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Sondersitzung im Landtag
Stamp verteidigt Abschiebung von Sami A.

Auf einer Sondersitzung im NRW-Landtag wurde die Abschiebung des Tunesiers Sami A. diskutiert: Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) betonte "rechtskonform gehandelt" zu haben. Die Opposition kritisierte die Unklarheit darüber, wer die Anweisung gegeben hat, das Verwaltungsgericht im Unklaren zu lassen.

Von Moritz Küpper | 20.07.2018
    Joachim Stamp und Peter Biesenbach warten auf den Beginn der Sitzung.
    Joachim Stamp und Peter Biesenbach warten auf den Beginn der Sitzung (Federico Gambarini / dpa)
    Selbstbewusst und offensiv hat NRWs Integrationsminister Joachim Stamp, FDP, die vieldiskutierte Abschiebung des als Gefährders eingestuften Sami A. nach Tunesien verteidigt.
    "Wir haben in der Situation Sami A. rechtskonform gehandelt", so Stamp nach einer gemeinsamen Sondersitzung des Rechts- und des Integrationsausschusses im Düsseldorfer Landtag.
    "Wir hatten die Situation, aufgrund auch Gesprächen mit tunesischen Behörden, aufgrund dessen, dass der volle Rechtsschutz der Anwälte von Sami A. nicht genutzt worden ist und die Duldung auslief, die Gelegenheit, ihn zurückzuführen. Er war vollziehbar ausreisepflichtig und es lagen keine Abschiebehindernisse vor und dementsprechend haben wir verfahren."
    Alle Anstrengungen unternommen
    Dass das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am Vortag der Abschiebung diese untersagte habe, da nicht sichergestellt sei, ob Sami A. in Tunesien nicht gefoltert werde und auch, dass der Einspruch der Anwältin Sami A.s zwar bei Gericht eingetroffen, aber nicht verarbeitet worden war, sei seinem Haus nicht bekannt gewesen. Hätte es einen Hinweis auf möglicherweise entgegenstehende gerichtliche Entscheidungen gegeben, so Stamp, wäre es nicht zur Rückführung von Sami A. gekommen, das sei – Zitat – "unglücklich gelaufen". Stamp betonte jedoch, dass er alle Anstrengungen unternommen habe, um nach jahrelangen Rechtsverfahren endlich die Voraussetzungen zu schaffen, den mutmaßlich ehemaligen Leibwächter von Osama bin Laden – wörtlich – "zügig und diskret" abzuschieben. Er habe von vorneherein gesagt:
    "Wir geben die Informationen über diese Rückführung nur an diejenigen, wo wir rechtlich dazu verpflichtet sind, sie zu geben und das war in dem Fall die Bundespolizei, weil wir nicht wollten, dass, wenn sehr, sehr viele Stellen beteiligt sind, beispielsweise das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, wir in die Situation kommen, dass es sehr, sehr viele gibt, die von dem Termin wissen und wir leider Erfahrung gemacht haben, dass auch Informationen dann weitergegeben werden und Rückführungen daran scheitern, dass dort auch Kamerateams bereits warten."
    Verdacht der Selbstjustiz
    Auch die Abschiebung Sami A.s wurde von der "Bild"-Zeitung per Fotos akribisch dokumentiert. Dennoch: Für die Opposition ist diese Argumentation nicht glaubwürdig, so der stellvertretende Chef der SPD-Landtagsfraktion, Sven Wolf:
    "Also, die zentrale Frage, die aus meiner Sicht noch offen bleibt: Wer hat die Anweisung gegeben, dass das Verwaltungsgericht bei der Frage des Abschiebetermins im Unklaren gelassen worden ist."
    Wolf hatte im Zuge der Diskussion um Sami A. bereits Strafanzeige gegen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gestellt und diesem Rechtsbruch vorgeworfen. Heute nun forderte Stamp ihn auf, dies bei ihm zu wiederholen: "Haben Sie keine Hemmungen, Anzeige gegen mich zu stellen", so der Integrationsminister, wenn der Verdacht der Selbstjustiz im Raum stehe, müssten Gerichte das klären.
    Im Fall von Sami A. steht nun allerdings erst einmal eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster an. Dort wird zu klären sein, ob Sami A., wie vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gefordert, zurück nach Deutschland gebracht werden müsse. Dagegen hat die Stadt Bochum – als Verfahrensbeteiligte – Widerspruch eingelegt.