Dirk-Oliver Heckmann: Ist sie reiner Populismus, eine typische Neiddiskussion, die da gerade geführt wird, oder handelt es sich um eine wichtige, längst überfällige Debatte? Die Rede ist vom Streit um die Manager-Gehälter in Deutschland. Wie immer man zu dieser Frage steht, die Diskussion hat die obersten Etagen der deutschen Politik erreicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel nutzte ihre Grundsatzrede auf dem CDU-Parteitag in Hannover für eine deftige Manager-Schelte und das SPD-Präsidium hat jetzt eine Kommission eingesetzt, die "die Angemessenheit und Transparenz von Manager-Vergütungen überprüfen soll". Leiter dieser Arbeitsgruppe ist Joachim Poß, der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. Er ist jetzt bei uns am Telefon. Guten Morgen Herr Poß!
Joachim Poß: Guten Morgen Herr Heckmann.
Heckmann: Herr Poß, zur Begründung heißt es, unverhältnismäßig hohe Manager-Bezahlungen seien ein gesellschaftliches und politisches Problem, da sie mit guten Gründen als ungerecht empfunden würden. Was also sind unverhältnismäßig hohe Manager-Bezahlungen?
Poß: Das wird nach dem Geschmack der einzelnen Menschen sicherlich unterschiedlich bewertet, aber wir haben ja in den letzten Monaten so viele negative Beispiele aus den Medien erfahren und das führt natürlich dazu, dass die Menschen sich fragen, in welchem Land leben wir eigentlich. Leben wir nicht im Land des Grundgesetzes, in dem es das Verfassungsgebot zum Sozialstaat gibt. Das ist die Debatte, die wir führen müssen.
Heckmann: Und was ist für Sie unverhältnismäßig hoch?
Poß: Das kann man ja pauschal in der Tat so nicht beantworten, aber all die Beispiele, die bei Abfindungen im zweistelligen Millionenbereich liegen, oder auch bei Einkommen im zweistelligen Millionenbereich, das sind wohl die Dinge, die hier zurecht in der Bundesrepublik Deutschland dazu führen, dass die Menschen sagen, es geht hier nicht mit richtigen Dingen zu. Es ist teilweise sittenwidrig.
Heckmann: Aber wenn man das pauschal nicht sagen kann, was soll denn eine grundsätzliche Regelung?
Poß: Weil es wirklich um Angemessenheit, Augenmaß und auch Transparenz geht. Die Debatte ist ja nicht neu. Es geht ja nicht um eine Neiddebatte. Wir haben ein Gesetz über die Offenlegung von Vorstandsbezügen. Dies bezieht sich auf so genannte DAX-Konzerne, börsennotierte Unternehmen. Da haben wir aber eine höhere Transparenz erreicht. Das muss verbessert werden. Ich glaube, dass die Debatte, die derzeit schon geführt wird, zu verbesserten Regelungen führen wird, weil diejenigen, die ja in erster Linie Verantwortung tragen, die Präsidien der Aufsichtsräte, die Vertreter der Anteilseigner und auch der Gewerkschaften, beim Abschluss neuer Verträge mit einer höheren Sensibilität bei der Ausgestaltung der Verträge herangehen werden. Die Frage, ob Aktienoptionen eine solch große Rolle spielen sollen als Bemessungsgrad für die Höhe von Zuwendungen für Manager - kürzlich hat ein führender amerikanischer Ökonom diese Aktienoptionen als Heroin für Manager bezeichnet -, genau darüber müssen wir sprechen. Das ist eine gesellschaftliche Debatte. Daran muss sich die Politik beteiligen.
Heckmann: Also liegt doch die Hauptverantwortung, Herr Poß, beim Aufsichtsrat, bei den Kontrollgremien und damit auch bei den Gewerkschaften?
Poß: Da liegt die Hauptverantwortung, was die Höhe der Gehälter angeht, auch die Ausgestaltung. Aber die Politik kann wie gesagt ihren Beitrag leisten zu mehr Transparenz, zur Konkretisierung der Regeln. Es geht hier sozusagen um Regeln im Raubtierkapitalismus, um ein Wort von Helmut Schmidt aufzugreifen. Wir können den Kapitalismus nicht abschaffen, aber wir können für verbesserte Regelungen sorgen.
Heckmann: Und wir leben in einer Art Raubtierkapitalismus?
Poß: Wir leben darin, ja.
Heckmann: In Deutschland?
Poß: In Deutschland, ja.
Heckmann: Müssen jetzt die Manager fürchten, dass ihnen von der SPD, von der Politik die Bezüge beschnitten werden?
Poß: Das müssen sie ja nicht fürchten. Es geht im Wesentlichen um Auswüchse. Diejenigen, die in mittelständischen Unternehmen nach den Maßstäben, die noch in den 70er oder Anfang der 80er Jahre Geltung hatten, bezahlt und entlohnt werden, die sind davon ja nicht betroffen. Die sind teilweise auch selbst sehr ärgerlich über die Beispiele, über die man in den Medien lesen kann.
Heckmann: Herr Poß, die rechtlichen Möglichkeiten des Gesetzgebers, dort einzuschreiten, sind eng beschränkt. Ein Punkt ist beispielsweise die Steuerabzugsfähigkeit von Abfindungen. Das ist in der Diskussion. Da sagt selbst das Bundesfinanzministerium unter Finanzminister Peer Steinbrück, ebenfalls SPD-Mitglied, dass das verfassungsrechtlich äußerst problematisch sei, dort Einschränkungen vorzunehmen. Ist das Ganze also doch insofern nur Politik für die Galerie?
Poß: Das wäre zu wenig und es reicht ja auch nicht, wie das Frau Merkel getan hat, in Grundsatzreden das zu problematisieren. Das ist ein Beitrag dazu. Ich fand es auch richtig, dass Frau Merkel das gemacht hat. Aber jetzt muss man glaube ich noch etwas mehr nachliefern von der Politik. Ich kenne die Betrachtung des Bundesfinanzministeriums; ich teile sie nicht. Ich glaube es gibt Wege, in der Tat die Steuerabzugsfähigkeit von Gehältern und Abfindungen zu begrenzen. Im Zweifel muss man dann auch mal ins Risiko gehen, das heißt bereit sein, Regelungen zu treffen, die dann vielleicht noch mal vor Gericht verhandelt werden, aber man muss deutlich machen, dass man in dem Sinne dort nicht alles mitmacht. Wir haben ja die Fälle von unbegrenzten Abfindungen erlebt, die dann auch steuerlich zu Lasten der Gemeinschaft der Steuerzahler abzugsfähig sind, weil sie Betriebsausgaben sind. Ich kenne die rechtliche Problematik voll. Ich glaube aber, dass wir dort noch nachdenken können, um zu verbesserten Regelungen zu kommen.
Heckmann: Das heißt Sie plädieren an dieser Stelle für eine Regelung, die möglicherweise von Karlsruhe dann wieder einkassiert wird?
Poß: Möglicherweise, aber wir haben es ja hier mit einer gesellschaftlichen Debatte zu tun. Das so genannte Nettoprinzip im Steuerbereich ist schon an anderen Stellen teilweise mit guten Gründen von der Politik verletzt worden.
Heckmann: Herr Poß, wir hatten über die Verantwortung der Aufsichtsräte gesprochen. Ist es nicht viel wichtiger dafür zu sorgen, dass die Aufsichtsräte wirklich ihrer Pflicht und ihrer Verantwortung, die Vorstände zu kontrollieren, nachkommen?
Poß: Was jetzt wichtiger ist? Verstehen Sie, das ist eine Frage der Priorisierung. Ich glaube wir behandeln hier ein Thema, wo es verschiedene wichtige Dinge gibt und auch verschiedene, die dort einen Beitrag erbringen müssen. Die Aufsichtsräte müssen eine größere Rolle spielen, als das bisher der Fall war, insbesondere die Spitzen der Aufsichtsräte.
Heckmann: Wie soll das geschehen?
Poß: Auch die Aufsichtsräte müssen zum Beispiel glaube ich dafür sorgen - die Spitzen der Aufsichtsräte; es gibt ja so genannte Präsidien -, dass die Fragen der Vergütungen auch Gegenstand der Diskussionen in den Aufsichtsräten werden oder dann noch besser in den Hauptversammlungen. Es gibt Regelungen in Ländern wie Großbritannien, den Niederlanden oder Schweden, die für deutlich mehr Transparenz sorgen. Es gibt die Möglichkeit, Abstimmungen mit Empfehlungscharakter in Hauptversammlungen über Richtlinien der Vergütungen zu treffen. Da werden wir schon einiges in den nächsten Wochen erarbeiten, was eine Verbesserung darstellen wird zur gegenwärtigen Praxis.
Heckmann: Joachim Poß war das, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Ich danke Ihnen, Herr Poß, für das Gespräch.
Joachim Poß: Guten Morgen Herr Heckmann.
Heckmann: Herr Poß, zur Begründung heißt es, unverhältnismäßig hohe Manager-Bezahlungen seien ein gesellschaftliches und politisches Problem, da sie mit guten Gründen als ungerecht empfunden würden. Was also sind unverhältnismäßig hohe Manager-Bezahlungen?
Poß: Das wird nach dem Geschmack der einzelnen Menschen sicherlich unterschiedlich bewertet, aber wir haben ja in den letzten Monaten so viele negative Beispiele aus den Medien erfahren und das führt natürlich dazu, dass die Menschen sich fragen, in welchem Land leben wir eigentlich. Leben wir nicht im Land des Grundgesetzes, in dem es das Verfassungsgebot zum Sozialstaat gibt. Das ist die Debatte, die wir führen müssen.
Heckmann: Und was ist für Sie unverhältnismäßig hoch?
Poß: Das kann man ja pauschal in der Tat so nicht beantworten, aber all die Beispiele, die bei Abfindungen im zweistelligen Millionenbereich liegen, oder auch bei Einkommen im zweistelligen Millionenbereich, das sind wohl die Dinge, die hier zurecht in der Bundesrepublik Deutschland dazu führen, dass die Menschen sagen, es geht hier nicht mit richtigen Dingen zu. Es ist teilweise sittenwidrig.
Heckmann: Aber wenn man das pauschal nicht sagen kann, was soll denn eine grundsätzliche Regelung?
Poß: Weil es wirklich um Angemessenheit, Augenmaß und auch Transparenz geht. Die Debatte ist ja nicht neu. Es geht ja nicht um eine Neiddebatte. Wir haben ein Gesetz über die Offenlegung von Vorstandsbezügen. Dies bezieht sich auf so genannte DAX-Konzerne, börsennotierte Unternehmen. Da haben wir aber eine höhere Transparenz erreicht. Das muss verbessert werden. Ich glaube, dass die Debatte, die derzeit schon geführt wird, zu verbesserten Regelungen führen wird, weil diejenigen, die ja in erster Linie Verantwortung tragen, die Präsidien der Aufsichtsräte, die Vertreter der Anteilseigner und auch der Gewerkschaften, beim Abschluss neuer Verträge mit einer höheren Sensibilität bei der Ausgestaltung der Verträge herangehen werden. Die Frage, ob Aktienoptionen eine solch große Rolle spielen sollen als Bemessungsgrad für die Höhe von Zuwendungen für Manager - kürzlich hat ein führender amerikanischer Ökonom diese Aktienoptionen als Heroin für Manager bezeichnet -, genau darüber müssen wir sprechen. Das ist eine gesellschaftliche Debatte. Daran muss sich die Politik beteiligen.
Heckmann: Also liegt doch die Hauptverantwortung, Herr Poß, beim Aufsichtsrat, bei den Kontrollgremien und damit auch bei den Gewerkschaften?
Poß: Da liegt die Hauptverantwortung, was die Höhe der Gehälter angeht, auch die Ausgestaltung. Aber die Politik kann wie gesagt ihren Beitrag leisten zu mehr Transparenz, zur Konkretisierung der Regeln. Es geht hier sozusagen um Regeln im Raubtierkapitalismus, um ein Wort von Helmut Schmidt aufzugreifen. Wir können den Kapitalismus nicht abschaffen, aber wir können für verbesserte Regelungen sorgen.
Heckmann: Und wir leben in einer Art Raubtierkapitalismus?
Poß: Wir leben darin, ja.
Heckmann: In Deutschland?
Poß: In Deutschland, ja.
Heckmann: Müssen jetzt die Manager fürchten, dass ihnen von der SPD, von der Politik die Bezüge beschnitten werden?
Poß: Das müssen sie ja nicht fürchten. Es geht im Wesentlichen um Auswüchse. Diejenigen, die in mittelständischen Unternehmen nach den Maßstäben, die noch in den 70er oder Anfang der 80er Jahre Geltung hatten, bezahlt und entlohnt werden, die sind davon ja nicht betroffen. Die sind teilweise auch selbst sehr ärgerlich über die Beispiele, über die man in den Medien lesen kann.
Heckmann: Herr Poß, die rechtlichen Möglichkeiten des Gesetzgebers, dort einzuschreiten, sind eng beschränkt. Ein Punkt ist beispielsweise die Steuerabzugsfähigkeit von Abfindungen. Das ist in der Diskussion. Da sagt selbst das Bundesfinanzministerium unter Finanzminister Peer Steinbrück, ebenfalls SPD-Mitglied, dass das verfassungsrechtlich äußerst problematisch sei, dort Einschränkungen vorzunehmen. Ist das Ganze also doch insofern nur Politik für die Galerie?
Poß: Das wäre zu wenig und es reicht ja auch nicht, wie das Frau Merkel getan hat, in Grundsatzreden das zu problematisieren. Das ist ein Beitrag dazu. Ich fand es auch richtig, dass Frau Merkel das gemacht hat. Aber jetzt muss man glaube ich noch etwas mehr nachliefern von der Politik. Ich kenne die Betrachtung des Bundesfinanzministeriums; ich teile sie nicht. Ich glaube es gibt Wege, in der Tat die Steuerabzugsfähigkeit von Gehältern und Abfindungen zu begrenzen. Im Zweifel muss man dann auch mal ins Risiko gehen, das heißt bereit sein, Regelungen zu treffen, die dann vielleicht noch mal vor Gericht verhandelt werden, aber man muss deutlich machen, dass man in dem Sinne dort nicht alles mitmacht. Wir haben ja die Fälle von unbegrenzten Abfindungen erlebt, die dann auch steuerlich zu Lasten der Gemeinschaft der Steuerzahler abzugsfähig sind, weil sie Betriebsausgaben sind. Ich kenne die rechtliche Problematik voll. Ich glaube aber, dass wir dort noch nachdenken können, um zu verbesserten Regelungen zu kommen.
Heckmann: Das heißt Sie plädieren an dieser Stelle für eine Regelung, die möglicherweise von Karlsruhe dann wieder einkassiert wird?
Poß: Möglicherweise, aber wir haben es ja hier mit einer gesellschaftlichen Debatte zu tun. Das so genannte Nettoprinzip im Steuerbereich ist schon an anderen Stellen teilweise mit guten Gründen von der Politik verletzt worden.
Heckmann: Herr Poß, wir hatten über die Verantwortung der Aufsichtsräte gesprochen. Ist es nicht viel wichtiger dafür zu sorgen, dass die Aufsichtsräte wirklich ihrer Pflicht und ihrer Verantwortung, die Vorstände zu kontrollieren, nachkommen?
Poß: Was jetzt wichtiger ist? Verstehen Sie, das ist eine Frage der Priorisierung. Ich glaube wir behandeln hier ein Thema, wo es verschiedene wichtige Dinge gibt und auch verschiedene, die dort einen Beitrag erbringen müssen. Die Aufsichtsräte müssen eine größere Rolle spielen, als das bisher der Fall war, insbesondere die Spitzen der Aufsichtsräte.
Heckmann: Wie soll das geschehen?
Poß: Auch die Aufsichtsräte müssen zum Beispiel glaube ich dafür sorgen - die Spitzen der Aufsichtsräte; es gibt ja so genannte Präsidien -, dass die Fragen der Vergütungen auch Gegenstand der Diskussionen in den Aufsichtsräten werden oder dann noch besser in den Hauptversammlungen. Es gibt Regelungen in Ländern wie Großbritannien, den Niederlanden oder Schweden, die für deutlich mehr Transparenz sorgen. Es gibt die Möglichkeit, Abstimmungen mit Empfehlungscharakter in Hauptversammlungen über Richtlinien der Vergütungen zu treffen. Da werden wir schon einiges in den nächsten Wochen erarbeiten, was eine Verbesserung darstellen wird zur gegenwärtigen Praxis.
Heckmann: Joachim Poß war das, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Ich danke Ihnen, Herr Poß, für das Gespräch.