Archiv


Stadler: Vermutungen über CSU-Spendenaffäre derzeit ohne Grundlage

Engels: Einer, der sowohl bayerische Verhältnisse der letzten Jahrzehnte kennt als auch von Berufs wegen mit den großen Schmiergeldaffären der letzten Jahre zu tun hat, ist Max Stadler. Er ist Bundestagsabgeordneter aus Bayern und innenpolitischer Sprecher der FDP, zudem war er Mitglied des Untersuchungsausschusses zur CDU-Spendenaffäre in der letzten Legislaturperiode. Am Telefon ist er nun auch noch, grüß Gott, Herr Stadler.

    Stadler: Grüß Gott.

    Engels: Offiziell geht es ja in dem Prozess um Steuerhinterziehung, aber Max Strauß gilt auch als Nebenfigur im Dickicht der großen Schmiergeldverflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft. Wie ordnen Sie diesen Prozess ein?

    Stadler: Wir beobachten ihn mit großem Interessen, denn der Vorwurf gegen Max Strauß lautet ja, dass er Provisionen erhalten habe von Schreiber und diese nicht versteuert. Er bestreitet diesen Vorwurf und es hat immer die Vermutung gegeben, dass wenn die Version von Strauß zutrifft, dass die Gelder in Wahrheit gar nicht für ihn bestimmt waren, möglicherweise sich um verdeckte Spenden an die CSU gehandelt haben soll. Deswegen war das ein Thema für den Spendenuntersuchungsausschuss, aber man muss auch fairerweise sagen, dass dieser Vorwurf bisher nicht bewiesen worden ist.

    Engels: Sehen Sie denn eine Chance, dass möglicherweise in diesem Prozess Erkenntnisse zutage kommen, die nach der CDU- möglicherweise dann wirklich eine CSU-Spendenaffäre lostreten könnten?

    Stadler: Ich bin da eher skeptisch, aber man muss natürlich die Zeugenaussagen abwarten, es sind einige Zeugen geladen, die auch im damaligen Parteispendenuntersuchungsausschuss vorgeladen waren und ausgesagt haben. Aber man muss ganz klar eines sehen: Selbst wenn die Verteidigungsversion von Max Strauß, dass er nicht der Steuerhinterziehung schuldig ist, nicht widerlegt wird in diesem Prozess, wir wissen ja nicht, wie es ausgeht, ist noch nicht automatisch der Beweis erbracht, dass es um Spenden an die CSU geht, so dass man hier einen zwingenden Rückschluss eben nicht ziehen könnte. Insofern bin ich skeptisch, ob das Ergebnis des damaligen Parteispendenuntersuchungsausschusses durch diesen Prozess korrigiert wird.

    Engels: Der Waffenlobbyist Schreiber ist eine Kernfigur der CDU-Spendenaffäre, er wehrt sich nach wie vor in Kanada gegen seine Auslieferung. Ist in diesem Prozess auch etwas Neues über diese dubiose Figur Schreiber zu erwarten?

    Stadler: Mit ihm verhält es sich eben so, dass er viele Angaben gemacht hat, die zu Nachforschungen Anlass gegeben haben, aber im Parteispendenuntersuchungsausschuss ist er doch überwiegend als einer bewertet worden, bei dem man nicht Recht weiß, ob das, was er sagt, am Ende der Wahrheit entspricht. Das war auch die Bewertung in den kritischen und seriösen Medien. Trotzdem muss natürlich jede Zeugenaussage in jedem einzelnen Verfahren wieder neu bewertet werden. Aber unser Ausschuss hat seine Glaubwürdigkeit doch eher mit Vorsicht bewertet. Auf jemanden wie Schreiber alleine kann man vermutlich eine Verurteilung nicht stützen.

    Engels: Nun sagen Beobachter, Max Strauß steht vor Gericht, aber möglicherweise steht das Finanzierungssystem seines Vaters Franz Josef Strauß eigentlich im Mittelpunkt des Prozesses. Könnte das Denkmal von FJS ins Wackeln geraten?

    Stadler: Das sind Vermutungen, die man bei diesem gesamten Wirrwarr anstellt. Das Ganze hat viele Facetten, aber in Augsburg wird über den strafrechtlichen Vorwurf gegen Max Strauß verhandelt, dieser ist beschränkt auf die Steuerhinterziehung und darüber wir entschieden werden. Ich glaube, damit kann nur ein Teilausschnitt des gesamten Komplexes in Augsburg beleuchtet werden und es werden am Ende keine Rückschlüsse auf andere Sachverhalte gezogen werden können. Daher glaube ich, dies wird alles im Bereich der Spekulation bleiben.

    Engels: Sie kennen Max Strauß auch persönlich, wagen Sie eine Prognose darüber, wie er im Prozess auftreten wird und auch über seinen Gesundheitszustand?

    Stadler: Ich war früher Landesvorsitzender der FDP in Bayern und habe ihn flüchtig kennengelernt. Ich kennen ihn nicht so gut, dass ich eine solche Prognose abgeben könnte, aber mir scheint eines noch wichtig: es mag sein, dass Herr Strauß krank ist und seine Verhandlungsfähigkeit müssen Ärzte und Richter bewerten, das kann man nicht von außen. Aber für die Justiz in Bayern und auch für Strauß wäre es gut, wenn dieser Prozess ohne Unterbrechung über die Bühne gehen könnte und wenn es so oder so zu einem Urteil kommen könnte, denn als das erste private Gutachten bekannt wurde, haben viele Leute in Bayern gesagt, da sieht man es mal, wenn jemand bekannt oder populär ist oder einen populären Vater hat, dann kommt er um einen Prozess herum. Das mag ungerecht gewesen sein, aber es wäre gut, wenn ganz klar würde: Vor Gericht wird jeder gleich behandelt. Und ich glaube bei dem Augsburger Landgericht ist dieser Wunsch in besten Händen und Max Strauß wünsche ich, dass er wirklich so gesund ist, dass er diesen Prozess durchsteht, damit es zu einer Entscheidung in der Sache selber kommt und nicht zu einer Einstellung wegen Krankheit.

    Engels: Besten Dank. Max Stadler, Bundestagsabgeordneter aus Bayern und innenpolitischer Sprecher der FDP, zudem war er Mitglied des Untersuchungsausschusses zur CDU-Spendenaffäre in der letzten Legislaturperiode.