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Sparplan bei der Bahn
Nachtzug-Fans auf den Barrikaden

Rund und 1,4 Millionen Reisende steigen jedes Jahr in einen Nachtzug. Trotzdem will die Deutsche Bahn viele Verbindungen streichen. Viele Kunden wollen das nicht hinnehmen und protestieren nun gegen die Pläne.

Von Katharina Hamberger |
    Am Potsdamer Platz haben sich um die 50 Menschen versammelt. Sie halten Transparente in die Höhe. Darauf Sprüche, wie: "Alle reden von Europa. Die DB nicht." Darunter steht durchgestrichen Paris, Kopenhagen oder Amsterdam. Florian Bruns ist spontan dazu gekommen. Auf einer Postkarte der Kampagne "Rettet Nacht- und Autozüge" schreibt er, dass er regelmäßig mit dem Autozug in den Urlaub fährt. Auch die Nachtzüge nutzt er regelmäßig:
    "Ich bin grad nach München gefahren – also auch innerdeutsch. Ich komm aus der Wissenschaft. Das ist optimal."
    Die Autozüge sollen demnächst jedoch komplett eingestellt werden. Bei den Nachtzügen bis 2015 und 2016 nach und nach mehrere Strecken: Von Amsterdam nach Kopenhagen, die Linien nach Paris, die entweder von Berlin, Hamburg oder München starten. Zudem kommt es auf einzelnen Strecken zu Teil-Einstellungen. Die Deutsche Bahn begründet das damit, dass das der Auto- und Nachzugverkehr defizitär sei. Die Nachfrage sei in den vergangenen Jahren um 30 Prozent zurückgegangen. Man wolle sich deshalb auf noch rentable Strecken konzentrieren und die weiter erhalten.
    Gegen die Einstellung der Strecken stellt sich nun ein Bündnis aus Oppositionspolitikern, Kunden und Bahnmitarbeitern. So widerspricht Joachim Holstein, Betriebsrat der DB European Rail Service, dem Argument, dass das Nacht- und Autozuggeschäft unrentabel ist:
    "Wir können nur sagen: Das stimmt nicht. Glauben sie den Bahnmanagern bitte kein Wort, wenn das von der Konzernspitze kommt."
    Betriebsrat widerspricht Bahn-Vorstand: Zahl der Nachtzug-Reisenden steigt
    Bei den Nachtzügen, sagt Holstein, sei die Zahl der Reisenden sogar über die vergangenen zehn Jahre um 60.000 auf 1,5 Millionen gestiegen. Die Auslastung bei Nachtzügen könne außerdem nicht so berechnet werden, wie bei Tagzügen, weil keine Plätze von mehreren Passagieren nacheinander belegt werden könnten.
    Die Angestellten der Bahn fürchten vor allem um ihre Arbeitsplätze. Zunächst könnten 250 Mitarbeiter betroffen sein. Die verkehrspolitische Sprecherin der Linken, Sabine Leidig meint, dass man bei der Bahn betriebswirtschaftlich zu kurz denken würde. Für sie zählt nicht nur die betriebswirtschaftliche Sicht. Der Bund sei auch für die Belange der Allgemeinheit verantwortlich:
    "Der Ausbau eines Nachtzugsystems in Europa wäre aus Umwelt- und Klimaschutzgründen geboten, aber auch, um eine Kultur des Reisens zu erhalten."
    Die Linke will nun einen Antrag zum Erhalt der Nacht- und Autozüge im Bundestag einbringen. Der Grünen-Politiker Matthias Gastel fordert vom Bund als Eigentümer der Bahn,...
    ",...dass die Nachtzüge erhalten bleiben und ein marktgerechtes Konzept für den Erhalt der Nachtzugverbindungen entwickelt wird."
    Außerdem fordert er Wettbewerbsungerechtigkeiten für das System Schiene gegenüber anderen Verkehrsträgern zu beseitigen.
    Auch Nacht- und Autozugnutzer Florian Bruns auf dem Potsdamer Platz hat einen Wunsch an die Politik:
    "Die sind ja sozusagen Besitzer der Bahn. Noch zum Glück. Und sollten da natürlich Einfluss nehmen."
    Seine Postkarte wurde heute nachmittag zusammen mit rund 8000 weiteren an die Deutsche Bahn übergeben.