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Soziale Netzwerke
Facebook will auch in die Unternehmen

Das Online-Netzwerk Facebook entwickelt nach einem Bericht der "Financial Times" ein Angebot für die Kommunikation innerhalb von Unternehmen. Auf der Plattform sollen sich Mitarbeiter untereinander austauschen und gemeinsam an Dokumenten arbeiten können. Der neue Dienst soll “Facebook@Work” heißen, was verbirgt sich dahinter?

Marcus Schuler im Gespräch mit Uli Blumenthal | 22.11.2014
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    Facebook will die Mitarbeiter in Unternehmen vernetzen (picture alliance / dpa / Jens Büttner)
    Uli Blumenthal: Marcus Schuler im Silicon Valley, wie muss man sich das neue Angebot vorstellen?
    Marcus Schuler: Nachdem, was bislang hier an die Öffentlichkeit gelangt ist, dann unterscheidet sich dieses neue Angebot rein äußerlich nicht vom bekannten Facebook-Design. Der große Unterschied ist wohl, dass die Nutzer die Möglichkeit haben, nach privaten und beruflichen Kontakten zu trennen. Das ist ja auch häufig das Problem, wenn man ein Konto bei dem Netzwerk hat. Die Freundeskreise reichen von familiären Kontakten bis hinein ins Berufsleben. Da möchte der ein oder andere Benutzer sicherlich besser trennen können.
    Blumenthal: Solche Kollaborationsangebote gibt es bereits. Wem würde Facebook hier Konkurrenz machen?
    Schuler: Solch ein Angebot würde sich vor allem gegen Google und Microsoft richten, die bereits mit Office 365 beziehungsweise Sharepoint im Falle von Microsoft und den Google Docs solche Angebote am Markt recht erfolgreich etabliert haben. Es würde aber auch gegen Anbieter wie Salesforce gehen, die mit Chatter eine Art “Facebook für Unternehmen” in der Cloud betreiben. Daneben gibt es noch eine Vielzahl kleinere Anbieter; zu nennen wären zum Beispiel Slack oder Quip, die sich ebenfalls auf das Thema “Zusammenarbeit” spezialisiert haben. Für viele Unternehmen ist es wichtig, den E-Mail-Verkehr zu reduzieren.
    Blumenthal: Es gibt ja auch Netzwerke wie das deutsche Xing oder LinkedIn - wäre das nicht auch Konkurrenten?
    Schuler: Absolut. Gerade die beiden von Ihnen genannten Netzwerke haben sich ja darauf spezialisiert, die Kontaktdaten dezidiert beruflicher Kontakte miteinander zu verknüpfen. Angesichts von 1,3 Milliarden Nutzern weltweit, würde das auch für die Geschäftsmodelle dieser beiden Unternehmen eine nicht unerhebliche Bedrohung darstellen.
    Blumenthal: Wie immanent ist denn dieses neue Angebot von Facebook?
    Schuler: Nach allem, was wir wissen, befindet es sich bereits im Test bei verschiedenen Unternehmen. Das heißt, spätestens im ersten Halbjahr des nächsten Jahres können wir vermutlich mit einer Veröffentlichung rechnen.
    Blumenthal: Mit welchen Problemen hätte Facebook zu kämpfen?
    Schuler: Da sind eigentlich zwei Punkte zu nennen: Zum einen gibt es ja einige Unternehmen, die den Zugriff ihrer Mitarbeiter auf Facebook während der Arbeitszeit verbinden. Das ist sicherlich ein nicht unerhebliches Problem. Das größte Problem dürfte aber schlussendlich das Vertrauen sein. Gerade wenn es um Dokumente geht, die vielleicht auch sensibel sind. Wollen Unternehmen wirklich interne Dokumente einem Netzwerk anbieten, das sein Geschäftsmodell aus dem Nutzungsverhalten bezieht? Ich glaube, das dürfte die schwierigste Herausforderung für Unternehmen sein.
    Blumenthal: Sie haben vorher gesagt, Unternehmen sind vielfach bestrebt, den E-Mail-Verkehr innerhalb eines Unternehmens zu reduzieren. Woran liegt das?
    Schuler: Das Verfassen von Emails ist relativ ineffizient. Wenn mehrere Personen unabhängig von ihrem Ort an einem Projekt oder einem Dokument arbeiten können, ist das natürlich viel wirtschaftlicher. Man muss nicht andauernd neue Revisionen bearbeiteter Dokumente durch die Welt mailen.
    Blumenthal: Welche Geschäftsabsichten könnte Facebook mit solch einem Unternehmensnetzwerk verfolgen?
    Schuler: Ich glaube, um das Vertrauen von Unternehmen zu gewinnen, ist es wichtig, solch einem Angebot eine gewisse “Wertigkeit” zu verliehen. Ich könnte mir daher vorstellen, dass solch ein Dienst werbefrei wäre, aber pro Benutzer eine monatliche Gebühr erhoben wird. Facebook wäre sicherlich schlecht beraten, auch hier das Nutzerverhalten auszuwerten.
    Blumenthal: Marcus Schuler, Korrespondent im Silicon Valley, vielen Dank für diese Informationen.