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Sri Lanka
Demokratie gegen das Grauen

Sri Lanka feiert heute seinen 67. Unabhängigkeitstag. Der gerade gewählte Präsident Maithripala Sirisena setzt anders als sein Vorgänger auf Demokratie – und will die verdrängten Gräuel des jahrzehntelangen Bürgerkriegs zwischen Singhalesen und Tamilen aufarbeiten.

Von Sandra Petersmann | 04.02.2015
    Sri Lankas neuer Präsident Maithripala Sirisena beim Besuch eines Tempels
    Sri Lankas neuer Präsident Maithripala Sirisena (Mitte) will das Land versöhnen (imago/xinhua)
    Das Erstaunen in Sri Lankas Hauptstadt Colombo ist noch immer groß. Der jungen Lehrerin Dumindra schießen sofort Tränen in die Augen, wenn sie an den Wahltag am 8. Januar zurückdenkt.
    "Das ist wie ein Wunder, ich bin überglücklich, mit fehlen immer noch die Worte."
    Auch Dumindra hatte die Abwahl von Mahinda Rajapaksa für unmöglich gehalten. Der Ex-Präsident war fast zehn Jahre unangefochten im Amt. Doch am Ende hatten auch viele Rajapaksa-Anhänger die Nase voll von ihm - wie Reiseveranstalterin Cherahzarde.
    "Ich freue mich über den Neuanfang. Rajapaksa hat viel geleistet. Er hat den Krieg für uns gewonnen. Wir leben hier vom Tourismus, wir brauchen Frieden und wir danken ihm dafür. Aber seine Familie hat sich schamlos bereichert. Der Wandel ist nötig und macht uns glücklich."
    Sri Lankas alter Präsident Rajapaksa (2010)
    Sri Lankas alter Präsident Rajapaksa (2010) (AP)
    Vertrauensbruch ebnet den Weg für den neuen Präsidenten
    Der neue Mann an der Spitze des malerisch schönen tropischen Inselstaates heißt seit dem 9. Januar Maithripala Sirisena. Der langjährige Vertraute hatte sich kurz vor der Wahl von Rajapaksa losgesagt, um ihn herauszufordern.
    Die erste Rede an die Nation nach seinem überraschenden Wahlsieg war gespickt mit demokratischen Schlagwörtern: Sirisena sprach über gute Regierungsführung, Meinungsfreiheit, Rechtsicherheit und soziale Gerechtigkeit. Ein junger Lehrer in Colombo, der Sirisena gewählt hat, will seinen Namen nicht nennen. Er hat auch Wochen nach der Wahl immer noch Angst vor dem alten Regime.
    "Wir hatten hier eine Diktatur. Aber jetzt wird es langsam besser. Die neue Regierung muss für Ausgleich zwischen den Menschen sorgen. Das Volk muss frei sein."
    Rundumblick vom Sigiriya-Felsen in Sri Lanka. Sigiriya ist ein Monolith in Sri Lanka, auf dem sich die Ruinen einer historischen Felsenfestung befinden. Der Name leitet sich von 'Siha Giri' ab, was Löwenfelsen bedeutet. 1982 wurde Sigiriya von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
    Rundumblick vom Sigiriya-Felsen in Sri Lanka. Die Idylle trügt - in Sri Lanka müssen alte Wunden noch verheilen. (picture alliance / dpa / ZB / Wolfgang Thieme)
    Singhalesen gegen Tamilen
    Sri Lanka erholt sich von fast drei Jahrzehnten Bürgerkrieg zwischen der singhalesischen Bevölkerungsmehrheit und der tamilischen Minderheit. Es war der alte Präsident Mahinda Rajapaksa, der den Krieg im Sommer 2009 durch die Armee beenden ließ. Die Vereinten Nationen gehen allein in den letzten Kriegswochen von bis zu 40.000 getöteten Zivilisten aus. Rajapaksa sperrte sich nach dem militärischen Sieg gegen einen politischen Versöhnungsprozess und gegen eine unabhängige Aufarbeitung von Kriegsverbrechen. Sein Nachfolger Sirisena scheint heute ernsthaft bemüht, das Misstrauen zwischen Sri Lankas Volks- und Religionsgruppen abzubauen. Das erkennt auch der junge Tamile Anton an.
    "Wir haben am meisten unter dem Krieg und der Zerstörung gelitten. Wir sind unterdrückt worden. Wir hoffen auf eine schnelle Lösung."
    Der Präsident will Macht abgeben. Im Juni soll in Sri Lanka ein neues, nationales Parlament gewählt werden. Sirisena hat außerdem einen Tamilen zum obersten Richter des Landes ernannt. Seine Regierung hat eine juristische Aufarbeitung der letzten Kriegswochen angekündigt. Und zum ersten Mal seit dem Kriegsende 2009 erinnert der Unabhängigkeitstag nicht nur an die gefallenen Soldaten, sondern auch an die zivilen Opfer.