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Spähaffäre
NSA hörte Gerhard Schröder ab

Nach Recherchen des NDR und der "Süddeutschen Zeitung" hat der amerikanische Geheimdienst NSA offenbar auch das Telefon des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) abgehört. Mehreren Quellen zufolge war der damalige Regierungschef spätestens seit 2002 im Visier der Amerikaner.

04.02.2014
    Unter Berufung auf US-Regierungskreise und NSA-Insider berichtet die Zeitung, Grund für die Ausspähaktionen der Amerikaner sei der Konfrontationskurs des deutschen Regierungschefs vor dem Irak-Krieg 2003 gewesen, den die Regierung von US-Präsident George W. Bush plante. Den Recherchen von "Süddeutscher Zeitung" und des Norddeutschen Rundfunks zufolge wurde Schröder spätestens 2002 unter der Nummer 388 in eine Liste aufgenommen, in der die National Security Agency (NSA) überwachte Personen und Institutionen führte. Eine Quelle mit direkter Kenntnis der Spionage-Aktion sagte der Zeitung: "Wir hatten Grund zur Annahme, dass (Schröder) nicht zum Erfolg der Allianz beitrug."
    Schröder erklärte dazu, er habe sich vor Bekanntwerden der NSA-Affäre das massenhafte Ausspähen nicht vorstellen können. "Damals wäre ich nicht auf die Idee gekommen, von amerikanischen Diensten abgehört zu werden; jetzt überrascht mich das nicht mehr." In deutschen Regierungskreisen wird seit längerem vermutet, dass nicht erst die jetzige Kanzlerin Angela Merkel (CDU), sondern schon die frühere rot-grüne Regierung Ziel von Ausspähungen durch die NSA war.
    Nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" stützt auch ein Dokument aus dem Bestand des NSA-Enthüllers Edward Snowden die Angaben. Der Auftrag für die NSA - das gelte offenbar für den Fall Schröder wie für den Fall Merkel - soll nicht nur die Erfassung der Verbindungsdaten, sondern auch des geschriebenen und gesprochenen Wortes vorgesehen haben.
    Ströbele: Auch Joschka Fischer wurde abgehört
    Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele, der kürzlich den US-Geheimdienst-Enthüller Edward Snowden in Moskau getroffen hatte, sagte den Berichten zufolge: "Ich kann diese Information bestätigen. Nach meinen Informationen ist es tatsächlich so gewesen, dass 2002/2003 Bundeskanzler Schröder und vermutlich auch andere aus der damaligen rot-grünen Bundesregierung abgehört worden sind. Der Grund dafür scheint ja gewesen zu sein, dass die US-Seite sich informieren wollte über die Position Deutschlands zum Irak-Krieg und insbesondere über Aktivitäten Deutschlands zur Verhinderung eines UNO-Beschlusses."
    Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sagte er außerdem, nach seinen Erkenntnissen sei wohl auch der damalige grüne Außenminister Joschka Fischer wegen seiner Position zum Irak-Krieg Zielperson des US-Geheimdienstes gewesen.