Maria hat in ihrer Heimat in Venezuela für ein regierungskritisches Medium gearbeitet. Die Journalistin berichtete selten über die große Politik, aber oft über den harten Alltag, über die schwierige Lebensmittelversorgung oder die Zustände in öffentlichen Krankenhäusern. Doch selbst das war irgendwann nicht mehr möglich, denn auf kritische Berichte reagiert die Regierung von Nicolás Maduro sofort:
"Normalerweise gibt es erst mal einen Hinweis. Einen Anruf, oder eine öffentliche Rüge, in der es heißt, wir hätten gelogen. Sie beobachten alle Medien ganz genau. Hat man eine Quelle, die die Regierung öffentlich angreift, hält man sich damit auch erst mal zurück. Sonst gäbe es gleich wieder einen Konflikt mit der Regierung. Man zensiert sich selbst, was Journalisten ja eigentlich nicht machen sollten."
Selbstzensur aus Angst vor Repressalien
Maria bleibt mit ihrer Schilderung zurückhaltend. Sie lebt zwar seit sieben Monaten in Madrid, will aber ihre Redaktion zu Hause schützen. Einigen ihrer Kollegen wurde schon der Reisepass entzogen.
Auch Eduardo stammt aus Venezuela. Seine Eltern hatten eine Bäckerei, erzählt er in einer Cafeteria in der Madrider Innenstadt. Als es immer schwerer wurde, Mehl und Zucker zum Backen zu bekommen, wuchs auch seine Unzufriedenheit, er schloss sich der Opposition an. Das blieb nicht unbemerkt:
"Eines Nachts schloss ich die Bäckerei zusammen mit meiner Freundin ab. Wir waren schon ins Auto gestiegen, da tauchten plötzlich bewaffnete Männer auf Motorrädern auf. Die Männer zwangen uns, in ein anderes Auto zu steigen und fuhren uns in die Berge. Ich hatte große Angst, es sind auch schon Leute einfach verschwunden. Dort wurden wir verhört. Sie wussten alles über uns. Und sie warnten uns: Wenn Ihr nicht aufhört, machen wir Euch fertig, Dich, Deine Familie, Euch alle!"
"Wenn Ihr nicht aufhört, machen wir Euch fertig, Dich, Deine Familie!"
Eduardo und seine Partnerin konnten fliehen. Er ging für ein halbes Jahr nach Panama, doch als er zurückkam, bekam er wieder Anrufe: "Wir wissen, dass zu zurück bist. Pass auf. "Die, die ihn entführt und bedroht hatten, waren schwer bewaffnet, aber nicht uniformiert - inoffizielle Milizen, die das Regime unterstützten, erklärt er. Eines Tags fasste die Familie den Entschluss, wegzugehen.
"Wir wussten, dass Venezolaner in Madrid aufgenommen werden. Und hier haben wir keine Probleme mit der Sprache und es ist Europa. Hier muss man nicht ständig Angst haben, überfallen zu werden. Anfangs setzte ich mich oft als Zuschauer in Talk-Shows, dafür gibt es 20 Euro. Oder ich pflegte alte Leute. Inzwischen habe ich meinen Asylantrag gestellt und ich verfüge über eine Arbeitserlaubnis."
Mehr als 45.000 Venezolaner waren 2017 in Spanien gemeldet
Mehr als 45.000 Venezolaner waren Ende des Jahres in Spanien gemeldet, deutlich mehr als 2016. Die steigende Tendenz hält an. Viele davon sind wohlhabend. Die Ärmeren beantragen oft Asyl. Gut 10.300 Asylbewerber aus Venezuela hat Spanien im letzten Jahr aufgenommen. Unter allen Flüchtlingen sind sie die größte Gruppe, sagt das Flüchtlingshilfswerk CEAR.
Bis sein Antrag bearbeitet sei, dürften wohl rund drei Jahre vergehen, kalkuliert Eduardo.
"Ich fühle mich gut aufgenommen. Die Leute sind aufgeschlossen, besser als in Panama, wo wir Venezolaner sehr schlecht angesehen werden. Aber ich hoffe, dass die Regierung in meinem Land verschwindet. Dann kehre ich zurück."
Venezuela ist aber nicht nur wegen der Flüchtlinge häufig Thema in der spanischen Politik. Pablo Iglesias, Generalsekretär der linkspopulistischen Partei Podemos, machte aus seiner Sympathie für den 2013 verstorbenen Revolutionsführer Hugo Chávez nie ein Geheimnis. Spaniens Konservative hingegen bringen in Stadt- und Gemeinderäten immer wieder Resolutionen ein, in denen das Regime Maduro symbolisch verurteilt wird. Journalistin Maria nervt das:
"Sowas hilft nicht bei der Suche nach einem demokratischen Ausweg. Natürlich freuen wir über internationalen Beistand. Aber wenn Venezuela zum Spielball der spanischen Innenpolitik wird, bloß um von anderen Themen abzulenken, ist das schon unangenehm."