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Sotschi 2014
Was Russland von den Winterspielen bleibt

Genugtuung - das ist ein Gefühl, das viele Russen angesichts der am Sonntag beendeten Olympischen Winterspiele in Sotschi verspüren. Die Organisatoren wollten dem eigenen Volk Stolz und Selbstvertrauen einflößen, das ist gelungen. Und doch gibt es weiterhin Grund zur Skepsis.

von Gesine Dornblüth |
    In Sotschi sind das Olympische Feuer, das Einhockeystadion und die Eislauf-Arena zu sehen.
    Ein Teil der olympischen Anlagen soll weiterhin genutzt werden. (picture alliance / dpa / Vitaliy Belousov)
    Afrodita, PR-Fachfrau in Moskau: "Alles war toll. Eine Riesenshow. Ich bin stolz auf Russland, darauf, dass wir das alles auf so hohem Niveau hinbekommen haben, und auch auf die vielen Goldmedaillen. Einfach toll."
    Und Anatolij, ein Autohändler: "Das waren ausgezeichnete Wettkämpfe. Wir haben versucht, sehr gute Spiele hinzulegen, dafür haben wir eine hervorragende Infrastruktur geschaffen und alles für die Sportler getan. Und zwar nicht nur für die Teilnehmer dieser Spiele, sondern auch für den Nachwuchs."
    Genau dies war eins der wichtigsten Ziele der Organisatoren: Dem eigenen Volk Selbstvertrauen einzuflößen, Stolz auf Russland. Während der Eröffnungszeremonie habe das sogar bei Olympiaskeptikern funktioniert, sagt Michail Ratgauz, Publizist bei dem russischen Debattenportal colta: "Rein handwerklich war die Eröffnungszeremonie ein Meisterwerk. Das Bild von Russland, das dort in die Welt getragen wurde, war in vielen Fragen geschönt. Aber viele meiner Freunde und Kollegen waren trotzdem begeistert, eben wegen der Technik, und sie waren stolz, Teil dieses großen Landes und einer großen Nation zu sein. Sie wollten das. Dazu haben wir sonst nicht so viel Gelegenheit."
    In Russland geriet die im Vorfeld an den Spielen geäußerte Kritik immer mehr in den Hintergrund, je länger die Spiele dauerten. Der Sport rückte in den Mittelpunkt. In den Medien dominierten Loblieder auf die gute Stimmung in Sotschi. Bei Sportfans bleiben die Bilder zahlreicher russischer Siege und die Enttäuschungen, wie das frühe Ausscheiden der russischen Eishockeymannschaft oder der Startverzicht des Eiskunstläufers Jewgenij Pljuschtschenko.
    Ein Teil der gigantischen Anlagen soll weiter genutzt werden
    Und dann bleiben die schönen Bilder der gigantischen Olympiaanlagen. Viele fragen sich, wie lange sie wohl noch so schön aussehen. Ein großer Teil soll weiter genutzt werden, für die Formel 1, für die Fußball-Weltmeisterschaft, für Kongresse und Konzerte. Sotschi soll darüber hinaus ein Wintersportmekka für ganz Russland, ja für die ganze Welt werden. Ob dieser Plan aufgeht, muss sich erst noch zeigen. Bisher ist Sotschi nicht konkurrenzfähig.
    Der Publizist Michail Ratgauz ist davon überzeugt, dass der Feierlaune schon bald Ernüchterung folgen wird: "Es war ja vorher viel darüber spekuliert worden, besonders in der Moskauer liberalen Presse, ob Putin und die Beamten, die seine Politik umsetzen, nach Olympia wieder eine härtere Gangart einschlagen und die Daumenschrauben anziehen. Ehrlich gesagt, haben sie sie gar nicht gelockert. Alles war wie immer. Ideell werden sich diese Spiele daher auflösen in Raum und Zeit und keine besonderen Erinnerungen hinterlassen. Das war nicht mehr als ein großes Projekt, das nun zu Ende ist."