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SPD atmet auf
Giffey kann Doktortitel behalten

Monatelang hat die Freie Universität Berlin die Doktorarbeit von Familienministerin Franziska Giffey auf Plagiate geprüft. Nun ist klar: Sie kann ihren Doktortitel behalten und damit auch ihren Ministerposten. Doch das ändert nichts an Giffeys Entscheidung: SPD-Vorsitzende will sie nicht werden.

Von Frank Capellan | 31.10.2019
Ehemalige Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, SPD
Trotz fehlerhafter Doktorarbeit: Die Bundesfamilienministerin darf bleiben, was sie ist (picture alliance / NurPhoto / Emmanuele Contini)
Sie wirkt erleichtert, natürlich, als sie am Morgen in Mainz einen Vertrag über die Stärkung von Kitas in Rheinland-Pfalz unterzeichnet. Dass das ein Freispruch zweiter Klasse sei, davon möchte sie nichts wissen. Die Freie Universität hat sie gerügt, sie habe nicht sorgfältig genug gearbeitet, und doch habe sie eine eigenständige Promotion hingelegt – den Doktortitel führt sie zu Recht, so das Fazit. Nur das zählt für Franziska Giffey.
"Mit dieser Klarheit kann ich meine Arbeit als Bundesfamilienministerin weiter fortsetzen, und das werde ich auch mit großer Freude und mit Engagement so wie in den letzten vergangenen Zeiten der Amtszeit auch gerne weiter machen."
Fazit: Franziska Giffey führt den Doktortitel zu Recht
Wie sehr sie das Plagiatsverfahren belastet hat, daraus machte die 41jährige nie einen Hehl. Giffey ist eine der wenigen Hoffnungsträgerinnen der angeschlagenen Sozialdemokraten. Viele in der Partei hätten sie sich als Kandidatin für die Nahles-Nachfolgerin gewünscht. Die frühere Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Neukölln gilt als Menschenfischerin, sie hätte das Zeug gehabt, der angeschlagenen SPD ein frisches Gesicht zu geben. Nah bei den Menschen will sie sein, ihre Art kommt an, deshalb wäre sie nach Ansicht vieler Genossen die optimale Besetzung gewesen. Jung, weiblich, dazu noch aus dem Osten, alles was die Partei braucht, meinten ihre Fans. "Sie wäre eine von denen, die natürlich dafür in Frage gekommen."
Jung, weiblich, aus dem Osten: Eigentlich genau das, was die SPD braucht
Hatte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke oft betont, er ist einer ihrer Förderer. Giffeye wurde gedrängt, sie wurde gefragt, Juso-Chef Kevin Kühnert oder Vizekanzler Olaf Scholz galten als denkbare Partner, doch sie wollte das Risiko nicht eingehen, sich mit aberkanntem Doktortitel zur Wahl um den Parteivorsitz stellen zu müssen. Jetzt, da sie den Titel behalten darf, hätte es theoretisch noch eine Hintertür gegeben. Ungeachtet des Votums durch die Mitglieder wäre eine Kandidatur auf dem SPD-Parteitag Anfang Dezember noch möglich gewesen – Giffey beendet solche Spekulationen heute umgehend:
"Zunächst mal muss ich sagen, es gibt hier ein klares, transparentes Verfahren. Wir haben zwei Teams, die sind in einem ganz klaren Mitgliedervotum in die Stichwahl gevotet worden und ich habe mich am Anfang des Verfahrens ganz klar entschieden, aus den besagten Gründen nicht anzutreten und zum jetzigen Zeitpunkt des Verfahrens – kann ich Ihnen sagen – werde ich auch bei dieser Entscheidung bleiben."
Axel Schäfer, Bundestagsabgeordneter aus NRW, hatte sich etwas anderes gewünscht und Scholz´ Partnerin Klara Geywitz, wie Giffey aus Brandenburg, dazu aufgefordert zugunsten der Familienministerin zu verzichten. Für ihn wäre das Duo Scholz/Giffey das überzeugendste Team. Das geht nicht, so etwas gehört sich nicht, hält Malu Dreyer, kommissarische SPD-Vorsitzende dagegen: "Franziska Giffey und ich sind absolut einer Meinung, dass es wirklich total unangemessen ist, eine Kollegin ein Stück herabzuwürdigen und eine andere vorzuziehen. Das geht nicht! Wir haben es mit einer sehr kompetenten Kollegin zu tun. Frau Giffey kennt sie noch besser als ich, und es ist wirklich überhaupt nicht angemessen!"
Giffey könnte die SPD an der Spree vor dem Machtverlust bewahren
Johannes Kahrs vom konsvervatien Seeheimer Kreis sieht die Schuld nicht zuletzt bei der Freien Uni Berlin. "Die Dauer des Verfahrens war unerträglich", schimpft Kahrs, die FU hätte mal über ihre Verantwortung in dieser Sache nachdenken müssen. "Ich bin ein großer Fan von Franziska Giffey." Deren Aufstieg in der SPD ist aber mitnichten beendet. Solange die Große Koalition arbeitet , wird sie als Ministerin für Familie, Frauen, Jugend und Senioren im Amt bleiben. Denkbar ist aber, dass sie als Kandidatin für das Bürgermeisteramt in Berlin ins Rennen geht. Michael Müller, derzeit regierender Bürgermeister in der Hauptstadt, ist in der eigenen Partei umstritten, seine Beliebtheitswerte sind im Keller. Giffey gilt als Frau, die die SPD an der Spree vor dem Machtverlust bewahren könnte.