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Stadelmeier: "Es gibt gute Gründe, das Monopol weiter aufrecht zu erhalten."

Der Leiter der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Martin Stadelmeier, hat sich für ein Fortbestehen des staatlichen Monopols auf Lotto und Sportwetten ausgesprochen. Damit könne man illegales Glücksspiel und die damit verbundenen kriminellen Machenschaften wirksam bekämpfen.

Martin Stadelmeier im Gespräch mit Christoph Heinemann |
    Christoph Heinemann: Millionen spielen Lotto, oder wetten auf die Ergebnisse der Fußball-Bundesliga. Es ist ein Milliarden-Geschäft. Bislang weitgehend unter Kontrolle des Staates, von Pferdewetten zum Beispiel abgesehen. Es gibt sogar einen Glücksspiel-Staatsvertrag, in dem das Monopol festgehalten ist. Jetzt bringt der EuGH dieses staatliche Monopol in Deutschland ins Wanken.

    Demnächst wird der Glücksspiel-Staatsvertrag geändert, Ende 2011 läuft er aus. Vorbereitet wird das unter anderem vom Leiter der Staatskanzlei in Rheinland-Pfalz, von Martin Stadelmeier (SPD). Guten Morgen!

    Martin Stadelmeier: Guten Morgen.

    Heinemann: Herr Stadelmeier, wann fällt das staatliche Monopol auf Lotto und Sportwetten in Deutschland?

    Stadelmeier: Ich glaube, wenn es nach der Mehrheit der Länder geht, dann wird es nicht fallen, sondern wir müssen es jetzt konsequent ausgestalten. Dafür hat der Europäische Gerichtshof Hinweise gegeben. Es gibt gute Gründe, das Monopol weiter aufrecht zu erhalten. Allerdings müssen Korrekturen vorgenommen werden, wie es in Ihrem Beitrag dargestellt worden ist.

    Heinemann: Welche?

    Stadelmeier: Zum einen ist der Bund gefordert, endlich bei den Spielhöllen etwas zu tun. Das ist ein Streit, den es zwischen Bund und Ländern lange gibt. Die Länder haben den Bund dazu aufgefordert, wie auf anderen Politikfeldern auch ist die Bundesregierung nicht in der Lage, dort vernünftig zu handeln. Aber wir müssen auch den Bereich der Werbung neu justieren. Wir befinden uns auf einem schmalen Grat, auf der einen Seite für Lotto/Toto zu werben, auf der anderen Seite aber auch darauf hinzuweisen, dass es legale Möglichkeiten gibt, sein Glück im Spiel zu versuchen. Diese beiden Ansprüche müssen zueinander gebracht werden. Der Europäische Gerichtshof hat den Eindruck gehabt, dass uns dies noch nicht gelungen ist, und darüber werden wir zu reden haben.


    Heinemann: Was heißt "Werbung neu regeln"?

    Stadelmeier: Der Europäische Gerichtshof hat gesagt, die Lotto-Annahmestellen beispielsweise haben eine zu offensive Werbung, und da müssen wir neue Richtlinien finden, die deutlich machen, dass wir die Leute nicht zum Spiel auffordern und insofern einen Beitrag zur Spielsucht leisten, sondern dass wir denjenigen, die spielen wollen, eine legale Möglichkeit geben zu spielen.

    Heinemann: Wird aber jetzt ja schon getan, zum Beispiel in den Lotto-Annahmestellen mit Riesenplakaten des Jackpots, um damit eben Spieler anzulocken.

    Stadelmeier: Das ist sicherlich ein Punkt, über den wir zu reden haben. Auf der anderen Seite wird, seitdem wir den Glücksspiel-Staatsvertrag haben, sehr deutlich darauf hingewiesen, dass von bestimmten Glücksspielarten auch eine Suchtgefahr ausgehen kann.

    Heinemann: Und das hieße dann auch, dass zum Beispiel Werbung im Internet eingeschränkt werden soll?

    Stadelmeier: Im Augenblick ist es ja so, dass Glücksspiel im Internet überhaupt nicht zulässig ist. Insofern haben wir dort keine Werbung. Wir werden auch dort genau schauen müssen. Ich glaube, dass es notwendig ist, das Spiel im Internet zuzulassen. Das entspricht einer Nutzungsgewohnheit. Dazu gehört dann allerdings auch, dass dafür nicht offensiv geworben werden darf.

    Heinemann: Herr Stadelmeier, warum muss das Glück in Deutschland staatlich geregelt werden?

    Stadelmeier: Das hat vor allen Dingen den Grund, dass wir Glücksspiel-Sucht und Kriminalität erfolgreich bekämpfen wollen. Wenn Sie sich anschauen, was sich beispielsweise im Bereich der Sportwetten abspielt, welchen Manipulationsversuchen sich beispielsweise der Deutsche Fußballbund und die Deutsche Fußball-Liga ausgesetzt sehen, wie die Integrität des Sports durch Wetten, beispielsweise dass ein Schiedsrichter in der soundsovielten Minute eine Rote Karte zeigt, dass es einen Elfmeter in der soundsovielten Minute gibt, das sind alles Attacken auf die Integrität des Sports mit zum Teil kriminellem Charakter, die muss man verhindern. Im Glücksspiel wird sehr viel Geld verdient und insofern ist die Neigung dort auch sehr groß, illegal zu handeln. Das kann man aus meiner Sicht nur mit einem staatlichen Monopol, einer staatlichen Kontrolle wirksam verhindern.

    Heinemann: Viel Geld wird auch bei Pferdewetten verdient und bei Glücksspiel-Automaten. Die sind aber in privaten Spielhöllen möglich.

    Stadelmeier: Die sind bisher in privaten Spielhöllen möglich. Die Bundesregierung hat auf diesem Gebiet seit Jahren nicht das getan, was notwendig ist. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes ist insofern eine schallende Ohrfeige für diese Untätigkeit.

    Heinemann: Herr Stadelmeier, ich äußere jetzt mal eine Vermutung. Die Spielsucht nimmt der Staat billigend in kauf, solange er die Kohle bekommt.

    Stadelmeier: Nein, so ist das nicht. Gerade mit dem letzten Glücksspiel-Staatsvertrag ist sehr viel für Menschen getan worden, die der Spielsucht unterliegen. Sie haben recht: Der Staat schöpft einen erheblichen Teil der Gewinne ab, die aus Wetten und Lotterien gemacht werden, aber er steckt sie in außerordentlich sinnvolle Projekte, beispielsweise in die Jugendarbeit, in den Sport, in kulturelle Aktivitäten vor allen Dingen für junge Menschen. Und ich finde, wenn man in einem Sportverein ist, wenn man Theater spielen kann, dann ist das auch ein Teil der Prävention, anstatt sich in Spielhöllen herumzutreiben.

    Heinemann: Und um dieses Geld geht es dem Staat auch in Zukunft?

    Stadelmeier: Um dieses Geld geht es dem Staat auch in Zukunft und aus meiner Sicht völlig zurecht, weil es zu einer breiten Prävention und gesellschaftlich akzeptierten Arbeit gehört. Stellen Sie sich nur einmal vor, dass wir einen erheblichen Teil der Sportförderung von Amateurvereinen künftig einstellen müssten, was dann los wäre auch bei Deutschlandradio.

    Heinemann: Private Wettstuben schießen in Deutschland in den Städten - das kann ja jeder Bürger sehen - wie Pilze aus dem Boden, und die Ordnungsämter können gar nicht so schnell hinterher. Wie kann diesem Wildwuchs beigekommen werden?

    Stadelmeier: Nur durch konsequentes Vorgehen. Wir haben in Rheinland-Pfalz den größten Teil dieser Sportwett-Buden dichtgemacht und ich hoffe, dass wir jetzt auch die vertragliche Grundlage in diesem Bereich weiter so präzisieren können, dass das auch künftig möglich ist, denn das ist ein Ärgernis für die Bürgerinnen und Bürger. Das sind häufig auch Orte, wo sich Nebenkriminalität entwickelt, und da müssen wir entschlossen und entschieden vorgehen.

    Heinemann: Martin Stadelmeier (SPD), der Leiter der Staatskanzlei in Rheinland-Pfalz. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören!

    Stadelmeier: Ich danke Ihnen!