Montag, 29. April 2024

Sommermärchen-Prozess beginnt
DFB könnte Millionen endgültig verlieren

Im Sommermärchen-Prozess geht es um die Zahlung von 6,7 Millionen Euro. Der DFB gab sie 2006 als Betriebsausgabe an und musste daraufhin Steuern zurückzahlen. Journalist Thomas Kistner glaubt weder an eine Verurteilung der damals Verantwortlichen noch daran, dass der DFB sein Geld zurückbekommt.

Thomas Kistner im Gespräch mit Matthias Friebe | 03.03.2024
Zwanziger lächelt mit geöffneten Armen, Schmidt und Niersbach stehen auf seinen Seiten und sehen ihn an.
Wolfgang Niersbach, Theo Zwanziger und Horst R. Schmidt bei Zwanzigers Abschied als DFB-Präsident (2012). (imago images / Sven Simon / imago sportfotodienst, via www.imago-images.de)
"Zu sehen ist einfach ein Funktionärsgeflecht, das seit neun Jahren nichts als Nebelkerzen wirft. Und das wird auch jetzt kein großes Interesse befeuern, dass die Wahrheit am Ende wirklich öffentlich gemacht wird", sagt Sportjournalist Thomas Kistner von der Süddeutschen Zeitung. Kistner spricht über den am 4.3.2024 beginnenden "Sommermärchen-Prozess. Angeklagt sind drei DFB-Spitzenfunktionäre von 2006: Präsident Theo Zwanziger, Generalsekretär Horst R. Schmidt und dessen Nachfolger Wolfgang Niersbach.
Es geht um 6,7 Millionen Euro, die zunächst 2002 vom ehemaligen Adidas-Chef Robert-Louis-Dreyfus als Privatdarlehen an Franz Beckenbauer gezahlt wurden. Beckenbauer war Chef des Organisationskomitees der WM 2006. 2005 zahlte der DFB das Geld an die FIFA zurück. Am Ende landete es wohl beim damaligen FIFA-Vizepräsidenten Mohammed bin Hammamm in Katar. Wofür das Geld allerdings gezahlt wurde, wird auch im Prozess wohl nicht geklärt, glaubt Kistner. Es geht darum, ob der DFB und damit die Angeklagten Steuern hinterzogen, als sie die 6,7 Millionen als Betriebsaugaben absetzten.
Für den DFB sei es sogar ein gutes Ergebnis, wenn am Ende des Prozesses stünde, dass das Geld für Stimmenkauf bei der WM-Vergabe der WM 2006 bestimmt gewesen seien, sagt Kistner. Denn das sei 2002 nicht strafbar, sondern absetzbar gewesen. Der DFB könnte seine Steuerrückzahlung in Höhe von 25 Millionen Euro zurückbekommen. Die gab es, weil der Verband für das entsprechende Jahr seine Gemeinnützigkeit verlor. Nachzuweisen sei diese Variante aber wohl ohnehin nicht, meint Kistner.

Wenig Aussicht auf Freispruch

Auch ein kompletter Freispruch aller drei Angeklagter würde dem Verband nutzen. Das sieht Kistner allerdings ebenfalls als wenig wahrscheinlich, weil Niersbach und Schmidt bereits einer Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage zugestimmt haben. Damit blieben sie ohne Vorstrafe. Dem DFB würde das jedoch wenig nützen, erklärt Kistner: "Denn die Einstellung gegen Geldauflage bedeutet eben auch, dass man zugibt, dass da ein begründeter Verdacht auf Fehlverhalten ist. Und dieses Einräumen dürfte dann das Finanzgericht, das über die Steuerfrage des DFB am Ende entscheiden muss, sicher nicht motivieren, dem DFB als Dank für verbrieftes Fehlverhalten die Gemeinnützigkeit samt Millionen mit Zinseszins zurückzugeben."
Auch die Aktenlage spreche nicht für den DFB: Das Oberlandesgericht habe das Landgericht den Prozess eröffnen lassen, weil es einen ausreichenden Taverdacht sieht. Dementsprechend bekomme der DFB wohl nicht die erhofften 25 Millionen Euro plus Zinsen zurück. Das würde die finanziellen Probleme des Verbandes verstärken, weil man jahrelang darauf gehofft habe, das Geld zurückzubekommen:
"Das erschien lange Zeit auch aussichtsreich, weil die zuständige Kammer den Prozess ja zweimal einstellen wollte. Und dann hätte es das Geld zurückgegeben. Aber jetzt muss verhandelt werden. Und weder die steuerliche Zuordnung noch die Aktenlage deutet darauf hin, dass man das Geld wieder kriegen kann. Und der DFB, dem schlüge also die Einbuße auch dieser bisher bei der Steuer ja nur geparkten Gelder ohne Frage schwer ins Kontor."