Meurer: Guten Morgen Herr Holzschuh.
Holzschuh: Guten Morgen.
Meurer: Das alles ist ziemlich kompliziert. Haben Sie eigentlich für den Kicker schon eine Stellenanzeige aufgegeben, "Suchen einen Aktienjournalisten"?
Holzschuh: Das müsste man mittlerweile langsam tun. Das ist eigentlich für ein Sportfachmagazin fast tödlich, weil unsere Leser und alle die sich für den Fußball wirklich interessieren ja hauptsächlich den sportlichen Aspekt sehen. Fußball ist Emotion und kein Wirtschaftskapitaldienst, aber langsam aber sicher müssen wir auch da Fachleute heranziehen, das ist richtig.
Meurer: Das Thema kann den Fans nicht erspart werden, insbesondere natürlich denen von Borussia Dortmund selbst. War das gestern ein Neuanfang oder kein Neuanfang?
Holzschuh: Ich glaube, dass es sportlich ein Neuanfang gewesen ist. Niebaum wird zwar dem Verein zumindest für die nächsten zwei Jahre bis Vertragsende erhalten bleiben und für mich ist das Tragisch-komische dabei, dass er in wirtschaftlichen Dingen das Sagen hat, zumindest in seinem Bereich als Geschäftsführer und Reinhard Rauball wird die sportlichen Dinge in die richtigen Wege zu leiten versuchen. Sportlich hat Doktor Niebaum ja in den letzten fast zwei Jahrzehnten vieles richtig gemacht. Unter seiner Führung ist der Verein Champions-League-Sieger geworden, mehrfach deutscher Meister geworden und auch jetzt verfügt er trotz Mittelmaß in der Tabelle über keine schlechte Mannschaft. Aber das geht natürlich mit den finanziellen Dingen einher. Er hat den Verein quasi am Abgrund übernommen, als er kurz vor dem Aus stand, hat ihn dann zu einer recht guten Größe im europäischen Fußball geführt und jetzt steht der Verein wieder so schlecht da, dass man um die weitere Existenz fürchten muss.
Meurer: Wie gravierend sind die wirtschaftlichen Fehler, die Gerd Niebaum zu verantworten hat?
Holzschuh: Er hat in der Tat vieles richtig gemacht, ich habe es gerade gesagt, aber dann für meinen Begriff abgehoben, als der Verein in der Blüte stand, als er Champions-League-Sieger wurde, als die Einnahmen so reinströmten wie bei kaum einem anderen Verein, nicht mal bei Bayern München. Da hat er tief in die Schatulle gegriffen und alles gekauft, was irgendwo teuer war und wenn irgendwo ein Spieler auf dem deutschen Markt ins Gespräch kam, vor allen Dingen bei Bayern München, dann hat er noch ein oder zwei Milliönchen drauf gelegt, um ihn nach Dortmund zu holen. Das musste irgendwann schief gehen. Niebaum ist an sich ja ein Mann, der bewiesen hat, dass er gute Dinge machen kann, aber wenn man dann jegliche Grundlage verloren hat, dann schadet er mehr, als das er nutzt.
Meurer: Niebaum hat bestritten, dass es eine Vereinbarung mit dem Investor Florian Homm gibt, prompt ist diese Vereinbarung im Faksimile abgedruckt worden mit Niebaums Unterschrift, mit persönlichen Randnotizen von ihm. Kann so jemand Geschäftsführer bleiben, der glatt lügt?
Holzschuh: Das ist für mich auch die große Frage, auch uns ist ja dieses Papier zugespielt worden und ich habe mich dann gefragt, wie kann ein Mann, der als Notar ja sogar sehr viele Erfolge vorzuweisen hat, plötzlich so die Bodenhaftung verlieren? Wie kann er dann jegliche Übersicht verlieren und ein Mann, der dann nicht mehr Realitätssinn beweist, kann eigentlich auch nicht Geschäftsführer eines solchen Unternehmens sein wie Borussia Dortmund. Also für meinen Begriff ist das eine falsche Entscheidung.
Meurer: Sehr zwiespältig wird gesehen, dass der Finanzinvestor Florian Homm, der in Kreisen als Spekulant gilt bei Borussia Dortmund groß eingestiegen ist. Ist Homm aber vielleicht doch so etwas wie ein Hoffnungsträger, weil er der einzige zu sein scheint, der Niebaums Macht wirklich kontrollieren kann?
Holzschuh: Ich habe es gerade schon mal gesagt: Fußball lebt auch hauptsächlich von den Emotionen. Wenn dann ein Verein wie Borussia Dortmund zum Spielball von irgendwelchen Spekulanten wird, dann wird es mit dem Fußball sehr, sehr schnell bergab gehen. Borussia Dortmund hätte allerdings kaum überleben können, wenn nicht Homm eingegriffen hätte und dann die Aktienerhöhung zu seinen Gunsten entschieden hätte, allerdings auf einem Fast-Tiefststand der Borussen-Aktie. Insofern habe ich da ein zweigespaltenes Bild vor mir. Homm als Retter zu bezeichnen ist etwas, was ich eigentlich nicht verstehe, aber wahrscheinlich ist er einer der Retter.
Meurer: Als eigentlicher Retter wird Reinhard Rauball gesehen, der jetzt Präsident werden soll. Wir erinnern uns aber, 1999 sollte er Justizminister von Nordrhein-Westfalen werden, ist dann wegen nicht gemeldeter Tätigkeiten für eine amerikanische Aktiengesellschaft von diesem Amt sozusagen wieder zurückgetreten, beziehungsweise zurückgetreten worden. Ist damit Rauball der richtige Mann für Borussia Dortmund?
Holzschuh: Also ich kenne Rauball seit fast drei Jahrzehnten. Rauball hat schon zwei mal das Präsidentenamt von Borussia Dortmund in ganz schwierigen Zeiten inne gehabt und den Verein damals auch gerettet, eigentlich noch bevor Niebaum eingegriffen hat. Ich glaube, dass Reinhard Rauball so viel von der Materie Fußball und so viel auch von wirtschaftlichen Dingen versteht, dass ich mir momentan keinen anderen vorstellen kann oder keinen besseren vorstellen kann. Die Dinge, die damals als Minister von Nordrhein-Westfalen passiert sind, die stehen außerhalb des Fußballs, ich glaube das sollte man auch außerhalb des Fußballs lassen. Das ist ja auch kein straftatwürdiges Vergehen, das er damals getan hat. Also insofern glaube ich schon, dass Rauball mit positiven Aspekten erst mal bedacht werden muss.
Meurer: Reinhard Rauball wird der neue Präsident von Borussia Dortmund und Gerd Niebaum ist zurückgetreten. Über die Krise bei Borussia Dortmund unterhielt ich mich mit Rainer Holzschuh, dem Chefredakteur des Kicker. Herr Holzschuh, besten Dank und auf Wiederhören.
Holzschuh: Danke auch und auf Wiederhören.
Holzschuh: Guten Morgen.
Meurer: Das alles ist ziemlich kompliziert. Haben Sie eigentlich für den Kicker schon eine Stellenanzeige aufgegeben, "Suchen einen Aktienjournalisten"?
Holzschuh: Das müsste man mittlerweile langsam tun. Das ist eigentlich für ein Sportfachmagazin fast tödlich, weil unsere Leser und alle die sich für den Fußball wirklich interessieren ja hauptsächlich den sportlichen Aspekt sehen. Fußball ist Emotion und kein Wirtschaftskapitaldienst, aber langsam aber sicher müssen wir auch da Fachleute heranziehen, das ist richtig.
Meurer: Das Thema kann den Fans nicht erspart werden, insbesondere natürlich denen von Borussia Dortmund selbst. War das gestern ein Neuanfang oder kein Neuanfang?
Holzschuh: Ich glaube, dass es sportlich ein Neuanfang gewesen ist. Niebaum wird zwar dem Verein zumindest für die nächsten zwei Jahre bis Vertragsende erhalten bleiben und für mich ist das Tragisch-komische dabei, dass er in wirtschaftlichen Dingen das Sagen hat, zumindest in seinem Bereich als Geschäftsführer und Reinhard Rauball wird die sportlichen Dinge in die richtigen Wege zu leiten versuchen. Sportlich hat Doktor Niebaum ja in den letzten fast zwei Jahrzehnten vieles richtig gemacht. Unter seiner Führung ist der Verein Champions-League-Sieger geworden, mehrfach deutscher Meister geworden und auch jetzt verfügt er trotz Mittelmaß in der Tabelle über keine schlechte Mannschaft. Aber das geht natürlich mit den finanziellen Dingen einher. Er hat den Verein quasi am Abgrund übernommen, als er kurz vor dem Aus stand, hat ihn dann zu einer recht guten Größe im europäischen Fußball geführt und jetzt steht der Verein wieder so schlecht da, dass man um die weitere Existenz fürchten muss.
Meurer: Wie gravierend sind die wirtschaftlichen Fehler, die Gerd Niebaum zu verantworten hat?
Holzschuh: Er hat in der Tat vieles richtig gemacht, ich habe es gerade gesagt, aber dann für meinen Begriff abgehoben, als der Verein in der Blüte stand, als er Champions-League-Sieger wurde, als die Einnahmen so reinströmten wie bei kaum einem anderen Verein, nicht mal bei Bayern München. Da hat er tief in die Schatulle gegriffen und alles gekauft, was irgendwo teuer war und wenn irgendwo ein Spieler auf dem deutschen Markt ins Gespräch kam, vor allen Dingen bei Bayern München, dann hat er noch ein oder zwei Milliönchen drauf gelegt, um ihn nach Dortmund zu holen. Das musste irgendwann schief gehen. Niebaum ist an sich ja ein Mann, der bewiesen hat, dass er gute Dinge machen kann, aber wenn man dann jegliche Grundlage verloren hat, dann schadet er mehr, als das er nutzt.
Meurer: Niebaum hat bestritten, dass es eine Vereinbarung mit dem Investor Florian Homm gibt, prompt ist diese Vereinbarung im Faksimile abgedruckt worden mit Niebaums Unterschrift, mit persönlichen Randnotizen von ihm. Kann so jemand Geschäftsführer bleiben, der glatt lügt?
Holzschuh: Das ist für mich auch die große Frage, auch uns ist ja dieses Papier zugespielt worden und ich habe mich dann gefragt, wie kann ein Mann, der als Notar ja sogar sehr viele Erfolge vorzuweisen hat, plötzlich so die Bodenhaftung verlieren? Wie kann er dann jegliche Übersicht verlieren und ein Mann, der dann nicht mehr Realitätssinn beweist, kann eigentlich auch nicht Geschäftsführer eines solchen Unternehmens sein wie Borussia Dortmund. Also für meinen Begriff ist das eine falsche Entscheidung.
Meurer: Sehr zwiespältig wird gesehen, dass der Finanzinvestor Florian Homm, der in Kreisen als Spekulant gilt bei Borussia Dortmund groß eingestiegen ist. Ist Homm aber vielleicht doch so etwas wie ein Hoffnungsträger, weil er der einzige zu sein scheint, der Niebaums Macht wirklich kontrollieren kann?
Holzschuh: Ich habe es gerade schon mal gesagt: Fußball lebt auch hauptsächlich von den Emotionen. Wenn dann ein Verein wie Borussia Dortmund zum Spielball von irgendwelchen Spekulanten wird, dann wird es mit dem Fußball sehr, sehr schnell bergab gehen. Borussia Dortmund hätte allerdings kaum überleben können, wenn nicht Homm eingegriffen hätte und dann die Aktienerhöhung zu seinen Gunsten entschieden hätte, allerdings auf einem Fast-Tiefststand der Borussen-Aktie. Insofern habe ich da ein zweigespaltenes Bild vor mir. Homm als Retter zu bezeichnen ist etwas, was ich eigentlich nicht verstehe, aber wahrscheinlich ist er einer der Retter.
Meurer: Als eigentlicher Retter wird Reinhard Rauball gesehen, der jetzt Präsident werden soll. Wir erinnern uns aber, 1999 sollte er Justizminister von Nordrhein-Westfalen werden, ist dann wegen nicht gemeldeter Tätigkeiten für eine amerikanische Aktiengesellschaft von diesem Amt sozusagen wieder zurückgetreten, beziehungsweise zurückgetreten worden. Ist damit Rauball der richtige Mann für Borussia Dortmund?
Holzschuh: Also ich kenne Rauball seit fast drei Jahrzehnten. Rauball hat schon zwei mal das Präsidentenamt von Borussia Dortmund in ganz schwierigen Zeiten inne gehabt und den Verein damals auch gerettet, eigentlich noch bevor Niebaum eingegriffen hat. Ich glaube, dass Reinhard Rauball so viel von der Materie Fußball und so viel auch von wirtschaftlichen Dingen versteht, dass ich mir momentan keinen anderen vorstellen kann oder keinen besseren vorstellen kann. Die Dinge, die damals als Minister von Nordrhein-Westfalen passiert sind, die stehen außerhalb des Fußballs, ich glaube das sollte man auch außerhalb des Fußballs lassen. Das ist ja auch kein straftatwürdiges Vergehen, das er damals getan hat. Also insofern glaube ich schon, dass Rauball mit positiven Aspekten erst mal bedacht werden muss.
Meurer: Reinhard Rauball wird der neue Präsident von Borussia Dortmund und Gerd Niebaum ist zurückgetreten. Über die Krise bei Borussia Dortmund unterhielt ich mich mit Rainer Holzschuh, dem Chefredakteur des Kicker. Herr Holzschuh, besten Dank und auf Wiederhören.
Holzschuh: Danke auch und auf Wiederhören.