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Sozialpolitik
Über die Grundrente wird weiter gestritten

Beim Thema Grundrente sucht die Große Koalition weiter nach der gemeinsamen Linie. Besonders das Thema Bedürftigkeitsprüfung führt zu Kontroversen. Weil man sich im Koalitionsausschuss nicht einigen konnte, soll jetzt eine paritätisch besetzte Kommission einen Kompromiss finden.

Von Volker Finthammer | 27.09.2019
Eine Seniorin zieht einen 20 Euro Schein aus ihrem Portemonnaie.
Eine paritätisch besetzte Kommission soll einen Lösungsvorschlag zur Grundrente erarbeiten (imago / imagebroker)
Vielleicht sollte man sich gerade an diesem Tag einmal in Erinnerung rufen, wir lange das Thema schon durch die Hauptstadt geistert. Ursula von der Leyen hatte den ersten Versuch gestartet, als die noch Arbeitsministerin war. 2011 war das und damals sollte das Projekt noch Zuschussrente heißen. Es blieb auf der Strecke, wie auch der spätere zweite Anlauf von Andrea Nahles, der kurz vor Ablauf der vergangenen Legislaturperiode von Kanzleramt gestoppt wurde.
SPD hält an Grundrente fest
Allein die SPD setzte das Thema im mittlerweile auch schon wieder abgehangenen Koalitionsvertrag erneut als Grundrente auf die Agenda und die Koalition ist sich bis heute zumindest in einer Frage einig. Wer lange gearbeitet oder Kinder und Angehörige betreut hat, soll im Alter nicht von der staatlichen Grundsicherung leben müssen, sondern eine Rente erhalten, die über der staatlichen Sozialhilfeleistung liegt.
So weit so gut. Dass aber der Entwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil auf die im Koalitionsvertrag vereinbarte Bedürftigkeitsprüfung ganz verzichten will, das geht der Union zu weit, und weil man sich im Koalitionsausschuss nicht einigen konnte, soll jetzt eine paritätisch besetzte Kommission den Kompromiss finden, was ein schwieriges Unterfangen bleibt.
"Ich werde mich nicht zu laufenden Verhandlungen äußern. Aber nur so viel. Ich will eine Grundrente, die den Namen auch verdient und wir müssen jetzt zu Ergebnissen kommen", sagt Arbeitsminister Hubertus Heil. Doch in der Union sieht man den Zwang zur Eile nicht gleichermaßen.
"Also ich finde, wir sollten uns bei diesem Projekt nicht unter Zeitdruck setzen. Es wäre schön, wenn wir es dieses Jahr hinbekommen. Wenn es 2020 wird, ist das auch kein Unfall", erklärt der CDU-Sozialpolitiker Peter Weiss. Der Gesetzentwurf von Hubertus Heil sieht keine Bedürftigkeitsprüfung vor, was den Kreis der potentiellen Empfänger deutlich erweitert, da neben den tatsächlichen Geringverdienern etwa auch Teilzeitbeschäftigte mit gut verdienenden Ehepartnern einen Zuschuss zur gesetzlichen Rente erhalten würden, sofern sie 35 Versicherungsjahre einschließlich von Kindererziehungszeiten und der Pflege von Angehörigen vorweisen können.
Union warnt vor zu hohen Kosten
Die Union warnt vor zu hohen Kosten und einer möglichen Fehlsteuerung, an den wirklich Bedürftigen vorbei. Doch kommt die Union auf der anderen Seite um einen Kompromiss nicht umhin, wenn sie an dieser Frage die Koalition nicht scheitern lassen will.
"Ein Modell könnte sein, wenn wir uns darauf verständigen, dass man nur das Einkommen prüft und das hätte man ja mit dem, was man dem Finanzamt eh melden muss schon auf dem Tisch liegen. Und wenn man große Vermögen hat, dann hat man auch Einnahmen aus diesem Vermögen, Also das könnte schon eine Kompromisslinie sein", betont der CDU Sozialpolitiker Peter Weiß.
Seit einigen Tagen kursiert ein entsprechender Lösungsvorschlag mit einem Einkommenfreibetrag und der völligen Freistellung von privaten Vermögenswerten, wie etwa dem selbstgenutzen Eigenheim, oder Betriebs- und Riesterrenten. Doch zugleich gibt es zahlreichen Hinweise aus der Union, dass das eben nur ein Ansatz und nicht zwingend der richtige sei. Allein in einer Frage scheint man sich bereits näher zu kommen: Der bürokratische Aufwand soll möglichst gering gehalten werden, was wiederum für den Kompromissvorschlag spricht.
Deutliche Kritik aus der Wirtschaft
Deutliche Kritik kommt dagegen aus der Wirtschaft. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer fürchtet langfristig höhere Kosten, auch wenn der Kompromissvorschlag mit maximal 4,8 Milliarden Euro im Jahr 2025 deutliche unter den Kosten des ursprünglichen Entwurfs liegt. Für die SPD Vertreter ist dagegen klar, dass der Arbeitsgruppe, wenn auch nicht gleich in der ersten Runde eine Einigung gelingen muss. Das betont Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, die der Arbeitsgruppe angehört, wie auch Hubertus Heil.
"Ich glaube, wir sollten jetzt zu einem Ergebnis kommen, weil wir ach eine Vorlauf brauchen. Ich sehe ne Chance dass wir das miteinander hinkriegen beim guten Willen aller Beteiligter."
Das gilt wohl auch für die SPD Vertreter in der Runde. Die kommissarische SPD Vorsitzende hat das eigentliche Ziel gestern so beschrieben, Menschen, die ihr ganzes Leben hart gearbeitet haben, sollen nicht mehr zum Bittsteller beim Sozialamt werden.