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Sparkassen wollen sich nicht mehr an Rettung von Privatbanken beteiligen

Der Sparkassen- und Giroverband (DSGV) will sich nach der Krise bei der Mittelstandsbank IKB künftig nicht mehr an Rettungsaktionen für Privatbanken beteiligen. Sparkassenpräsident Heinrich Haasis betonte, aus Interesse am Finanzplatz habe man sich zur Rettung der IKB entschlossen, um den Zusammenbruch einer deutschen Bank zu verhindern.

Moderation: Silvia Engels |
    Silvia Engels: Täglich ist es nachzulesen: die internationale Banken- und Hypothekenkrise ist noch nicht ausgestanden. Gestern Abend schlug die US-Notenbank schärfere Regeln bei der Vergabe von Hypothekenkrediten vor. Danach müsse eine Bank vor der Herausgabe eines Kredits sicherstellen, dass der Schuldner die Raten auch bedienen könne. Das klingt ein wenig nach dem kleinen Einmaleins des Bankenwesens. - Am Telefon ist nun der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes Heinrich Haasis. Guten Morgen!

    Heinrich Haasis: Guten Morgen.

    Engels: Reiben Sie sich angesichts einer solchen Regelung der US-Notenbank die Augen, dass so etwas nicht längst Pflicht ist?

    Haasis: Ja. Leider war das in den USA nicht so. Wir begrüßen das sehr, wenn eine solche Regelung kommt. Wir haben in Deutschland klare Standards, die für alle Banken gelten, haben eine entsprechende Aufsicht. Deshalb wäre ja eine solche Entwicklung gar nicht möglich gewesen bei uns. Außerdem haben wir eine Kultur der Langfristfinanzierung mit Festzinssätzen, so dass der Kunde weiß, woran er ist. Und wir haben schon immer gefordert, dass wir auch in den USA eine solche Kultur bräuchten, die eher der unseren ähnelt.

    Engels: Gestern wurde in den Vereinigten Staaten auch bekannt, dass die Wohnungsbaupläne weiter zurückgehen. Das heißt möglicherweise weiter sinkende Immobilienpreise. Droht eine weitere Verschärfung der Krise?

    Haasis: Im Augenblick ist das bei uns weniger davon abhängig, wie es mit den Immobilien in den USA aussieht. Das ist einer der Gründe, natürlich der Hauptgrund, aber der zweite liegt auch daran, dass innerhalb der Banken im Moment weniger finanziert wird, dass Papiere nicht abgenommen werden, dass ein Vertrauen zwischen den Banken wieder hergestellt werden muss. Das ist eine Situation, die uns im Moment belastet.
    Zweitens hilft es natürlich, wenn wie in der letzten Woche die Fed die Zinsen in den USA gesenkt hat. Ich glaube das wird manchen Immobilienbesitzern dort die Möglichkeit geben, vielleicht doch länger durchzuhalten. Insoweit haben wir auch etwas Hoffnung, dass es sich nicht weiter verschärft.

    Engels: Herr Haasis, blicken wir auf Deutschland. Sie haben gesagt, dass die deutschen Kredite generell besser kontrolliert werden. Aber die Hypothekenkrise hat neben dem privaten vor allem den öffentlichen Bankensektor schwer getroffen. Hauptbeispiel natürlich die Sächsische Landesbank. Die hat ja bekanntlich nach riskanten Spekulationen einer Tochter auf dem US-Hypothekenmarkt nur durch einen Notverkauf an die Landesbank Baden-Württemberg gerettet werden können. Zudem müssen nun milliardenschwere Risiken abgesichert werden. Wird das halten?

    Haasis: Das glaube ich schon, dass das hält. Leider haben die Verantwortlichen bei der Sachsen LB viel zu hohe Risiken gefahren. Sie haben zwar nur gute Papiere gekauft. In der damaligen Zeit konnte man davon ausgehen, dass sie auch bedient werden. Trotzdem gilt in der Bankenbranche immer das Vorsehensprinzip. Man hätte stärker darauf achten müssen, dass die Risiken, die in Dublin eingegangen wurden, in angemessenem Verhältnis zur eigenen Bilanz, also zur eigenen Leistungsfähigkeit stehen. Das wurde außer acht gelassen und das rächt sich jetzt. Aber ich glaube, dass der Schirm, den das Land Sachsen nun aufgespannt hat und den die Landesbank Baden-Württemberg auch gibt, halten wird.

    Engels: Herr Haasis, das klingt mit Verlaub relativ schwach, wenn Sie sagen, Sie glauben, Sie seien ganz guten Mutes, dass das halten wird. Die Landesregierung Sachsen hat gestern die Bürgschaft des Landes in Höhe von 2,75 Milliarden Euro beschlossen, aber das Risiko, dass die Bürgschaft in Anspruch genommen wird, ist doch sehr hoch.

    Haasis: Ja. dass ein Teil der Bürgschaft in Anspruch genommen wird, damit muss man rechnen. Das ganze glaube ich nicht. Zumindest nach den heutigen Marktsituationen muss sie nicht in Anspruch genommen werden. Aber wir wissen natürlich nicht, wie sich das weiter entwickelt. Die Papiere haben im Durchschnitt eine Laufzeit von vier bis sechs Jahren. Deshalb hängt das von der weiteren Marktentwicklung ab. Man hat vorsichtige Zahlen gewählt, aber wir alle hoffen natürlich, dass diese große Summe nicht in Anspruch genommen werden muss. Ausschließen kann man das aber nicht.

    Engels: Wie viel davon wird Ihrer Einschätzung nach in Anspruch genommen werden?

    Haasis: Das ist im Augenblick nicht abschätzbar und jede Zahl, die man dabei sagt, wäre falsch.

    Engels: Andere Landesbanken haben durch die US-Hypothekenkrise ebenfalls schwere Ausfälle zu beklagen. Können Sie ausschließen, dass sich der sächsische Fall bei irgendeiner anderen Landesbank wiederholt?

    Haasis: Wir sind ja der Dachverband und nicht das einzelne tätige Institut. Insofern kann ich keine hundertprozentigen Angaben zu dem machen, was die einzelnen Häuser betrifft. Aber nach dem was uns gemeldet wird, müssen wir damit nicht rechnen. Wir gehen eher davon aus, dass es gewisse Abschreibungen geben wird, und je nach Marktentwicklung könnten das nächstes Jahr natürlich auch stille Reserven sein, wenn der Markt sich wieder verbessert. Wenn er allerdings weiter nach unten geht, dann kann es zu tatsächlichen Abschreibungen kommen.

    Engels: Haben Sie eine Größenordnung dafür im Kopf, denn Sie haben ja den Überblick?

    Haasis: Wir können dazu im Moment nichts sagen, denn die Bewertung wird ja erst im Frühjahr stattfinden, wenn die Bilanzen zugemacht werden. Das hängt jetzt von der weiteren Entwicklung ab. Wir hatten zum Beispiel im November eine Situation, dass der Markt nochmals weiter nach unten gegangen ist, als das im Oktober der Fall gewesen war. Alle hoffen, dass es sich im neuen Jahr beruhigt, aber man wird sehen, wie der Markt wieder sein wird, den die Banken ja eigentlich selber unter sich bestimmen, was die Papiere wert sind.

    Engels: Was lernt der öffentliche Bankensektor in Deutschland aus der Krise? Finger weg von hochspekulativen Geschäften?

    Haasis: Es ist ja nicht nur der öffentliche Bankensektor. Es haben ja alle Banken schon große Zahlen bekannt gegeben, die abzuschreiben sind. Die Deutsche Bank hat über zwei Milliarden, die anderen haben es genannt, UBS in der Schweiz zehn Milliarden. Wir haben Banken in den USA, die auch zweistellige Milliardenbeträge abgeschrieben haben. Bei diesen Zahlen sind wir Gott sei Dank noch nicht angekommen. Es ist also kein Thema, das sich etwa auf den öffentlichen Sektor beschränkt.

    Engels: Aber auch!

    Haasis: Natürlich auch oder wie die IKB in Deutschland, die Industriekreditbank, die ebenfalls zum privaten Sektor gehört. Die Frage ist wie gesagt immer, in welcher Relation steht es zur eigenen Risikotragfähigkeit.

    Engels: Die Bankenkrise - Sie haben es angesprochen - traf nicht nur die Sachsen LB hart, sondern auch die Mittelstandsbank IKB. Dort halfen im Juli die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KFW), die privaten Banken und die Sparkassen. KFW-Chefin Ingrid Matthäus-Maier sagte vorgestern der "Süddeutschen Zeitung", mit dem Wissen von heute über die Marktverwerfungen hätte die KFW die Rettungsaktion nicht gemacht. Gilt das auch für die Sparkassen?

    Haasis: Wir sind ja nur mit einem Teil dort dabei, und zwar im Interesse des Finanzplatzes, weil wir an diesem Institut nicht beteiligt waren. Man hat in der Nacht vom 29. Juli vermeiden wollen, dass es zu einem Zusammenbruch einer deutschen Bank kommt, weil das die internationale Reputation verschlechtert hätte, damit die Refinanzierung für alle Banken. Das war zum damaligen Zeitpunkt auf jeden Fall richtig. Diese Überzeugung hatten wir alle. Sonst könnte man den Einsatz dieses Geldes gar nicht rechtfertigen. Es ist müßig, nach ein paar Monaten darüber nachzudenken, was man gemacht hätte, wenn man die heutige Situation gewusst hätte. Ich bin mir nicht so sicher wie Frau Matthäus-Maier, aber wie gesagt es ist sinnlos, darüber nachzudenken. Wir haben uns zum damaligen Zeitpunkt entschieden und damals war es auch richtig.

    Engels: Und wenn ein neuer Fall kommt, ähnlich gelagert wie die IKB, was tun Sie dann?

    Haasis: Wir werden uns auf jeden Fall nicht mehr beteiligen an einer Rettung, wenn so etwas nochmals im privaten Sektor kommt. Das haben wir deutlich gemacht und das wissen auch alle Beteiligten. Das wird dann Sache des Bundesverbandes deutscher Banken für seine eigene Einlagensicherung.

    Engels: Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes Heinrich Haasis in den "Informationen am Morgen". Ich bedanke mich für das Gespräch!

    Haasis: Danke Ihnen.