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Stadler: Bundesregierung muss Stellung beziehen

Hat der BND die USA im Irak-Krieg unterstützt, wie es mehrere Medien gemeldet haben? Der FDP-Politiker Max Stadler meint, es wäre ein handfester politischer Skandal, wenn sich diese Vorwürfe bewahrheiten würden. Das Entscheidende sei der Vorwurf an die Regierung Schröder, sich als Kriegsgegnerin dargestellt aber anders gehandelt zu haben.

Moderation: Elke Durak |
    Elke Durak: Max Stadler ist nun am Telefon. Er ist FDP-Innenexperte, Mitglied auch im Ausschuss des Bundestages. Herr Stadler, wäre der Unterschied wirklich entscheidend, ob wie der BND sagt, nur Koordinaten gemeldet werden, die nicht ausdrücklich bombardiert werden sollen, oder ob man generell an der Auswahl von Bombardierungszielen beteiligt war?

    Max Stadler: Nein, das entscheidende an der ganzen Angelegenheit ist doch der Vorwurf gegen die damalige Bundesregierung, dass sie sich in der Öffentlichkeit dargestellt hat als erklärte Kriegsgegnerin und immer wieder bekundet hat, sich in keiner Weise am Irakkrieg zu beteiligen.

    Durak: Militärisch.

    Stadler: Ja. Militärisch. Und dass nun Vorwürfe im Raum stehen, dass Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes konkrete Informationen an die Amerikaner übermittelt hätten. Das ist eine Diskrepanz zwischen der öffentlichen Darstellung der damaligen Regierung und dem tatsächlichen Handeln, die ein handfester politischer Skandal wäre, wenn sich dies tatsächlich so erweisen würde.

    Durak: Halten Sie es für möglich, dass der BND ohne politische Rückendeckung gehandelt hat?

    Stadler: Ich will nicht spekulieren, sondern das ist eine der Fragen, die jetzt dringend geklärt werden müssen. Hat hier sich das wirklich so zugetragen wie es in der Öffentlichkeit jetzt berichtet wird? Hat der BND auf eigene Faust gehandelt? Oder gab es dafür politische Rückendeckung? Das alles wollen wir wissen. Die Öffentlichkeit hat einen Anspruch darauf, dies zu erfahren. Denn es geht um sehr massive Vorwürfe. Die FDP hat daher sofort beantragt, dass die Bundesregierung im Innenausschuss und im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags Stellung bezieht. Dann werden wir die Vorgänge politisch bewerten.

    Durak: Was die Konsequenzen betrifft, spielt es ja schon eine Rolle, ob es politische Rückendeckung gab. Der derzeitige Außenminister ist schon wieder im Gespräch, Frank-Walter Steinmeier. Welche politisch-personellen Konsequenzen müsste es haben, wenn es politische Rückendeckung gab?

    Stadler: Die Fairness gebietet es, dass wir keine Vorverurteilungen vornehmen. Es sind jetzt massive Vorwürfe erhoben worden, von denen natürlich auch Herr Steinmeier betroffen ist. Nun ist es Sache der Bundesregierung, dazu Stellung zu beziehen. Und wir werden aber hier ganz genau alles überprüfen. Mit allen Möglichkeiten, die ein Parlament hat. Und dann wird man am Ende sehen, ob die jetzige Vermutung zutrifft, die sich leider aufdrängt, dass Sein und Schein bei der damaligen Bundesregierung weit auseinandergelegen sind.

    Durak: Ihre Möglichkeiten, Herr Stadler, im Parlament, beschränken sich auf den Untersuchungsausschuss?

    Stadler: Nein, zunächst einmal wollen wir in den zuständigen Ausschüssen, im Innenausschuss, im Auswärtigen Ausschuss am Mittwoch Auskunft von der Bundesregierung erhalten. Es wird eine aktuelle Stunde geben. Auch da hat die Öffentlichkeit Gelegenheit, sich ein eigenes Bild zu machen. Und wir haben auch noch die Möglichkeit natürlich uns vorbehalten, einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Auch darüber wird nächste Woche zu entscheiden sein.

    Durak: Werden die Geheimdienste hinreichend kontrolliert, frage ich den Parlamentarier in Ihnen. Es gibt den parlamentarischen Kontrollausschuss, der ist zur Geheimhaltung verpflichtet. Müsste also in einem solchen Fall nicht die Geheimhaltung aufgegeben werden?

    Stadler: Hier geht es, meiner Meinung nach, nicht um das Versagen eines Geheimdienstes. Sondern es geht um die politische Frage, wie hat sich die politische Führung unseres Landes im Irakkrieg verhalten? Ist es so, wie es jetzt nach den Veröffentlichungen erscheint, dass sie in der Öffentlichkeit ein anderes Bild von ihrer eigenen Haltung geweckt hat als mit dem tatsächlichen Verhalten in Einklang zu bringen war? Und dies sind Fragen, die nicht in ein Geheimdienstkontrollgremium gehören, sondern das sind eminent politische Fragen, die das Parlament erörtern muss.

    Durak: Ich höre aber aus Ihren Worten heraus, dass Sie im Grunde davon ausgehen, dass es eine politische Rückendeckung gab.

    Stadler: So wird es ja zumindest teilweise berichtet. Und es ist jetzt Sache der damals Verantwortlichen, dazu Stellung zu beziehen. Wie gesagt, wir sind jetzt im Bereich dessen, dass Hypothesen vorliegen, die sind jetzt zu überprüfen. Aber ich sage noch einmal, die Vorwürfe um die es geht, sind sehr massiv. Und deswegen ist die jetzige Bundesregierung gut beraten, sofort und vollständig die Öffentlichkeit über alle Vorgänge zu informieren.

    Durak: Das werden wir dann gerne mit tun. Danke schön, Max Stadler, FDP-Innenexperte, hier bei uns im Deutschlandfunk-Interview.