Montag, 13. Mai 2024

Archiv

Stadt und Kultur
„Künstlerinnen und Stadtplaner müssen voneinander lernen“

Stadtplanung bedeutet oft langwierige, ermüdende Prozesse. Kunst dagegen könne Themen zuspitzen und auch non-verbal formulieren, sagte Stadtplanerin Isabel Maria Finkenberger im Dlf. "Wir brauchen andere Meinungen, die uns wachrütteln."

Isabel Maria Finkenberger im Corsogespräch mit Ulrich Biermann | 03.07.2019
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
Kunst kann in der Stadtplanung helfen und langwierige Prozesse entzerren, glaubt Stadtplanerin Isabel Maria Finkenberger. (Schauspiel Köln/Mirko Plengemeyer)
"Die Welt ist schneller geworden, die Stadt ist schneller geworden", sagt Isabel Maria Finkenberger. "Wir leben in einer globalisierten Umwelt." Die Stadtplanerin und Architektin war von 2015 bis 2017 künstlerische Leiterin des Pilot- und Stadtprojektes "Die Stadt von der anderen Seite sehen" am Schauspiel Köln, nun lehrt sie Stadtplanung, urbane Transformation und innovative Prozessgestaltung an der FH Aachen.
Seit Jahrzehnten wird über die Unwirtklichkeit von Städten geklagt, und schon der Mediziner und Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich formulierte die Vision einer lebenswerten, solidarischen Stadt. Diese Vision sei noch immer aktuell, meint Finkenberger. "Wir müssen sie nur an die aktuellen Zeiten anpassen." Die Zahl der Akteure im Prozess des "Stadtmachens" sei größer, die Probleme seien komplexer geworden.
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
"Komplizenschaft Raumfähre", ein Projekt im Rahmen von "Die Stadt von der anderen Seite sehen" (Knüvener Architekturlandschaft/LABOR FOU)
Wie aber soll Kunst da helfen? Kunst habe sehr spezifische Formate, die nicht immer verbal seien, sagt Finkenberger. "Wir brauchen andere Meinungen, die uns wachrütteln." Kunst könne vor Ort gehen, polemisieren, zuspitzen und mit Formen jenseits der Sprache arbeiten, so Finkenberger. In den langwierigen Prozessen der Stadtplanung sei so eine Energiespritze hilfreich.
Wir haben noch länger mit Isabel Maria Finkenber gesprochen, zum Beispiel über das Verhältnis von Zeit und Stadtplanung. – Hören Sie hier die Langfassung des Corsogesprächs .
Ein gelungenes Beispiel für eine solchen Austausch sei die "PlanBude" in Hamburg, so Finkenberger. Dort arbeiteteten ab 2014 Architektur, Sozialarbeit und Kunst nach dem Abriss eines Gebäudekomplexes in St-Pauli zusammen. Über Monate wurden Vorschläge von Anwohnern, von ehemaligen Bewohner und von Gewerbetreibenden gesammelt. Sie seien in die Pläne zur Neubebauung eingeflossen.
Isabel Maria Finkenberger / Eva-Maria Baumeister / Christian Koch (Hg.): Komplement und Verstärker - Zum Verhältnis von Stadtplanung, künstlerischen Praktiken und Kulturinstitutionen, Jovis Verlag, Berlin 2019, 272 Seiten, 35.00€
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.