Meurer: Darüber könnte man noch streiten, ob das die Bundesbank hätte bezahlen sollen - jetzt tut sie es -, aber wie steht es damit, wenn der Bundesbankpräsident seine Frau mitnimmt, seine Kinder und die Freundin des älteren Sohnes?
Morlok: Das, glaube ich, ist eine relativ einfach zu beantwortende Frage, dass er das nicht sollte. Die spannende Frage ist, was ist Dienstgeschäft und was hat die Bundesbank zu bezahlen und wo darf man sich einladen lassen? Dass man zu einem repräsentativen Akt auch den Ehepartner mitnimmt, kann man auch noch akzeptieren, aber Kinder und Freunde der Kinder, das ist jenseits des Diskutablen. Ich glaube, darüber braucht man sich nicht ernsthaft zu unterhalten, das ist ein offensichtliches Fehlverhalten.
Meurer: Jetzt hat Rudolf Scharping seinen Hut nehmen müssen, weil ihm jemand seinen Anzug bezahlt hat oder auch mehr als einen Anzug. Bei Welteke ist es ein weniger gravierender Fall?
Morlok: Ich meine, ob jemand konkret zum Rücktritt gezwungen wird, das hat meistens auch andere Ursachen und Umstände dabei. So ein aktueller Anlass wird dann auch gerne instrumentalisiert. Wie gesagt, wenn man das ernstlich möchte, dann muss man die Sache zuerst diskutieren. Ich finde, das ist das Interessante an diesem Fall, dass wir uns Gedanken machen, welche Standards wir für solche Fälle hier setzen wollen. Das Problem ist nämlich nicht nur so, dass es sich hier zweifellos um Repräsentationsaufgaben handelt, die der Präsident der Bundesbank wahrnehmen soll. Das Problematische daran ist, dass der größere Teil des Nutzens auf der Seite derjenigen liegt, die jemanden einladen. Die schmücken sich ja dann damit. Da muss man sich darüber klar werden, wer soll dafür dann bezahlen, derjenige, der sich schmücken kann mit dem Glanz eines Würdenträgers, oder die öffentliche Institution? Es gibt gute Grunde dafür, dass man sagt, das soll die öffentliche Institution zahlen.
Meurer: Besteht sogar die Möglichkeit, dass die Dresdener Bank sogar mehr von einem Welteke-Besuch hat als sich nur damit schmücken zu können?
Morlok: Das ist natürlich der hauptsächliche Grund für ein Unbehagen an einer solchen Einladung. Deswegen meine ich, im Ergebnis sollte man solche Einladungen nicht wahrnehmen. Der Staat sollte die Mittel dafür haben, dass man auch die Repräsentationsaufgaben aus Steuermitteln bezahlt. Es geht darum, den bösen Anschein der Einseitigkeit, der möglichen Befangenheit zu vermeiden. Wenn der Chef der Bundesbank ein besonderes Näheverhältnis zu irgendeiner einzelnen Bank hat, so könnte man da auf böse Gedanken kommen. Das unterstelle ich ihm in jedem Fall keineswegs, aber der böse Anschein soll vermieden werden. Das ist eine gute Maxime, die wir sonst im öffentlichen Dienst durchgängig eben auch beachten.
Meurer: Nun gibt es ja das Bundesbeamtengesetz, und darin steht - ich glaube im Paragraph 70 -, dass Beamte keine Geschenke annehmen dürfen. Ist das in diesem Fall noch strittig, ob das ein Geschenk war, oder würden Sie sagen, dieser Tatbestand ist doch erfüllt?
Morlok: Also in dem Maße, in dem es über den Anlass dieser Festlichkeit hinausging, also die zwei weiteren Tage jetzt, in dem Maße ist es nach meiner Einschätzung ein Geschenk. Die andere Frage ist, ob jetzt der Bundesbankpräsident ein Beamter ist. Das ist ein spezielles öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis, das nicht so ohne Weiteres einzuordnen ist in die Kategorie Beamter. Im Ergebnis aber ist es jedenfalls ein besonderes Pflichtverhältnis, und die Pflicht umfasst auch, sich nach außen hin neutral zu geben.
Meurer: Vielen Dank für das Gespräch.