Marseille - Ajax in der Europa League
Fans kritisieren erneuten Ausschluss bei Europapokalspiel

Die Behörden in Frankreich haben Fans von Ajax Amsterdam mit Verweis auf Sicherheitsbedenken vom Besuch des Spiels bei Olympique Marseille ausgeschlossen. Die Zahl solcher Fälle häuft sich - ein Fanbündnis kritisiert das Vorgehen. UEFA-Präsident Aleksander Ceferin hatte angekündigt, in solchen Fällen Spiele künftig zu verlegen - doch das passiert derzeit nicht.

Von Chaled Nahar |
    Das Stade Velodrome in Marseille
    Das Stade Velodrome in Marseille (imago images / PanoramiC / Gwendoline Le Goff via www.imago-images.de)
    Am 30. November spielt Ajax im Stade Velodrome in der Gruppenphase der Europa League bei Olympique Marseille. Fans von Ajax sollen nach dem Willen der lokalen Behörden nicht dabei sein. Frédérique Camilleri, die Polizeipräfektin der Präfektur Bouche-du-Rhone, führte in seinem Beschluss mehrere Gründe an: Fans ohne Karten würden erwartet, Ajax-Ultras seien besonders gewalttätig und bereits im Hinspiel in Amsterdam habe es Auseinandersetzungen gegeben.
    Hinzu komme, dass in der gleichen Gruppe auch noch AEK Athen spielt. Die Anhänger des griechischen Vereins pflegen eine Fanfreundschaft mit Olympique, während gleichzeitig eine große Rivalität zwischen Ajax und AEK besteht. Eine ähnliche Konstellation habe schon 2022 dazu beigetragen, dass es rund um ein Europa Conference League Spiel von Marseille zu Gewalt gekommen sei. Auch in der französischen Liga ist es zuletzt mehrfach zu Zwischenfällen bei Spielen von Marseille gekommen.
    Die Konsequenz: Menschen, die als Fans von Ajax erkennbar sind, in der Zeit vom 29. November bis 1. Dezember weder im Stadion noch in mehreren bestimmten Stadtteilen aufhalten. Doch an dem Vorgehen gibt es Kritik.

    Nach dem Präzedenzfall Neapel - Frankfurt machte das Vorgehen Schule

    "Diese Entscheidung bedeutet - wieder einmal -, dass Tausenden von Fans, die nach der Auslosung Flüge und Unterkünfte gebucht sowie Urlaub eingereicht hatten, die Möglichkeit verwehrt wird, ihre Mannschaft spielen zu sehen", sagt Martin Endemann vom Fanbündnis Football Supporters Europe (FSE) im Gespräch mit dem Deutschlandfunk.
    Im März 2023 hatten italienische Behörden Fans von Eintracht Frankfurt vom Besuch des Spiels bei der SSC Neapel ausgeschlossen. Philipp Reschke, Vorstandsmitglied bei der Eintracht, sagte im März damals im Hessischen Rundfunk: "Die Büchse der Pandora wurde hier möglicherweise geöffnet. Wir hoffen, dass das nicht Schule macht."
    Doch genau das passierte: AS Rom gegen Feyenoord, Nizza gegen Basel, Feyenoord gegen Lazio, Lazio - Feyenoord und nun Marseille gegen Ajax - stets waren Gästefans auf Grundlage von behördlichen Beschlüssen nicht zugelassen. Endemann sagt, dass diese Maßnahmen "nun in besorgniserregender Regelmäßigkeit vorkommen".
    Martin Endemann vom Fanbündnis Football Supporters Europe (FSE)
    Martin Endemann vom Fanbündnis Football Supporters Europe (FSE) (imago / Zink / Sportfoto Zink / HMI)

    Ceferin kündigte Konsequenzen und Regeländerungen an

    Nach dem Vorgang in Neapel hatte UEFA-Präsident Aleksander Ceferin Konsequenzen in Aussicht gestellt. "Diese Situation ist untragbar und wir müssen dringend etwas dagegen tun, denn die Entscheidung der Behörden ist absolut nicht korrekt", sagte Ceferin damals im ZDF.
    "Wir müssen sagen: Wenn so etwas passiert, wird dort nicht gespielt. Ganz einfach: Wir werden die Regeln ändern." Die Regeln wurden seitdem jedoch nicht geändert, die UEFA hat auch keine Spiele verlegt.
    UEFA-Präsident Aleksander Ceferin
    UEFA-Präsident Aleksander Ceferin (IMAGO / Eibner / IMAGO / Eibner-Pressefoto / Florian Wiegan)
    Auf eine Anfrage des Deutschlandfunks zu ihrem weiteren Vorgehen zum Spiel zwischen Marseille und Ajax teilte die UEFA mit, dass sie die "die Entscheidung der örtlichen Behörden zur Kenntnis" nehme. Die Behörden seien "für Entscheidungen bezüglich der Sicherheit der auf ihrem Hoheitsgebiet stattfindenden Spiele verantwortlich". Die Fragen, ob wie von Ceferin angekündigt Regeln geändert werden oder eine Verlegung des Spiels an einen anderen Ort in Frage komme, beantwortete der Verband nicht.

    Sportrechtler: "Keine Regeländerung nötig"

    "Eine Regeländerung ist für eine Spielverlegung eigentlich gar nicht nötig", sagt der Sportrechtler Stephan Dittl im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Laut UEFA-Reglement müssen die Heimvereine den Fans des Gastvereins mindestens fünf Prozent der Eintrittskarten überlassen. "Wenn der Heimverein die Karten nicht verkaufen darf, kann er diese Verpflichtung nicht erfüllen. Damit stellt sich die Frage, ob die UEFA dem Klub aufgibt, das Spiel an einen Ort zu verlegen, wo diese Verpflichtung erfüllt werden kann."
    Die Regularien im Europapokal besagen diesbezüglich: "Ist die UEFA-Administration (…) der Ansicht, dass ein Spielort aus irgendeinem Grund für die Durchführung eines Spiels ungeeignet ist, kann die UEFA mit dem betreffenden Verband und Verein Rücksprache halten und diese bitten, ein Ausweichstadion vorzuschlagen, das den Anforderungen der UEFA genügt." Die UEFA könnte im Zweifel sogar ein Stadion bestimmen.
    Fans von Olympique Marseille beim Hinspiel in Amsterdam.
    Fans von Olympique Marseille beim Hinspiel in Amsterdam. (IMAGO / Richard Wareham / IMAGO / Richard Wareham)

    FSE: "Behörden müssen Grundrechte der Fans schützen"

    Doch das passiert nicht. Im Ergebnis bleiben die Ajax-Fans außen vor, falls niemand die Entscheidung erfolgreich vor Gericht anfechten wird. Im Hinspiel durften Marseilles Fans zum Spiel nach Amsterdam. "Wir müssen konstatieren, dass dieses Vorgehen in einigen Ländern eher zur Norm für alle als potenziell herausfordernd eingestuften Spiele geworden zu sein scheint. Einige Länder scheinen für die Ausrichtung großer Spiele eher ungeeignet zu sein", kritisiert Endemann von FSE. "Wir möchten die französischen Behörden an ihre Pflicht erinnern, die Grundrechte der Fans, einschließlich der Reise- und Bewegungsfreiheit, zu schützen."