Debatte über Reformen
Sozialstaatskommission nimmt Arbeit auf - de Maiziere (CDU): "System ist zu kompliziert"

Vor dem Hintergrund der Diskussion über Reformen des Sozialstaats hat eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission ihre Arbeit aufgenommen. Sie soll bis Ende des Jahres Vorschläge für die Bereiche Bürgergeld, Wohngeld und Kinderzuschlag machen. Bundeskanzler Merz hatte zuletzt seine Forderung nach tiefgreifenden Reformen und Einschnitten bekräftigt.

    Der CDU-Politiker Thomas de Maizière bei einer Veranstaltung in München
    Der CDU-Politiker und frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière (Archivbild) (picture alliance / dpa / Andreas Gebert)
    Das Gremium ist mit Vertretern aus Bund, Ländern und Kommunen besetzt. Einbezogen werden soll auch die Expertise von Gewerkschaften, Sozial- und Wirtschaftsverbänden und des Bundesrechnungshofs. Die von der Kommission erarbeiteten Vorschläge sollten Anfang 2026 umgesetzt werden, hatte das Sozialministerium mitgeteilt. DLF-Hauptstadtkorrespondent Münchenberg sprach im Deutschlandfunk von einer "Herkules-Aufgabe", über die auch der Koalitionsausschuss am Mittwoch sprechen werde.

    De Maiziere: "Vertrauen in Handlungsfähigkeit des Staates massiv geschwunden"

    Der Mitgründer der "Initiative für einen handlungsfähigen Staat", der frühere Bundesinnenminister de Maizière, sagte im Deutschlandfunk, der Sozialstaat sei zu kompliziert. So seien etwa bei der Auszahlung von Leistungen zu viele Behörden involviert. Um das zu ändern, werde die Kommission auch gegen Besitzstände von Verwaltungen arbeiten müssen. Der CDU-Politiker fügte hinzu, das Vertrauen vieler Bürger in die Handlungsfähigkeit des Staates sei in den vergangenen Jahren massiv geschwunden. Das gefährde die Demokratie.
    Schon länger wird über Fehlanreize bei Sozialleistungen und steigende Kosten bei den durch Steuern und Beiträgen finanzierten Sozial- und Versicherungsleistungen diskutiert. Vor diesem Hintergrund hatten CDU, CSU und SPD die Einsetzung der Kommission in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart.

    Merz: Reformen "notwendig" und "überfällig"

    Bundeskanzler Merz wiederholte seine Forderung nach grundlegenden Reformen, die "notwendig" und "überfällig" seien. "Deswegen bleibt meine Feststellung richtig: Wir können es so nicht machen wie in der Vergangenheit."
    Merz reagierte damit auf Aussagen von Arbeitsministerin Bas, SPD. Die Ministerin hatte in einer Rede vor dem NRW-Landesverband der Jusos gesagt: "Diese Debatte gerade, dass wir uns diese Sozialversicherungssysteme und diesen Sozialstaat finanziell nicht mehr leisten können, ist - und da entschuldige ich mich jetzt schon für den Ausdruck - Bullshit."
    Merz kommentierte das in Münster so: "Insbesondere wenn man bei den Jusos spricht, muss man wohl etwas drastischer sprechen, um auch Zustimmung zu bekommen". Er wolle solche Worte "nicht auf die Goldwaage" legen. Er gehe davon aus, dass der Koalitionsausschuss am Mittwoch "in einer sehr guten und sehr anständigen Atmosphäre" stattfinden werde.

    Klose (SPD): höhere Einkommen stärker besteuern

    Die SPD-Sozialexpertin Klose sprach sich erneut dafür aus, höhere Einkommen und wohlhabende Menschen stärker zu besteuern. Die Bundestagsabgeordnete sagte im Deutschlandfunk, man könne sich den Sozialstaat sehr wohl noch leisten. Deutschland sei ein reiches Land, die Vermögen seien nur sehr ungleich verteilt. Gerade Spitzenverdiener würden nicht besonders gerecht besteuert. Klose betonte zugleich, es gebe durchaus Schnittmengen zu den Positionen der Union, etwa beim Thema Entbürokratisierung. Hier gehe es darum, das - so Klose wörtlich - "Ämterwirrwarr" zu reduzieren.

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    Diese Nachricht wurde am 01.09.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.