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SPD-Steuerpläne
Neuer Anlauf für Vermögenssteuer

Die SPD diskutiert über eine Wiedereinführung von Vermögenssteuern. Der kommissarische Parteichef Thorsten Schäfer-Gümbel hat ein Konzept erarbeitet. Dabei ist die Idee nicht neu, sowohl in der Bundesrepublik als auch in anderen Ländern gab und gibt es zahlreiche Modelle.

Von Brigitte Scholtes | 23.08.2019
Wenn es um Armut in Deutschland geht, wird oft die Wiedereinführung der Vermögenssteuer gefordert - Geld, das in Bildung und Chancengleichheit fließen soll.
Die SPD möchte die Vermögenssteuer wiederbeleben (picture alliance / dpa)
Zehn Milliarden Euro könnte eine Vermögenssteuer von einem Prozent bringen. Davon ist der kommissarische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel überzeugt, wie er der "Rheinischen Post" sagte. Die Vermögenssteuer war 1997 ausgesetzt worden. Denn das Bundesverfassungsgericht hatte die Bemessungsgrundlage für falsch erachtet: Immobilien müssten danach stärker besteuert werden. Zur Wiedereinführung machten die Verfassungsrichter damals hohe Auflagen. Die Parteien streiten seither darum.
"Wir halten eine Wiederbelebung der Vermögenssteuer für absolut das falsche Signal."
Das hatte Angela Merkel mehrfach bekräftigt, als sie noch CDU-Vorsitzende war. Sie weiß damit die Wirtschaft und viele liberale Ökonomen hinter sich. So meint auch Clemens Fuest, Chef des Münchner ifo-Instituts:
"Die meisten Staaten haben Vermögenssteuern abgeschafft in den letzten Jahren. Das Problem ist: Es kommt zu einer Doppelbesteuerung durch Einkommensteuer und Vermögenssteuer, wenn man zum Beispiel Geld in Aktien angelegt hat und sagen wir, eine Rendite von vier Prozent hat, dann ist die Steuerbelastung vielleicht 25 Prozent, dann geht ein Prozentpunkt [von der Rendite, Anm. d. Red.] weg. Und wenn man dann noch eine Vermögenssteuer zahlt von noch einem Prozent, dann ist schon der zweite Prozentpunkt weg."
Verschiedene Länder gehen unterschiedliche Wege
In der Schweiz aber, auf die der kommissarische SPD-Vorsitzende ausdrücklich verweist, gibt es die Vermögenssteuer nur in einzelnen Kantonen. Dort wird sie zusätzlich zur Einkommenssteuer erhoben. 2016 etwa flossen so den Kantonen und Gemeinden, die sie erheben, sieben Milliarden Franken zu, das waren etwa 13 Prozent der Einkommenssteuern für Bund, Kantone und Gemeinden. In den USA und Großbritannien aber erhebe man keine Vermögenssteuer, sondern eine "property tax", eine Grundsteuer, erklärt ifo-Präsident Fuest:
"Die sind Steuern auf Grund und Boden, der nicht weglaufen kann. Das könnte man natürlich machen in Deutschland, eine Grundsteuer einführen; auf die Grundsteuer drauf schlagen, die wir schon haben. Grund und Boden kann ja nicht weglaufen, dann ist das aber eine sehr ungerechte Netto-Vermögenssteuer, weil eben andere Formen von Vermögen nicht zahlen."
Auch Frankreich hatte seine Vermögenssteuer im vergangenen Jahr umgestellt auf eine Steuer auf Grundeigentum. Steuern auf Grundeigentum aber seien deshalb ungerecht, weil so die übrigen Vermögensgegenstände nicht belastet würden, meinen Kritiker.
Wer andere Vermögensaktiva besteuert riskiert, dass die Vermögenden ins Ausland abwandern. In den USA wird aber jeder Staatsbürger als steuerpflichtig angesehen, auch wenn er im Ausland wohnt.
Besonderheit deutsche Wirtschaft
In Deutschland kommt eine Besonderheit hinzu: Zu den Vermögenden gehören auch viele Unternehmerfamilien, die ihr Kapital oft in die Firma eingebracht haben. Läuft es dann wirtschaftlich einmal nicht so gut, müssten sie aus der Substanz die Steuern bezahlen. Das würde ihre wirtschaftliche Prosperität und damit womöglich auch Arbeitsplätze gefährden. Diese Schwierigkeiten könnte man vielleicht umgehen, heißt es in einem Gutachten aus dem Mai 2013 für das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut in der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung: Das verweist auf die Niederlande, die Vermögen besteuern - aber nur, wenn es den Durchschnittswert eines Einfamilienhauses übersteigt.