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SPD-Kanzlerkandidat Schulz
Strotzend vor Selbstbewusstsein

Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz will Hartz IV-Elemente ändern, wird aber auf der Arbeitnehmerkonferenz nicht sehr konkret, weder beim Thema Arbeitslosengeld I noch beim Rentenniveau. Nur der jüngeren Generation verspricht er, "sachgrundlose Befristungen abschaffen - wenn ich Bundeskanzler bin!"

Von Frank Capellan | 21.02.2017
    Martin Schulz (SPD) kommt am 24.01.2017 in Berlin in der SPD-Zentrale zu einer Pressekonferenz.
    SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz ist in seiner neuen Rolle angekommen, ohne Wenn und Aber. Hier am 24.01.2017 in Berlin in der SPD-Zentrale zu einer Pressekonferenz. (dpa / picture-alliance / Kay Nietfeld)
    Moderatorin: "Und jetzt freuen wir uns auf den, der die SPD gerade glücklich macht!" Etwas gerührt wirkt er schon, als er so begrüßt wird. Drei Wochen ist es her, dass er zum neuen Hoffnungsträger der Partei wurde, bald wird er auch noch SPD-Chef sein. Schulz geht auf die Bielefelder Bühne, der Saal ist voll, hinter ihm haben sie kunstvoll die Insignien der Arbeiter in Szene gesetzt, ein Zollstock, eine Schraubzwinge, ein Hammer.
    "Dass ich die SPD glücklich mache, das macht mich glücklich!" Arbeitnehmerkonferenz, die SPD-Spitze sitzt in der ersten Reihe und DGB-Chef Rainer Hoffmann. Gemeinsam sind wir stark, Schulz beschwört die Allianz zwischen Sozialdemokratie und Gewerkschaften. Klaus Barthel freut über die Schlagzeilen, der SPD-Abgeordnete steht der Afa vor, der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen, dem Bindeglied zwischen SPD und DGB
    "Schulz will Agenda 2010 korrigieren, stand da!" Bravo-Rufe, Heimspiel für den Gabriel-Nachfolger. Innenpolitisch gilt er vielen als unbeschriebenes Blatt. Gebannt starren sie auf den Kandidaten, als gelte es herauszufinden, was Donald Trump mit der Welt vorhat. Schulz weiß um dieses öffentliche Interesse, und er spielt damit.
    Pressefreiheit - eine der Grundlagen der Demokratie
    "Hier sind viele Kameras aufgebaut, hier sind viele Journalistinnen und Journalisten anwesend, die bestimmt auch kritisch berichten werden – wär nett, wenn Sie positiv berichten werden, aber kann man ja nicht erwarten. Aber ich will hier eins sagen: Wer die freie Berichterstattung, dann, wenn sie ihm nicht gefällt als Lügenpresse bezeichnet, der legt die Axt an die Grundlagen der Demokratie, ob es ein Präsident der Vereinigten Staaten oder durchgeknallte Rechte in Dresden oder Leipzig, wir müssen dieses hohe Gut schützen!"
    Dann legt er los, ohne konkret zu werden. Schulz erzählt vom 50jährigen Arbeitslosen, der nach 15 Monaten in Hartz IV abzurutschen droht. Wie lange würde er unter einem Kanzler Schulz Arbeitslosengeld bekommen? Der Kandidat bleibt die Antwort schuldig. Ebenso bei der Rente: Wer lange arbeitet, darf nicht knapp über der Sozialhilfe landen, sagt Schulz. Wie und auf welchem Niveau er die Rente sichern will, bleibt offen. Klare Ansage aber mit Blick auf die vielen Zeitverträge junger Menschen
    Versprechungen an die junge Generation
    "Sie sollen eine ordentliche Ausbildung machen. Sie sollen sich im Job weiterbilden, sie sollen eine Familie gründen, und im Idealfall sollen sie sich auch noch ehrenamtlich engagieren. Toll! Auf der Grundlage von dauerhaften Arbeitsverhältnissen, die ordentlich bezahlt werden, kann man das alles leisten, aber sicher nicht mit ständigen Befristungen. Darum werden wir die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristungen abschaffen, wenn ich nach dem 24. September Bundeskanzler bin!"
    Da ist er wieder dieser Satz: "Wenn ich Bundeskanzler bin!" Kein Konjunktiv, kein Wenn, kein Aber. Schulz ist in seiner neuen Rolle angekommen. Die SPD strotzt vor Selbstbewusstsein und hofft, dass all dies kein Strohfeuer bleiben möge.