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SPD-Kanzlerkandidatur
Steinmeier will nicht

Kanzlerkandidat zum zweiten? Schon jetzt hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier durchblicken lassen, dass er 2017 nicht noch mal ins Rennen geht. Parteichef Sigmar Gabriel würde gerne, doch er kommt beim Wähler nicht so gut an. Wer wagt sich vor?

Von Frank Capellan | 20.05.2016
    Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel spricht am 09.05.2016 zu Beginn der Wertekonferenz Gerechtigkeit der SPD im Willy-Brandt-Haus in Berlin. Er hat seine im Umfragetief steckende Partei aufgerufen, sich nicht auf sozialpolitischen Erfolgen der Vergangenheit auszuruhen.
    Die SPD will sich wieder stärker für Soziale Gerechtigkeit einsetzen, nur wie? Das scheint auch SPD-Chef Gabriel nicht genau zu wissen (picture alliance/dpa - Wolfgang Kumm)
    Jahrelang liegen sie in den Popularitätswerten ganz dicht beieinander. Schon im ersten Bündnis mit Angela Merkel ist Frank-Walter Steinmeier der beliebteste Politiker der Sozialdemokraten. Immer wieder schiebt sich der Außenminister auf der Beliebtheitsskala mal vor die Kanzlerin. Ruhig, nachdenklich, diplomatisch, so kennen die Deutschen den weißhaarigen Herrn an Merkels Seite. Seine Art macht offenbar seinen Erfolg aus.
    "Ich jedenfalls hab für mich versucht, mich auch im politischen Leben nicht allzu stark zu verbiegen. Ich selbst zu bleiben, authentisch zu bleiben. Ich glaube, dass das einem am Ende die Leute auch anrechnen!", hat Steinmeier einmal dem ZDF anlässlich einer der seltenen Home-Stories über den Außenminister gesagt.
    Hohe Popularitätswerte sind kein Garant für einen Wahlerfolg
    Mögen die Genossen in den Umfragen auch noch so sehr abrutschen - Steinmeiers Beliebtheit ist ungebrochen. Fast 60 Prozent der Wähler halten ihn für den besten Kanzlerkandidaten der SPD, nur jeder Dritte würde den ins Rennen schicken, der den vermutlich aussichtslosen Kampf um das Kanzleramt wohl wird führen müssen: Parteichef Sigmar Gabriel.
    "Ehrlich gesagt, ist es keine große Überraschung in Deutschland, dass die Außenminister immer eine hohe Reputation in Umfragen haben", versucht Gabriels Stellvertreter Thorsten Schäfer-Gümbel am Morgen im SWR Gespräch die schlechten Werte für Gabriel zu relativieren.
    Tatsächlich sorgt der internationale Auftritt in aller Regel für ein hohes Ansehen, auch Angela Merkel hat davon immer profitiert, erst mit der Flüchtlingskrise kippte die Stimmung. Und die Sozialdemokraten wissen: Hohe Popularitätswerte des Spitzenkandidaten sind beileibe kein Garant für einen Wahlerfolg. Schließlich ist es 2009 ausgerechnet der beliebte Steinmeier, der mit 23 Prozent das bisher schlechteste Nachkriegsergebnis der Sozialdemokraten einfährt
    "Ach, mir würde es reichen, wenn die Leute sagen: Das war ein anständiger Kerl, auf den konnte man sich verlassen!"
    Steinmeier: Bundespräsident werden zum Ende seiner politischen Karriere
    Bei aller Bescheidenheit: Seiner Partei und auch ihm selbst wird das nicht reichen. Und Steinmeier hat längst entschieden, sich eine zweite Kanzlerkandidatur nicht noch einmal anzutun. Dass er gerne zum Ende seiner politischen Karriere Bundespräsident werden würde, sollte sich Joachim Gauck gegen eine zweite Amtszeit aussprechen, das hat er durchblicken lassen.
    Allerdings soll die Kanzlerin ihrem Vize Sigmar Gabriel erst kürzlich klargemacht haben, dass die Union einen sozialdemokratischen Kandidaten wohl kaum unterstützen würden, Steinmeiers Traum vom höchsten deutschen Staatsamt dürfte sich nur schwer realisieren lassen. Und der SPD-Vorsitzende dürfte sich wohl kaum ein zweites Mal um die viel wichtigere Kandidatur drücken können, die Kanzlerkandidatur:
    "Gabriel ist der richtige Kandidat. Er hat selber gesagt, es kann da einen offenen Wettbewerb geben, und das finde ich gut!", meint der unlängst aus dem Amt des Berliner SPD-Chefs getriebene Parteilinke Jan Stöß.
    Dass er das mit dem Wettbewerb um die Kandidatur wirklich ernst gemeint hat, darf allerdings getrost bezweifelt werden. Es war wohl eher die Aufforderung an seine Kritiker, sich entweder aus der Deckung zu wagen oder das Nörgeln an seiner Person zu unterlassen.
    Schäfer-Gümbel: Soziale Gerechtigkeit verbessern
    Parteichef kann Gabriel zudem wohl nur bleiben, wenn er auch den aussichtslosen Kampf gegen Merkel aufnimmt. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz jedenfalls, immer wieder als Aspirant gehandelt, hat erkennen lassen:
    Er würde sich die Kanzlerkandidatur nur antun, wenn er auch den Parteivorsitz bekommt. In den Beliebtheitswerten allerdings rangiert Scholz noch deutlich hinter Gabriel. Der Wirtschaftsminister und Chef einer 20 Prozent-Partei will erst einmal mit Merkel weiterregieren und Wähler zurückgewinnen, das hat er Anfang des Monats auf einer SPD-Konferenz deutlich gemacht.
    "Denn wenn wir rausgehen aus der Koalition, wird die CDU garantiert nicht Leih- und Zeitarbeit und Werkverträge freiwillig alleine regeln, sondern das macht sie nur, weil wir sie dazu zwingen!"
    Wir müssen unsere Erkennbarkeit beim Thema Soziale Gerechtigkeit wieder verbessern, bekräftigt heute Parteivize Schäfer-Gümbel. Wie das aber funktionieren könnte, scheint auch Gabriel noch nicht so recht wissen.
    "Was soll ich jetzt machen? Rausgehen und alles so beschissen lassen? In der Hoffnung, wenn's ordentlich schlecht ist, wählen sie hinterher SPD?", hat er im Disput mit der inzwischen berühmt gewordenen Putzfrau und Neu-Sozialdemokratin Susanne Neumann etwas hilflos gefragt und eine entwaffnende Antwort bekommen:
    "Also, wenn 'ne Reinigungskraft dir das sagen könnte, wie du dat hinkriegst ... ich würde es tun. Ich würde es wirklich tun!"