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Städte fürchten Schuldenloch

Viele hoch verschuldeten Kommunen haben versucht, ihre Kassen durch Spekulationen oder sogenanntes Cross-Border-Leasing aufzubessern. Doch die Finanzkrise macht ihnen einen Strich durch die Rechnung - und lässt ihren Schuldenberg weiter anwachsen. Auch die Einnahmen durch die Gemeindesteuern können schnell sinken, wenn es der regionalen Industrie schlecht geht. Einige Kommunen hoffen nun auf Hilfe durch den Bund.

Von Christine Heuer | 21.11.2008
    "Da ist eine Lawine unterwegs." Mit diesen Worten warnte der Deutsche Städte- und Gemeindebund als erster vor den Folgen der Finanzmarktkrise in den Kommunen. Die nordrhein-westfälische Landesregierung prognostizierte einen "noch nicht abschätzbaren Gesamtschaden". Das war im Oktober. Bis heute kann niemand beziffern, mit wie vielen Millionen Euro die Krise in Städten und Gemeinden zu Buche schlägt. Auf einer Skala von eins bis zehn veranschlagt Stephan Paul, Finanzwissenschaftler an der Ruhr-Uni Bochum, den zu erwartenden Schaden sehr hoch.

    "Wenn wir davon ausgehen, dass wir die schwerste Finanzkrise der Nachkriegszeit haben, vielleicht sogar seit 70 Jahren, wenn sich abzeichnet, dass die Konjunktur auch mit einer Geschwindigkeit einbricht, wie wir es noch nicht erlebt haben, dann müssen wir schon davon ausgehen, dass wir zumindest in der zweiten Hälfte der Skala sind; wenn nicht ganz am Ende, dann wahrscheinlich kurz davor."

    In vielen Kämmereien herrscht Unbehagen, in manchen breitet sich Panik aus. Dabei muss man nicht einmal direkt in Lehman-Aktien investiert haben. Auch Zinswetten und sogenannte Cross-Border-Leasing-Geschäfte haben große Löcher in kommunale Kassen gerissen. Auf der Einnahmeseite sind Einbrüche bei der Gewerbe- und Einkommensteuer zu erwarten.

    "Und sicherlich werden zunächst mal die Länder auch durch den gemeinsamen Rettungsschirm für die Banken von Land und Bund belastet. Und letztlich wird sich das wiederum auch fortpflanzen zu den Kommunen, denn das Land wird dann bestimmte Gemeinschaftsaktivitäten mit den Kommunen auch nicht mehr so finanzieren können, wie man es vielleicht ursprünglich mal geplant hatte."

    Besonders schlimm ist das alles für Städte und Gemeinden, die ohnehin am Hungertuch nagen, die hohe Schulden haben und unter Haushaltssicherung stehen. Gleichzeitig sind es genau diese Kommunen, die in der Vergangenheit am ehesten Risiken eingingen, um ihre klammen Kassen aufzubessern.

    Riskant war - wie sich jetzt zeigt - zum Beispiel das Cross-Border-Leasing. Dabei wird kommunales Eigentum ins Ausland verkauft oder vermietet und umgehend zurück gepachtet. US-amerikanische Trusts schrieben die Investitionen für den Deal in ihren Büchern ab und nutzten so ein Steuerschlupfloch, das die US-Regierung erst 2005 schloss. Ihren deutschen Partnern gaben sie einen Teil vom Gewinn ab.

    "Die Stadt Bochum hat im Jahre 2003 das städtische Kanalnetz in einem Hauptmietvertrag vermietet an einen US-amerikanischen Trust und in einem sogenannten Rückmietvertrag das gleiche Objekt wieder zurückgemietet. Dieser Vorgang ermöglichte es dem amerikanischen Investor, dieses Objekt bei sich zu bilanzieren, entsprechend abzuschreiben und dort auch Steuern zu sparen. Das ist der wirtschaftliche Hintergrund der ganzen Transaktion, von der Bochum 20,4 Millionen Euro bekommen hat."

    Erklärt Manfred Busch, Kämmerer in Bochum. Bis vor kurzem fühlte er sich mit dem Cross-Border-Leasing auf der sicheren Seite. Die Stadt nahm Geld ein, Bochums Kanalnetz wurde genauso weiterbetrieben, wie vor dem Abschluss. Dass das Geschäft auf dem Papier stattfand und nicht in der Wirklichkeit, störte Busch nicht.

    "Das war ja der Charme des Modells, also 20,4 Millionen Euro bekommen, ohne dafür in der Realität irgendetwas zu verändern."

    Dann kam die Finanzkrise mit ganz konkreten Auswirkungen auf den papierenen Deal. Am 20-Millionen-Gewinn hat Bochums Kämmerer nicht mehr viel Freude, seitdem das Geschäft ins Trudeln geriet. Hauptsicherer des Cross-Border-Leasings, bei dem die Stadt für die Rückzahlung von 500 Millionen US-Dollar binnen 30 Jahren garantiert, war nämlich der US-amerikanische Versicherungskonzern AIG. Die Finanzkrise brachte ihn an den Rand des Ruins.

    Inzwischen ist AIG zu 80 Prozent verstaatlicht und in seiner Bonität massiv heruntergestuft worden. Die Folge: Bochum muss einen neuen Versicherer finden. In unsicheren Zeiten ist das besonders schwierig. Sollte es gelingen, dann wohl nur zu deutlich höheren Kosten. Wie viel Geld Bochum bereits verloren hat, kann er nicht beziffern, sagt Kämmerer Manfred Busch:

    "Die ungefähre Vorstellung besteht darin, dass von den 20,4 Millionen Barwertvorteil der kleinere Teil als Schaden jetzt entsteht."

    Ein Schaden also von rund zehn Millionen Euro?

    "Rechnerisch wären das 10,2 Millionen Euro, aber ich meine, bei den Unwägbarkeiten, um die es da geht, kann man im Moment leider nichts Genaues sagen."

    Wie die meisten Ruhrgebietsstädte ist auch Bochum mit einem laufenden Defizit von 150 Millionen Euro hoch verschuldet. An allen Ecken und Enden wird gespart. Umso empörter sind die Bürger jetzt, dass ihre Steuern in ein Geschäft gesteckt wurden, gegen das sie von Anfang an Sturm liefen. Den Bochumern war schon 2003 nicht geheuer, dass ihr Kanalnetz an einen US-Investor vermietet werden sollte.

    "Es gab eine Bürgerinitiative, die diese Unterschrift verhindern wollte, und es gab eine Ratsmehrheit, die dies so beschlossen hat. Und für uns gelten die Ratsbeschlüsse."

    Das klingt ein bisschen trotzig und ist auch so gemeint. Schließlich, betont Manfred Busch, sei das Cross-Border-Geschäft seinerzeit legal gewesen. Und, fügt er hinzu, auch legitim.

    "Das ist Steuertechnik, und es geht um die Verteilung von Steuervolumen. Das kann man nicht mit moralischen Maßstäben messen, sondern es geht darum, wer welchen Finanzbedarf hat und wer auf welchen Wegen an welches Geld kommt."

    "Legal war es, überhaupt keine Frage. Legitim? Würde ich schon ein bisschen in Zweifel ziehen. Denn natürlich haben die Entscheidungsgremien der jeweiligen Kommunen dafür gestimmt. Ich würde aber bezweifeln, dass sie immer genau wussten, welche Risiken damit verbunden sind. Denn schauen Sie sich die Vertragswerke an: Die sind sehr umfangreich, sind sehr komplex, und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass jeder zum Beispiel Ratsabgeordnete sich das gründlich angeschaut hat."

    Blauäugigkeit wirft der Bochumer Finanzwissenschaftler Paul den Kommunen vor, die sich auf Cross-Border-Geschäfte einließen. Kämmerer Busch muss jetzt darauf hoffen, dass seine Stadt mit einem blauen Auge davon kommt, dass der Verlust aus dem Cross Border-Leasing den Gewinn nicht ganz auffrisst oder gar übersteigt. Ist er durch die Erfahrungen der letzten Monate klüger geworden?

    "Also, ich habe gelernt, dass es eine zulässige Transaktion war, dass aber die Welt unsicherer ist, als man es vielleicht damals und auch heute noch gedacht hat."

    Diese Erkenntnis reift derzeit auch vierzig Kilometer südöstlich von Bochum, in Hagen. Die Ruhrgebiets-Stadt, halb so groß wie Bochum, schlägt sich mit den gleichen strukturellen Problemen herum. Hagen hat einen Nothaushalt. Um den städtischen Schuldenberg von derzeit 700 Millionen Euro wenigstens nicht weiter anwachsen zu lassen, hat die Stadt sich als schlauer Spekulant versucht.

    2005 schloss sie mit der Deutschen Bank eine sogenannte Zinswette ab. Dabei wird auf die Entwicklung von lang- und kurzfristigen Anleihen spekuliert. Wenn - wie üblich - die langfristigen Marktzinsen stärker steigen als die kurzfristigen, gewinnt die Stadt die Wette und macht einen Gewinn. Läuft es andersherum, verliert die Stadt Geld. Und genau das ist Hagen passiert. Wie anderen Städten auch - darauf legt Hagens Erster Beigeordneter Christian Schmidt Wert.

    "Viele Kämmerer halten auch den Mund, um da nicht unbedingt in die Schlagzeilen zu kommen. Nur wir haben die Arschkarte mit 50 Millionen, nicht?"

    50 Millionen Euro Verlust - diese Zinswette machte Schlagzeilen, auch weil Hagen die Deutsche Bank verklagte.

    "Die Beratungsqualität war nicht ausreichend, war mies. Und das Produkt war völlig ungeeignet für Kommunen. Das sind unsere Ansätze."

    In der ersten Instanz hat die Stadt verloren. Gerade wird in zweiter Instanz verhandelt. Einem Vergleich mit der Deutschen Bank würde Hagen sich nicht versagen. Anders als in Bochum gibt man hier zu, Fehler gemacht zu haben.

    "Ja. Klares Ja, diesen Tag würden wir gern wieder zurückholen, ein schwarzer Tag, das war ein dicker Fehler."

    Dabei hat Hagen mit Zinsoptimierungsgeschäften in den vergangenen zehn Jahren vier Millionen Euro eingespart. Die Stadt hatte also gute Erfahrungen gemacht, als sie sich auf das fatale Geschäft mit der Deutschen Bank einließ. Stephan Paul von der Ruhr-Uni Bochum zeigt dann auch mehr Verständnis für die kommunalen Zinswetter als für die Cross-Border-Zocker in Städten und Gemeinden.

    "Wir haben beim Zinsgeschäft zumindest eine relativ lang zurückreichende Historie: Wie haben sich Zinsen entwickelt? Und wir haben dort auch sehr renommierte Bankpartner gehabt. So dass ich da jetzt den Kommunen weniger einen Vorwurf machen würde. Also dort hatte man Statistiken sozusagen, auch wenn sie sich als nicht gültig herausgestellt haben für die Zukunft, aber das war halt die Entscheidungsgrundlage. Und man hatte sehr reputierliche Vertragspartner. Dass man so ein Geschäft eingegangen ist: Ich glaube, das ist eher noch legitim als die andere Variante."

    Mittlerweile ist Hagens Verlust auf 40 Millionen Euro geschrumpft. Und das ist eine direkte Folge der Finanzkrise. Sie hat nämlich dazu geführt, dass die kurzfristigen Zinsen deutlich gefallen sind; die Zins-Spanne, auf die Hagen gewettet hatte, ist wieder größer geworden.

    Gibt es einen solchen direkten Zusammenhang auch in der Negativ-Bilanz? War die sich anbahnende Finanzkrise schon vor Monaten die Ursache dafür, dass die Stadt Hagen ihre Zinswette verloren hat? - Nur wer einen sehr langen Ball spielt, meint der Erste Beigeordnete Christian Schmidt, könne diese Frage mit Ja beantworten.

    "Wenn die allgemeine Weltwirtschaft in den letzten drei Jahren die höheren Zinsen in Europa hervorgebracht hat, so weiß ich nicht, ob der berühmte Schmetterling in Australien, der mit den Flügeln schlägt, nun unser Produkt direkt beeinflusst. Es ist in eine Situation gekommen, wo die allgemeine Zinsentwicklung dieses Produkt nicht begünstigt hat."

    Ganz so einfach ist es nicht. Denn die Finanzkrise hat die unvorhersehbare Zinsentwicklung völlig ins Absurde verdreht. Und so die bisher schon enormen Wettverluste vervielfacht. Experten sprechen von einem Finanzrisiko, dessen Ausmaß noch gar nicht abzusehen ist.

    "Aber auf jeden Fall wird man, denke ich, sagen können, dass entweder die Verschuldung der betroffenen Kommunen höher ausfallen wird, um das dann auszugleichen,"

    so Stephan Paul von der Ruhr-Uni Bochum,

    "oder man muss sich eben in bestimmten Bereichen einschränken. Und das wird für die Bürger dann auch sichtbar werden: im sozialen Bereich, im kulturellen Bereich und an ähnlichen Stellen."

    In Hagen tragen die Bürger gerade besonders schwer an dem nach der Zinswette um weitere 50 Millionen Euro angewachsenen Schuldenberg. Acht Grund- und zwei Hauptschulen wollte die Stadt schließen, um eine Million Euro zu sparen. Schüler, Eltern und Lehrer gingen auf die Straße.

    "Ja, ich befürchte ganz einfach, dass sie auf die Idee kommen und wirklich Schulen schließen. Das ist das Schlimmste, was es gibt. Die Grundlage für die gesamte Existenz der Jugend wollen sie entziehen."

    "Ja, die sollen nicht geschlossen werden, weil: Jeder hat das Recht auf Bildung. Ist doch ganz klar."

    "Alle meine Freunde weg und alles, ja? Habe ich auch keine Lust drauf. Und auch weiter fahren und alles."

    "Ich mag meine Schule und will, dass meine kleine Schwester auch da hin geht, und die Lehrer sind da ganz nett. Darum."

    Die Proteste hatten Erfolg. Fast 14.000 Hagener unterzeichneten das Bürgerbegehren, der Stadtrat lenkte ein und beschloss, doch nur eine Schule zu schließen. Aber der für Hagen zuständige Regierungspräsident hat diesen Beschluss gleich wieder aufgehoben. Darüber ist ein politischer Streit entbrannt, der vor Gericht enden kann. Die Stadtverwaltung kämpft derweil weiter an der Schuldenfront. Spekulative Anlagen sind nicht mehr drin.

    "Tja, wir legen unser Geld allerhöchstens in Festgeldvarianten an. Uns hat der Rat sämtliche Derivate verboten."

    Not macht erfinderisch. Das galt für die Kämmerer im Ruhrgebiet schon vor der jüngsten Krise. Jetzt werden viele ihrer Forderungen dringender. Noch neidischer als bisher blicken sie auf die Milliarden, die Jahr für Jahr als Solidaritätsbeitrag vom Westen in den Osten der Republik fließen.

    "Wir brauchen einen Aufbau West. Wir haben in Hagen circa 150 Millionen gezahlt inzwischen für den Aufbau Ost. Alles in Ordnung. Das soll nicht mehr gezahlt werden, das ist eine klare Kiste, oder, wenn es gezahlt wird, dann bitte in die andere Richtung."

    Und es gibt neue Vorschläge, wie die Kommunen an Geld kommen können. In Hagen wird der Ruf nach einem Rettungsschirm für Kommunen laut:

    "Wenn die Bundesregierung 500 Milliarden Euro für unsere Banken locker macht - ich sage: die Hälfte für uns tät es auch."

    Diesen Wunsch teilen vermutlich die meisten deutschen Kämmerer. Auch in Städten und Gemeinden, die sich nicht an riskanten Kapitalmarktgeschäften verhoben haben. Die Finanzmarktkrise spült nicht nur sicher geglaubtes Geld aus einzelnen Kommunal-Kassen; sie vermindert auch dort die Einnahmen, wo nicht gezockt wurde. Stephan Paul von der Ruhr-Uni Bochum:

    "Gerade die Kommunen sind stark betroffen, die einen Schwerpunkt haben im verarbeitenden Gewerbe, die an der Automobilindustrie hängen, dort vielleicht auch an der Zulieferungsindustrie hängen. Wir hören Ähnliches von denjenigen Kommunen, die stark im Handel sind, weil ja auch praktisch sämtliche Warenhausketten sehr, sehr große Probleme verzeichnen, und die Kommunen, die eben hier sehr stark mit diesen Unternehmen verbunden sind, werden ebenfalls leiden."

    Heiligenhaus, eine Kleinstadt im Bergischen Land, ist eine besonders betroffene Gemeinde. Hier wird in mittelständischer Monostruktur Schließtechnik für Autos produziert. Ausgerechnet. Denn in der Automobil-Industrie schlägt sich die Finanzkrise ja gerade als erstes real nieder.

    Die Aufträge für die Heiligenhauser Zulieferer versiegen, und mit ihnen versiegt die wichtigste Einnahmequelle der Stadt: Die Gewerbesteuer. Kommt es zu Entlassungen, droht außerdem ein Abschwung bei der Einkommensteuer. Michael Beck macht diese Perspektive große Sorge. Jahrelang stand seine Kämmerei unter der Aufsicht der übergeordneten Bezirksregierung. Erst 2004 wurde Heiligenhaus aus der Haushaltssicherung entlassen. 2008 ist man sogar mit fünf Millionen Euro in den Schwarzen Zahlen.

    "Aber ich befürchte, dass im nächsten Jahr Heiligenhaus wieder unter die Wasserlinie gedrückt wird, wir wieder eine Situation eines strukturellen Defizits haben und dann auch wieder Schulden anhäufen, weil das Ganze nur über Kreditfinanzierung laufen kann."

    Wie stark die Finanzmarktkrise beim Mittelstand negativ zu Buche schlagen wird, ist noch nicht berechenbar. In der örtlichen Sparkasse aber haben sie die ersten Kosten der Krise bestimmt schon bilanziert. Den nordrhein-westfälischen Sparkassen gehört nämlich gut die Hälfte der angeschlagenen WestLB. Und den ersten Rettungsschirm, eine Bürgschaft über fünf Milliarden Euro, haben NRW-Regierung und Sparkassenverbände gemeinsam über der Landesbank aufgespannt. Das hat Folgen für die kommunalen Haushalte, auch in Heiligenhaus.

    "Unser Kreditinstitut als Mitglied im Rheinischen Giro- und Sparkassenverband musste in diese Rettung genauso finanziell einsteigen wie die anderen auch. Solche Aufwendungen schmälern auf jeden Fall den Ertrag, schmälern dann damit natürlich auch die Basis, die zu einer Gewerbebesteuerung führt. Und alleine dadurch haben die Kommunen schon jetzt mit den ersten Auswirkungen von Fehlspekulationen zu leben."

    Um welche Summe geht es genau?

    "Einen nicht unerheblichen Betrag, der sich allerdings einer öffentlichen Darstellung entzieht."

    Klar ist: Heiligenhaus wird noch stärker sparen müssen als bislang schon. Wie sein Kollege Schmidt in Hagen möchte deshalb auch Michael Beck in Heiligenhaus keinen Solidarbeitrag mehr zahlen. Wie andere kommunale Politiker fordert auch er dringend eine Gemeinde-Finanz-Reform, die Städte und Gemeinden entlasten soll. Sie wollen mehr Geld und das stetig. Dafür aber sind ihre wichtigsten Einnahmequellen, die Gewerbe- und die Einkommensteuer, zu schwankend.

    "Und das sind die beiden Einnahmeblöcke einer Kommune, die dann sofort dazu führen, dass in einem Jahr man noch die berühmten blühenden Landschaften vor sich hat und im nächsten Jahr bereits in ein Haushaltssicherungskonzept gedrängt wird."

    Damit das nicht mehr passiert, fordert Michael Beck, schwankende und stetige Steuerquellen gerechter auf Länder und Gemeinden zu verteilen. Zukunftsmusik. Eine Sorge wenigstens muss der Heiligenhauser Kämmerer nicht haben: An den internationalen Kapitalmärkten hat er kein Geld verloren, denn dort war Heiligenhaus nicht aktiv.

    "All diese Dinge, die im Moment so durch die Presse gehen, die haben wir so nicht im Portfolio. Nein, wir machen die Geschäfte, die wir überblicken können, und das mag man dann konservativ nennen, ja."

    Mit dieser Haltung hat der Kämmerer von Heiligenhaus schon vollzogen, was der Finanzwissenschaftler Stephan Paul vielen anderen Gemeinden erst noch empfehlen muss.

    "Also, ich empfehle eigentlich das, was ich jedem Privatanleger als Konsequenz aus der Krise empfehle: Nämlich nur das zu tun, auch im finanziellen Bereich, was man versteht. Das heißt eine Kommune, die da sehr viel Expertise hat, die sich sehr gut auch im amerikanischen Rechtskreis auskennt, die Mitarbeiter hat, die die neuesten Finanzprodukte wirklich verstanden haben, die kann auch solche Geschäfte eingehen, gar kein Problem. Und manche Großkommune, glaube ich, ist dort gut aufgestellt. Für die anderen gilt das aber eben nicht. Und die sollten lieber die Finger davon lassen. Wie beim Privatanleger: Der eine kennt sich sehr gut mit diesem Thema aus, warum soll der nicht Aktien oder auch kompliziertere Produkte erwerben? Der andere kennt sich gar nicht damit aus, der bleibt lieber bei der Spareinlage, die ist sicher, und insofern kann er da auch ruhig schlafen."