Donnerstag, 28. März 2024

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SPD-Parteitag
Wahlprogramm gebilligt - Union attackiert

Die SPD-Delegierten haben in Dortmund das Wahlprogramm ohne Gegenstimme angenommen. Kanzlerkandidat Schulz kritisierte, CDU und CSU verweigerten sich einer inhaltlichen Debatte über die Zukunft des Landes. Altkanzler Schröder rief die SPD auf, geschlossen für einen Wahlsieg zu kämpfen - noch sei Zeit, die Stimmung zugunsten der Sozialdemokraten zu drehen.

25.06.2017
    Der SPD-Kanzlerkandidat und Parteivorsitzende, Martin Schulz, spricht am 25.06.2017 in Dortmund beim SPD-Sonderparteitag vor den Delegierten.
    SPD-Kanzlerkandidat Schulz in Dortmund. (picture alliance / Guido Kirchner/dpa)
    Das SPD-Wahlprogramm sieht mehr Investitionen in Bildung, Verkehr und Sicherheit vor sowie eine Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen im Volumen von 15 Milliarden Euro. Unter anderem soll der Solidaritätszuschlag für Einkommen bis 52.000 Euro ab dem Jahr 2020 wegfallen. Spitzenverdiener sollen hingegen stärker belastet werden.
    Die SPD verspricht zudem eine Sicherung des derzeitigen Rentenniveaus und eine Deckelung des Beitragssatzes bis 2030 bei 22 Prozent. Die Krankenversicherung wollen die Sozialdemokraten zu einer Bürgerversicherung umbauen, bei der sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Beiträge wieder je zur Hälfte teilen.
    Zuvor hatte der SPD-Vorsitzende Schulz in seiner Rede Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel vorgeworfen, sie verweigere sich im Bundestagswahlkampf einer Auseinandersetzung über Inhalte. Während die SPD Konzepte vorstelle und Stellung beziehe, "wird auf der anderen Seite geschwiegen", sagte Schulz. In den vergangenen Jahren sei Merkel mit dieser Taktik, sich nicht zu äußern und nicht festzulegen, durchgekommen - doch "nicht mehr im Jahre 2017", rief Schulz den Delegierten zu.
    Schulz warf CDU und CSU vor, bewusst zu fördern, dass weniger Menschen wählen gingen, weil eine sinkende Wahlbeteiligung konkurrierenden Parteien schade. "Dann nennt man das in Berliner Kreisen vielleicht asymmetrische Demobilisierung. Ich nenne das einen Anschlag auf die Demokratie", sagte Schulz in Dortmund. Der Kanzlerkandidat und seine SPD wollen sich vom Umfragetief vor der Bundestagswahl am 24. September nicht beirren lassen.
    Schröder: "Es darf keine Selbstzweifel geben"
    Altkanzler Schröder sprach seiner Partei Mut für den Wahlkampf zu und versicherte, "nichts ist entschieden". Nötig seien Disziplin, Geschlossenheit, aber auch Selbstbewusstsein, sagte Schröder, der an seine Aufholjagd im Bundestagswahlkampf 2005 erinnerte. Die Partei müsse das Kanzleramt aber auch wollen. Schulz habe dies bereits deutlich gemacht, andere müssten das auch verinnerlichen.
    Der Altkanzler kritisierte auch die USA-Politik von Bundeskanzlerin Merkel (CDU). "Wir müssen einem Präsidenten Trump selbstbewusst entgegentreten", sagte er. Er unterstütze Martin Schulz in der Ablehnung des Nato-Ziels, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Dieses Ziel "sei niemals beschlossen worden, und darauf müssen wir bestehen".
    "Wir geben heute den Startschuss für die Aufholjagd", sagte die künftige Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Schwesig. Kanzlerkandidat Schulz solle der nächste sozialdemokratische Kanzler werden. Die SPD habe die richtigen Antworten für ein modernes, gerechtes Deutschland und ein friedliches Europa. "Die CDU macht keine Politik", warf Schwesig den Christdemokraten vor.
    Der Parteitag in Dortmund war eine Stunde später als geplant gestartet, weil sich der Einlass der mehreren Tausend Gäste in die Veranstaltungshalle wegen der strengen Sicherheitskontrollen verzögert hatte.
    Die wesentlichen Punkte des SPD-Programms zur Bundestagswahl:

    STEUERN UND FINANZEN: Die SPD will untere und mittlere Einkommen im Volumen von 15 Milliarden Euro entlasten. Höhere Einkommen sollen stärker besteuert werden. Kapitalerträge sollen wieder der Einkommensteuer unterworfen werden. Eine Vermögensteuer wird in dem Programm nicht gefordert.

    FAMILIEN: Die SPD will die Kita-Gebühren schrittweise abschaffen. BaföG-Leistungen sollen steigen.

    ARBEIT: Die Befristung von Arbeitsverträgen ohne sachliche Gründe soll abgeschafft werden, ebenso Ausnahmen beim Mindestlohn für Langzeitarbeitslose.

    GESUNDHEIT UND PFLEGE: Für Gesundheit und Pflege soll eine Bürgerversicherung aufkommen. Arbeitgeber und Versicherte sollen sich die Kosten dafür wieder teilen.

    RENTE: Das Rentenniveau von 48 Prozent eines Durchschnittslohns soll gehalten, der Beitragssatz bis 2030 bei 22 Prozent gedeckelt werden.

    WOHNEN: Änderungen bei der Mietpreisbremse sollen mehr Klarheit schaffen, wie hoch die Ausgaben des Vormieters waren. Mieterhöhungen nach einer Modernisierung sollen stärker begrenzt, der soziale Wohnungsbau ausgebautt werden.

    SICHERHEIT: 15.000 neue Stellen sollen bei der Polizei in Bund und Ländern geschaffen werden.

    ZUWANDERUNG: Das Recht auf Asyl soll nicht angetastet werden. Die SPD fordert ein Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild für qualifizierte Fachkräfte.

    EUROPA: Die SPD fordert mehr Investitionen. Die Finanzierung soll nicht über Schulden, sondern eine Besteuerung der Finanzmärkte erfolgen.

    VERTEIDIGUNG: Die Rüstungsexporte sollen begrenzt werden.
    (tj/fwa/rei)