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Stabwechsel bei US-Börsenaufsicht

Die US-Börsenaufsicht SEC gilt als mächtigste Regulierungsbehörde der Welt. Nahezu wöchentlich verhängt sie inzwischen empfindliche Geldbußen gegen Banken und Unternehmen. Mit Elisse Walter nimmt jetzt eine erfahrene Aufseherin auf dem Chefsessel Platz. Viele sehen in ihr allerdings nur eine Übergangslösung.

Von Miriam Braun | 14.12.2012
    "Elisse Walter ist ein großartiger Vertreter der US-Investoren und ihrer Interessen."

    Harvey Pitt, ist begeistert von Elisse Walter als neue Chefin der US-Börsenaufsicht SEC. Pitt, der selbst einige Jahre den Posten inne hatte, kenne sie immerhin seit Jahren. Kein Wunder, hat Elisse Walter doch den Großteil ihres beruflichen Werdegangs in Aufsichtsbehörden verbracht - sich jedoch immer im Hintergrund gehalten. Bereits 1977 war sie zur SEC gestoßen, wechselte in den Neunzigern zur Aufsicht der Rohstoffbörsen, später dann zur Finanzaufsicht Finra – seit 2008 ist sie wieder Komissionsmitglied der SEC. Richard Sylla, Finanzhistoriker an der New York University:

    "Ich weiß nicht, ob das unbedingt ein Vorteil ist, dass sie schon lange als Regulierer arbeitet. Schließlich haben die Behörden geschlafen, als es darauf ankam. Vor und während der Krise ging es an der Wall Street drunter und drüber und auch die Aufsichtsbehörden hatten das nicht im Blick."

    In den 30er-Jahren wurde die SEC als Reaktion auf den Börsencrash von 1929 gegründet, eine staatliche Aufsicht die sicherstellen sollte, dass jegliche Wertpapiergeschäfte recht- und ordnungsmäßig ablaufen. Dafür wurden ihr umfangreiche gesetzgebende und auch strafverfolgende Kompetenzen eingeräumt. Die Kritik: In den vergangenen Jahrzehnten schlief der Wachhund, ließ Lehman Brother zusammenbrechen und Milliardenbetrüger wie Bernard Madoff ihr Unwesen treiben.
    Unter SEC-Chefin Mary Schapiro nach der Lehman-Pleite dann die Wiederauferstehung der Börsenaufsicht: Banken zahlten Millionen-Strafen, es hagelte mehr Prozesse als je zuvor in der Geschichte der Behörde - und die SEC gestaltete die "Dodd Frank"-Wall Street Reform mit. Zuletzt schien die Behörde tief gespalten und scheiterte an einer Regulierung für Geldmarktfonds. Das werde sich unter Elisse Walter noch verstärken. Neil Barofsky, ehemaliger Aufseher des US Bankenrettungsfonds TARP.

    "Schapiro tritt ab, Walter steigt auf, aber der frei werdende Posten wird nicht sofort neu besetzt. Also haben wir anstatt fünf Kommissionären, eine 'zwei-zwei'-Situation. Demokraten und Republikaner. Entscheidungen werden im Schneckentempo getroffen."

    Barofsky selbst gilt als ein langfristiger Favorit für den Chefsessel. Genauso wie SEC-Chefermittler Robert Khuzami oder Mary Miller Staatssekretärin im Finanzministerium. Es hält sich die Meinung, dass die unscheinbare Elisse Walter nur eine Übergangslösung sei. Auch weil Barack Obama für ihre Aufstellung keine Kongresszustimmung brauche. Der Präsident habe sich mit der Ernennung Zeit erkauft, meint Richard Sylla:

    "Mal ehrlich: Wir haben gerade eine Wahl hinter uns gebracht. Er hat genug zu tun sein Kabinett ordentlich aufzustellen. Sie ist keine Figur die gerne in der Öffentlichkeit steht, hat keine Bekanntheit innerhalb des Landes. Sicher hat sie eine Menge Wissen, aber sie ist auch keine dynamische Führungskraft, ich sehe sie nur als Interims-Chefin."

    Eine neue Person für den SEC-Chefsessel kann der Präsident jederzeit ernennen. Elisse Walters Amtszeit läuft vorerst höchstens bis Ende 2013, danach wäre eine Abstimmung des US-Kongresses nötig.