müssen erst mal Daten und Fakten auf den Tisch, von der Regierung auch vor der Bundestagswahl, damit man eben wirklich erkennen kann, ob das Konzept tragfähig ist oder nicht tragfähig ist. Die Zweifel werden immer stärker und diese Zweifel, die müssen ausgeräumt werden. Das ist Aufgabe der Regierung, das kann die Opposition nicht. Die Opposition macht ihr Kontrollrecht geltend. Wir werden auf Aufklärung weiter bestehen. Aber die Aufklärung und die Sachverhalte, die die Regierung dazu treiben, dieses als richtigen Weg zu beschreiben, das muss von der Regierung viel deutlicher aufgeklärt werden, als das derzeit der Fall ist.
Müller: Blicken wir, Herr Thiele, auf die europäische Dimension. Da haben sich schon einige Werke, auch einige Länder, einige Hauptstädte beschwert. Es geht beispielsweise auch um das Opel-Werk in Antwerpen. Die Argumentation in Brüssel lautet: Wir sind da wesentlich wettbewerbsfähiger, wirtschaftlicher als Bochum. Wenn das stimmt, dann wäre das eine politische Fehlentscheidung?
Thiele: Das wird man eben sehen müssen, ob es stimmt. Das kann ich nicht beurteilen. Aber natürlich: Wir haben in Europa strikte Regelungen für die Gewährung von Beihilfe und ob diese Beihilfe dann letztlich genehmigt wird, ist ja noch eine offene Frage. Ob die ganzen Verträge dann letztlich so geschlossen werden, wie sie beabsichtigt sind, auch das ist noch eine offene Frage. Und dass so viele Fragen knapp zwei Wochen vor der Bundestagswahl noch offen sind und hier den Arbeitnehmern eine Sicherheit vorgegaukelt wird, es ist alles in trockenen Tüchern, die Sache ist gelaufen, ich glaube, da ist Aufklärungsbedarf dringend vonnöten und natürlich auch eine Aussage der europäischen Kommission wäre sehr hilfreich, ob denn diese Beihilfe unter den von Ihnen gerade angesprochenen Punkten tatsächlich beihilferechtlich genehmigungsfähig ist oder nicht. Das benötigen wir schon.
Müller: Jetzt hat, Herr Thiele, der Wirtschaftsminister zu Guttenberg gesagt, die deutsche Standortgarantie kann nicht an deutsche Staatshilfe gebunden werden. Hat er da Recht?
Thiele: Ja. Er hat das ausgesprochen, was allgemein bekannt ist. Aber die Aussagen der Regierung lauteten vorher immer ganz anders und insofern ist natürlich gut, wenn Herr zu Guttenberg sich auch innerhalb der Regierung entsprechend einbringen würde, damit wirklich klar ist, was die Regierung vor hat, ob das Konzept trägt, denn wenn Herr Wennemer als Treuhänder der Bundesregierung erklärt, dass Opel in diesem Jahr Verluste machen würde und auch im nächsten Jahr und dass dann möglicherweise Ende 2010 oder 2011 gleichwohl Insolvenz angemeldet werden müsse, dann sind das natürlich gewichtige Bedenken, denen direkt nachgegangen werden muss, denn im Zuge der Finanzmarktkrise müssen wir uns fast an Milliardenbeträge in der öffentlichen Diskussion gewöhnen. Aber bei Unternehmenshilfen in der Größenordnung 4,5 Milliarden Euro, das ist der größte Fall, den es in der Geschichte unseres Landes je gegeben hat und da muss natürlich absolute Klarheit bestehen, wie das nun laufen soll und ob es tatsächlich eine Zukunft hat, oder ob eben hier das ganze auch ein großer Teil des Wahlkampfes in unserem Lande ist.
Müller: Der stellvertretende FDP-Fraktionschef Carl-Ludwig Thiele. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Thiele: Gerne, Herr Müller.