Breker: In der Frage, soll man die NPD verbieten, waren sich anfangs eigentlich alle einig. Alle bis auf die Freien Demokraten, die nämlich von Beginn an gegen den Versuch, die rechtsextremistische, rassistische NPD zu verbieten. Am Telefon begrüße ich nun den innenpolitischen Sprecher der Freien Demokratischen Bundestagsfraktion, Herrn Max Stadler. Guten Tag Herr Stadler.
Stadler: Guten Tag.
Breker: Das peinliche Verfahren in Sachen NPD-Verbot ist für die FDP aber kein Anlass zur Schadenfreude.
Stadler: Nein, überhaupt nicht. Damit gar kein Zweifel aufkommt: Die NPD ist eine rechtsextreme Partei und es gilt diese Partei mit allen politischen Mitteln zu bekämpfen. Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus darf in Deutschland keine Chance haben. Unsere Befürchtung war nur immer, dass eine juristische Bekämpfung einer solchen Partei wohlmöglich nicht das richtige Mittel ist. Da fühlen wir uns leider bestätigt, aber ohne jede Genugtuung, denn der Schaden für die Demokratie ist groß.
Breker: Was soll denn aus Ihrer Sicht jetzt geschehen, Herr Stadler? Die anderen sind ja weiterhin entschlossen, die NPD verbieten zu lassen, und der ehemalige Verfassungsgerichtspräsident, Ernst Benda, sagt, dass nun für das Gericht völlig neue prozessuale- und materielle Rechtsfragen anstehen. Heißt das, dass man ganz von vorne anfangen muss?
Stadler: Ja. Diese Aussage des Gerichts wird von Herrn Bender ja in die Richtung gedeutet, dass möglicherweise der bisherige Antrag des Bundestags, der Antrag des Bundesrats und der Antrag der Bundesregierung nicht so formuliert sind, dass das Verfahren zu einem Erfolg führen kann, sondern dass möglicherweise der Eröffnungsbeschluss aufgehoben wird. Aus diesem Grund plädieren wir für Gespräche über die sicherlich nicht leicht zu beurteilende Frage, ob man diese fehlerhaften Anträge, wo V-Leute genannt sind, auf die man sich allerdings nicht offen bezogen hat - somit ist das Gericht in gewisser Weise falsch informiert gewesen - nicht besser zurücknehmen sollte. Dann wäre die Entscheidung zu treffen, ob man neue Anträge formuliert, die dann selbstverständlich korrekt ausfallen müssen, oder ob man nicht doch den ursprünglichen Gedanken der FDP aufgreift, die NPD mit allen Mitteln politisch zu bekämpfen, gegen Extremismus, insbesondere durch Aufklärung in der Jugend, zu wirken und das Verbotsverfahren sein zu lassen.
Breker: Herr Stadler, Sie haben es gesagt: Es geht um die Frage der V-Leute. Das kann man anders formulieren: Es geht eigentlich darum, ob der Verfassungsschutz produziert, was er da beobachtet. Aber das glaubt doch keiner?
Stadler: Nein. Selbstverständlich gehe auch ich davon aus, dass nicht alles was in der NPD gesagt wird von V-Leuten formuliert wird, sondern die NPD ist sehr wohl eine real existierende rechtsextreme Partei. Aber für die Beweisführung aufgrund der jetzt vorliegenden Antragsschriften muss das Bundesverfassungsgericht ja prüfen, ob denn die dort zitierten Äußerungen der Partei NPD wirklich zuzurechnen sind oder ob sie von V-Leuten stammen und somit der NPD gar nicht oder nur bedingt zugerechnet werden können. Und das ist das Problem vor dem das Gericht steht. Deswegen ist Karlsruhe offenbar so erbost, dass die V-Manneigenschaft nicht offengelegt worden ist. Somit stehen wir vor der Situation, dass wirklich bemakeltes Beweismaterial, wie die Juristen sagen, vorgelegt worden ist, und wir befürchten müssen, dass dieses Verfahren auf diese Weise keinen Erfolg hat.
Breker: Sie haben das erboste Verfassungsgericht angesprochen. Herr Stadler, liegt es möglicherweise daran, dass man nicht feinfühlig genug mit Karlsruhe umgegangen ist?
Stadler: Eigentlich wäre das eine Selbstverständlichkeit gewesen, aber diejenigen, die den Verbotsantrag vorbereitet haben, haben offenbar die Brisanz nicht richtig eingeschätzt. Das ging los beim Innenminister Behrens in Nordrhein-Westfalen, der ja sagte, dass er seit April 2001 Kenntnis von diesem ersten V-Mann, über den letzte Woche die Öffentlichkeit informiert worden ist, aber meinte, dass es rechtlich ohne Bedeutung sei, weil dieser ja als V-Mann schon ausgeschieden sei. Das Bundesverfassungsgericht sieht dies offenbar anders. Hier scheinen im Vorfeld juristische Fehlbewertungen bei denen, die diese Anträge formuliert haben, vorzuliegen.
Breker: Da stellt sich dann die Frage: Wie verantwortlich ist denn ein Minister für die Fehler seiner Abteilungsleiter?
Stadler: Die Ministerverantwortlichkeit ist eine alte Frage. Es gibt Fälle, wo ein Minister sich persönlich gar nichts zu Schulden kommen lässt, aber für Fehler seines Ministeriums politisch haftet. Sie spielen damit natürlich auf Rücktrittsforderungen an, die insbesondere schon gegen Herrn Schily erhoben worden sind. Ich persönlich muss sagen, dass ich auch Verantwortlichkeit bei einigen Länder-Innenministern, die an diesem Verfahren maßgeblich beteiligt waren. Ich persönlich möchte eine politische Bewertung erst vornehmen, wenn weitere Informationen vorliegen, die dem Innenausschuss des Bundestags für Mittwoch dieser Woche zugesagt worden sind.
Breker: So ganz allgemein, Herr Stadler, fragt man sich ja, ob wir vielleicht zu wenig demokratisches Selbstbewusstsein haben, als dass wir diese Partei lassen könnten wo sie ist. Und dann stellt sich wiederum die Frage: Wer außer der CSU hat denn politisch überhaupt ein Interesse daran, dass rechts außen etwas verboten wird?
Stadler: Ich persönlich glaube, dass die Demokratie in Deutschland so gefestigt ist, dass wir mit extremen Parteien - mit einer rechtsextremen Partei wie der NPD - fertig werden, ohne dass man juristische Mittel, wie ein Parteiverbot, benutzen muss. Es ist ja auch kein Zufall, dass seit 1956 nie wieder von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht worden ist. Auch nicht gegen die NPD, die es immerhin schon seit den 60-er Jahren gibt. Bisher gab es doch die allgemeine Meinung, dass es ausreiche, solche Parteien politisch zu bekämpfen. Ich darf auch darauf hinweisen: Wenn Mitglieder einer solchen Partei Straftaten begehen, die einen rechtsextremen Hintergrund und eine rechtsextreme Motivation haben, dann sind sie ja nicht durch ihre Parteimitgliedschaft vor Strafverfolgung geschützt, sondern müssen mit aller Konsequenz und Härte strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Die strafrechtliche Verfolgung der einzelnen Straftäter und die politische Auseinandersetzung mit einer extremen Partei sind nach Meinung der FPD die richtigen Mittel der Auseinandersetzung.
Breker: Aber die, die dieses Verbotsverfahren begonnen haben, die kommen doch davon nicht mehr los.
Stadler: Ja. Da ist man in der Tat in einem Dilemma. Wenn man ein solches Verfahren einmal beginnt, dann wird es als Gesichtsverlust gewertet, wenn man später wieder davon Abstand nimmt. Das war der Grund unserer frühzeitigen Warnung. Es könnte dies geradezu als Persilschein für die NPD empfunden werden, was allerdings diejenigen zu verantworten haben, die das Verfahren damals mit aller Vehemenz in Gang gesetzt haben. Man erinnert sich ja, dass man mit einer Gegenposition beinahe in den Verdacht geraten ist, es mit der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus nicht so ernst zu nehmen. Das weise ich natürlich entschieden zurück, aber ich glaube, es wäre gleichwohl klüger, jetzt zumindest die vorliegenden Anträge zurückzuziehen, als sich auch noch eine juristische Niederlage in Karlsruhe einzuhandeln.
Breker: Im Deutschlandfunk war das der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Max Stadler.
Stadler: Guten Tag.
Breker: Das peinliche Verfahren in Sachen NPD-Verbot ist für die FDP aber kein Anlass zur Schadenfreude.
Stadler: Nein, überhaupt nicht. Damit gar kein Zweifel aufkommt: Die NPD ist eine rechtsextreme Partei und es gilt diese Partei mit allen politischen Mitteln zu bekämpfen. Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus darf in Deutschland keine Chance haben. Unsere Befürchtung war nur immer, dass eine juristische Bekämpfung einer solchen Partei wohlmöglich nicht das richtige Mittel ist. Da fühlen wir uns leider bestätigt, aber ohne jede Genugtuung, denn der Schaden für die Demokratie ist groß.
Breker: Was soll denn aus Ihrer Sicht jetzt geschehen, Herr Stadler? Die anderen sind ja weiterhin entschlossen, die NPD verbieten zu lassen, und der ehemalige Verfassungsgerichtspräsident, Ernst Benda, sagt, dass nun für das Gericht völlig neue prozessuale- und materielle Rechtsfragen anstehen. Heißt das, dass man ganz von vorne anfangen muss?
Stadler: Ja. Diese Aussage des Gerichts wird von Herrn Bender ja in die Richtung gedeutet, dass möglicherweise der bisherige Antrag des Bundestags, der Antrag des Bundesrats und der Antrag der Bundesregierung nicht so formuliert sind, dass das Verfahren zu einem Erfolg führen kann, sondern dass möglicherweise der Eröffnungsbeschluss aufgehoben wird. Aus diesem Grund plädieren wir für Gespräche über die sicherlich nicht leicht zu beurteilende Frage, ob man diese fehlerhaften Anträge, wo V-Leute genannt sind, auf die man sich allerdings nicht offen bezogen hat - somit ist das Gericht in gewisser Weise falsch informiert gewesen - nicht besser zurücknehmen sollte. Dann wäre die Entscheidung zu treffen, ob man neue Anträge formuliert, die dann selbstverständlich korrekt ausfallen müssen, oder ob man nicht doch den ursprünglichen Gedanken der FDP aufgreift, die NPD mit allen Mitteln politisch zu bekämpfen, gegen Extremismus, insbesondere durch Aufklärung in der Jugend, zu wirken und das Verbotsverfahren sein zu lassen.
Breker: Herr Stadler, Sie haben es gesagt: Es geht um die Frage der V-Leute. Das kann man anders formulieren: Es geht eigentlich darum, ob der Verfassungsschutz produziert, was er da beobachtet. Aber das glaubt doch keiner?
Stadler: Nein. Selbstverständlich gehe auch ich davon aus, dass nicht alles was in der NPD gesagt wird von V-Leuten formuliert wird, sondern die NPD ist sehr wohl eine real existierende rechtsextreme Partei. Aber für die Beweisführung aufgrund der jetzt vorliegenden Antragsschriften muss das Bundesverfassungsgericht ja prüfen, ob denn die dort zitierten Äußerungen der Partei NPD wirklich zuzurechnen sind oder ob sie von V-Leuten stammen und somit der NPD gar nicht oder nur bedingt zugerechnet werden können. Und das ist das Problem vor dem das Gericht steht. Deswegen ist Karlsruhe offenbar so erbost, dass die V-Manneigenschaft nicht offengelegt worden ist. Somit stehen wir vor der Situation, dass wirklich bemakeltes Beweismaterial, wie die Juristen sagen, vorgelegt worden ist, und wir befürchten müssen, dass dieses Verfahren auf diese Weise keinen Erfolg hat.
Breker: Sie haben das erboste Verfassungsgericht angesprochen. Herr Stadler, liegt es möglicherweise daran, dass man nicht feinfühlig genug mit Karlsruhe umgegangen ist?
Stadler: Eigentlich wäre das eine Selbstverständlichkeit gewesen, aber diejenigen, die den Verbotsantrag vorbereitet haben, haben offenbar die Brisanz nicht richtig eingeschätzt. Das ging los beim Innenminister Behrens in Nordrhein-Westfalen, der ja sagte, dass er seit April 2001 Kenntnis von diesem ersten V-Mann, über den letzte Woche die Öffentlichkeit informiert worden ist, aber meinte, dass es rechtlich ohne Bedeutung sei, weil dieser ja als V-Mann schon ausgeschieden sei. Das Bundesverfassungsgericht sieht dies offenbar anders. Hier scheinen im Vorfeld juristische Fehlbewertungen bei denen, die diese Anträge formuliert haben, vorzuliegen.
Breker: Da stellt sich dann die Frage: Wie verantwortlich ist denn ein Minister für die Fehler seiner Abteilungsleiter?
Stadler: Die Ministerverantwortlichkeit ist eine alte Frage. Es gibt Fälle, wo ein Minister sich persönlich gar nichts zu Schulden kommen lässt, aber für Fehler seines Ministeriums politisch haftet. Sie spielen damit natürlich auf Rücktrittsforderungen an, die insbesondere schon gegen Herrn Schily erhoben worden sind. Ich persönlich muss sagen, dass ich auch Verantwortlichkeit bei einigen Länder-Innenministern, die an diesem Verfahren maßgeblich beteiligt waren. Ich persönlich möchte eine politische Bewertung erst vornehmen, wenn weitere Informationen vorliegen, die dem Innenausschuss des Bundestags für Mittwoch dieser Woche zugesagt worden sind.
Breker: So ganz allgemein, Herr Stadler, fragt man sich ja, ob wir vielleicht zu wenig demokratisches Selbstbewusstsein haben, als dass wir diese Partei lassen könnten wo sie ist. Und dann stellt sich wiederum die Frage: Wer außer der CSU hat denn politisch überhaupt ein Interesse daran, dass rechts außen etwas verboten wird?
Stadler: Ich persönlich glaube, dass die Demokratie in Deutschland so gefestigt ist, dass wir mit extremen Parteien - mit einer rechtsextremen Partei wie der NPD - fertig werden, ohne dass man juristische Mittel, wie ein Parteiverbot, benutzen muss. Es ist ja auch kein Zufall, dass seit 1956 nie wieder von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht worden ist. Auch nicht gegen die NPD, die es immerhin schon seit den 60-er Jahren gibt. Bisher gab es doch die allgemeine Meinung, dass es ausreiche, solche Parteien politisch zu bekämpfen. Ich darf auch darauf hinweisen: Wenn Mitglieder einer solchen Partei Straftaten begehen, die einen rechtsextremen Hintergrund und eine rechtsextreme Motivation haben, dann sind sie ja nicht durch ihre Parteimitgliedschaft vor Strafverfolgung geschützt, sondern müssen mit aller Konsequenz und Härte strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Die strafrechtliche Verfolgung der einzelnen Straftäter und die politische Auseinandersetzung mit einer extremen Partei sind nach Meinung der FPD die richtigen Mittel der Auseinandersetzung.
Breker: Aber die, die dieses Verbotsverfahren begonnen haben, die kommen doch davon nicht mehr los.
Stadler: Ja. Da ist man in der Tat in einem Dilemma. Wenn man ein solches Verfahren einmal beginnt, dann wird es als Gesichtsverlust gewertet, wenn man später wieder davon Abstand nimmt. Das war der Grund unserer frühzeitigen Warnung. Es könnte dies geradezu als Persilschein für die NPD empfunden werden, was allerdings diejenigen zu verantworten haben, die das Verfahren damals mit aller Vehemenz in Gang gesetzt haben. Man erinnert sich ja, dass man mit einer Gegenposition beinahe in den Verdacht geraten ist, es mit der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus nicht so ernst zu nehmen. Das weise ich natürlich entschieden zurück, aber ich glaube, es wäre gleichwohl klüger, jetzt zumindest die vorliegenden Anträge zurückzuziehen, als sich auch noch eine juristische Niederlage in Karlsruhe einzuhandeln.
Breker: Im Deutschlandfunk war das der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Max Stadler.