Samstag, 20. April 2024

Archiv

SRF nach "No Billag"
Rundfunk-Reformen und mehr Offenheit

Vor einem Jahr haben die Schweizer die "No Billag"-Initiative mit großer Mehrheit abgelehnt und damit die Finanzierung des öffentlichen Rundfunks gesichert. Dennoch gab es seither beim SRF einige Veränderungen. Aus denen könnte auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland lernen.

Von Marion Barzen | 04.03.2019
Die sogenannte Elefantenrunde der Schweizer Fernsehsender RTS und SRF am 6.5.2016.
Beim Schweizer Rundfunk wurden einige Strukturen verändert (Lukas Lehmann /Keystone / picture alliance / dpa)
Ruedi Matter, Chef des deutschsprachigen, großen Schweizer Rundfunks SRF hat Lehren gezogen: "Wir haben zum einen die Zahl der großen Shows in der Unterhaltung reduziert und wir konzentrieren die Standorte. Also wollen auch Kolleginnen und Kollegen aus der Information in Bern nach Zürich holen."
Konzentration heißt Kosten sparen, das ist die eine Lehre. Die andere ist, junge Menschen wieder ans öffentlich-rechtliche System zu binden. Gerade die Jungen hatten nämlich überwiegend für einen gebührenfinanzierten Rundfunk gestimmt. Obwohl sie den gar nicht so viel nutzen. Also braucht es junge Angebote, sagt Matter, wie selbstproduzierte Serien. Und man müsse dorthin gehen, wo junge Leute sich informativ bewegen: YouTube, Instagram. Und auch etwas vorhalten.
Mehr Bindung an Hörer und Zuschauer
"Wir haben selbstverständlich unsere eigenen Plattformen, aber wir haben mittlerweile auch immer mehr Kompetenz, wie wir uns auf Social Media bewegen, wie wir uns auf Drittplattformen positionieren."
Das alles musste der selbst etwas überalterte Funk lernen. Auch, dass er sich wieder mehr um seine Kunden kümmert, sagt Matter. Man habe die Hörer-/ Zuschauer-Bindung lange vernachlässigt. Jetzt gebe es regelmäßige Chats, er selbst als Chef des Hauses sei oft bei Zuschauer-Anfragen im Fernsehen dabei und ausdrücklich werde das Publikum zu Besuchen ins Funkhaus eingeladen. 30.000 seien in diesem Jahr gekommen.
"Diese intensive öffentliche Präsenz, dieses Zur Verfügung stehen für Gespräche, für Kontakte, das haben wir sehr viel intensiver gemacht; und ich sehe auch nicht so viele Häuser in Europa, die das so intensiv machen, wie wir es heute machen."
"Hohe Qualität im Informationsbereich"
Medienwissenschaftler Linards Udris von der Universität Zürich hält das für den richtigen Weg, damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Schweiz weiter bestehen kann. Gerade für dieses Land sei er unersetzlich, aus zwei Gründen: "Er bietet gerade im Informationsbereich eine überdurchschnittlich hohe Qualität. Und der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist wichtig, weil er in allen vier Sprachregionen ein einigermaßen attraktives Radio- und Fernsehangebot anbietet."
Das Volksvotum hat den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus der Schusslinie geholt. Auch weil die privaten Medien, die die Kampagne gegen ihn mit geführt hatten, erst einmal befriedet sind. Dass die Gebühren gesenkt und die Beträge nach Haushalten und nicht wie früher nach Geräten berechnet werden, tat ein Übriges. Denn damit konnte die unbeliebte Billag, deren Mitarbeiter wie in Deutschland unangemeldeten Geräten auflauerten, abgeschafft werden.
Für ein starkes duales Mediensystem
Jetzt geht es darum, die Zukunft zu sichern, sagte Medienexperte Udris. Und zwar mit dem Ziel, "dass man es mittel- und langfristig schafft, ein Mediensystem zu haben in der Schweiz, in dem es sowohl einen starken öffentlichen Rundfunk gibt, als auch starke private Medien. Da müssen die verschiedenen Medien eben auch an einem Strang ziehen".