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Sportpolitik
Unruhe in DOSB-Führungsriege über Athletenvertretung

Am Wochenende tagt die Athletenvollversammlung in Köln. Eines der Themen: die geplante Neugründung des Vereins "Athleten Deutschland". Beim Deutschen Olympischen Sportbundes sorgt das offenbar für Unruhe, wie nun ein Brief des DOSB an die Spitzen der Mitgliedsorganisationen zeigt.

Von Andrea Schültke | 12.10.2017
    Alfons Hoermann (re.,Praesident Deutscher Olympischer Sportbund) und Michael Vesper (Vorstandsvorsitzenden des Deutschen Olympischen Sportbundes) bei der 13. DOSB-Mitgliederversammlung in Magdeburg
    Scheinen nervös: DOSB-Vorstandsvorsitzender Michael Vesper und Präsident Alfons Hörmann (imago sportfotodienst)
    Seit einem Jahr prüfen die Athleten die Möglichkeiten einer eigenständigen Interessenvertretung. Offenbar wird Sportlerinnen und Sportlern ihre zentrale Rolle im System mehr und mehr bewusst: "Am Ende sind wir – also die Sportler – der entscheidende Akteur, ohne uns gibt es die Wettkämpfe nicht", zeigte sich Athletensprecher Max Hartung am vergangenen Samstag im Deutschlandfunk selbstbewusst.
    Seine Stellvertreterin Silke Kassner ergänzte, die Athleten wollten wahrgenommen werden als Gesprächspartner auf Augenhöhe: "Einfach um den Sport auch in Zukunft für die Athleten mitgestalten zu können".
    Deshalb wollen sie sich am Sonntag von der Athletenvollversammlung das OK holen für die Gründung eines eigenständigen Vereins. Der Name: Athleten Deutschland.
    "Wir wollen die Politik machen, die sich die Sportler in Deutschland wünschen – für die Athleten", sagt Max Hartung.
    DOSB: Keine Informationen über Finanzierung
    Die Frage nach dem Sinn der Vereinsgründung, die der DOSB in seinem Brief stellt, dürfte damit schon beantwortet sein. Sportler, die sich als Gesprächspartner auf Augenhöhe anerkannt und in den Gremien akzeptiert fühlen, hätten wohl kaum massive Anstrengungen unternommen und unbezahlt sehr viel Zeit investiert, um die Gründung eines eigenständigen Vereins voranzutreiben.
    Über das Vorhaben sei der DOSB bereits vor einem Jahr informiert worden, habe dann auch von den Athleten den Satzungsentwurf bekommen und Einschätzungen dazu abgegeben, schreiben Präsident und Vorstandsvorsitzender weiter.
    Auf Seite zwei ihres Briefes kommen sie dann zum Thema Geld und damit einem möglichen Grund für die Unruhe in der DOSB-Führungsetage: Die Athleten hatten die Kosten für den eigenständigen Verein mit Büro und drei hauptamtlichen Mitarbeitern auf 300 000 bis 400 000 Euro jährlich beziffert.
    "Wir haben keine Informationen darüber, aus welchen Mitteln diese Kosten finanziert und wofür sie verwendet werden sollen und ob diese ggf. andere Bereiche der Sportförderung negativ tangieren würden", fragt sich die DOSB-Führung im Brief an die Spitzenfunktionäre. Und die dürften sich jetzt Sorgen machen, ob sie Geld abgeben müssen an Athleten Deutschland. Die Sportler haben aber - laut eigener Aussage - durch Gespräche mit Politikern in Berlin längst andere mögliche Geldquellen aufgetan.
    Emanzipiert sich die Athletenvertretung vom DOSB, droht Gegenwind
    Bleibt der Verein, den die Athleten gründen wollen, innerhalb der DOSB-Strukturen, würde der Dachverband "eine solche Initiative zumindest neutral oder auch gern unterstützend begleiten", schreiben Alfons Hörmann und Michael Vesper an die Spitzenfunktionäre. Formulieren dann aber weiter: Sollte eine teilweise Auslagerung in eine neue Struktur stattfinden, "müssten wir uns schon aus formellen (Satzungs-)Gründen dagegen positionieren".
    Auf Deutschlandfunk-Anfrage wollte der DOSB zu diesem Schreiben keine offizielle Stellungnahme abgeben. Eine Sprecherin erklärte lediglich der DOSB fühle sich verpflichtet, seine Mitgliedsorganisationen zu informieren. Das sei ein übliches Vorgehen, wenn ein Thema so stark in der Öffentlichkeit sei.