"Anders Besseberg war, ich sollte nicht so etwas wie 'nationaler Stolz' sagen, aber schon so etwas in der Art", schilderte der norwegische Sportjournalist Jan Petter Saltvedt die besondere Beziehung der Sportnation Norwegen zum Angeklagten im Dlf.
"Bis 2018 waren wir extrem stolz, einen Norweger zu haben, der offensichtlich einen großartigen Job gemacht hat, Biathlon in einen komplett anderen Sport zu verändern. Sehr viel beliebter, viel attraktiver für Fernsehzuschauer auf der ganzen Welt. Es ist deshalb auch ein Gerichtsverfahren darüber, wie wir uns als Sportnation sehen."
Durch Jagdausflüge, Prostituierte und Uhren zur "Geisel"
Seit Anfang des Jahres steht Besseberg, der 25 Jahre lang Präsident des Weltbiathlonverbandes IBU war, nun in Norwegen vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 77-Jährigen Korruption vor. Sowohl von russischen Funktionären als auch dem Schweizer Sportvermarkter Infront soll sich Besseberg bestochen lassen haben:
"Ihm wird vorgeworfen, dass der russische Verband ihm russische Prostituierte bezahlt haben. Es gab Jagdausflüge, für die Infront bezahlt hat. Er hatte seinen eigenen BMW, für den auch Infront gezahlt hat."
Lange schon stand Besseberg im Verdacht, russische Dopingtests vertuscht zu haben. Nun wollten die Ermittler "zeigen, dass ethische und moralische Grenzen verschoben wurden. Und dass Besseberg irgendwann zu weit gegangen ist und so etwas wie eine Geisel für die russischen Vertreter wurde. Weil er so viel bekommen hat: Viele, sehr teure Uhren, die Prostituierten, die Jagdausflüge. Sodass er irgendwann ihr Mann geworden ist."
Exklusive Vorteile für Russland und Infront?
Im Gegenzug habe sich der russische Verband besondere Vorteile versprochen: "Viele sagen, es gab eine Veränderung in seiner Position Russland gegenüber – irgendwann 2013, 2014, rund um Olympia in Sotchi. Viele sagen, die Russen wollten gern ein paar Wettkämpfe haben, eine Weltmeisterschaft in Tjumen. Und das zu einem Zeitpunkt, wo schon viele andere Sportarten Russland boykottiert hatten, wegen des Dopingskandals in Sotchi."
Auch die Vermarktungsgesellschaft Infront wollte "Besseberg als seinen Mann behalten, um die exklusiven Medienrechte zu behalten".
Vor Gericht sage Besseberg nun, er könne das alles erklären, so Saltvedt: "Er sagt, dass alles sei ein natürlicher Teil dessen gewesen, dass er eben Präsident der IBU gewesen sei. Er sei nur in Russland gewesen, weil er das Beste für den Sport wollte."
IBU hat aus Besseberg gelernt
Schon vor dem Verfahren hat die IBU Konsequenzen aus Bessebergs langer Amtszeit gezogen: "Die IBU hat gelernt, dass es nicht gut ist, über 25 Jahre einen einzigen Präsidenten zu haben. Jetzt gibt es Begrenzungen, wie lang man Präsident oder Teil des Präsidiums sein kann. Es gibt jetzt eine Biathlon Integrity Unit, erklärte Saltvedt, der nachschob:
"Also auch wenn Besseberg vor Gericht nicht schuldig gesprochen werden sollte: Die ganzen Strukturen wurden als illegal befunden, so kann sich kein Präsident mehr benehmen."