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Starker Schneefall
"Der Winter hat den Süden Bayerns fest im Griff"

In Teilen Bayerns und Österreichs herrscht wegen des andauernden Schneefalls erhöhte Alarmbereitschaft. Wintersport sei aber weiterhin möglich, sagte Roland Ampenberger vom Bergwach-Zentrum Bad Tölz im Dlf. Er rät Touristen, sich über die Lage am Urlaubsziel zu informieren und mehr Zeit einzuplanen.

Roland Ampenberger im Gespräch mit Ute Mayer | 09.01.2019
    Bayern, Spitzingsee: Mithilfe einer Schneefräse und eines Radladers wird der Parkplatz eines Hotels geräumt.
    Räumung eines Hotel-Parkplatzes am Spitzingsee: "Das alltägliche Leben ist verlangsamt", sagt Roland Ampenberger (picture alliance/Lino Mirgeler/dpa)
    Ute Mayer: Seit dem Wochenende hört es nicht auf zu schneien in weiten Teilen Bayerns und in Österreich. In den Bergen herrscht akute Lawinengefahr, mehrere Ortschaften sind von der Außenwelt abgeschnitten, es gibt Stromausfälle und für viele Schulkinder schneefrei. In einigen Regionen kommen die Räumdienste nicht nach, im oberbayrischen Landkreis Miesbach gilt Katastrophenalarm. Über die Schneemassen und die Gefahr in Bayern und den bayerischen Alpen möchte ich sprechen mit Roland Ampenberger, er ist Leiter des Bergwacht-Zentrums in Bad Tölz. Herr Ampenberger, wie ist zur Zeit die Situationen bei Ihnen in Bad Tölz? Funktioniert das alltägliche Leben noch?
    Roland Ampenberger: Ja, wie Sie schon gesprochen haben, der Winter hat hier den Süden Bayerns fest im Griff. Das wirkt sich natürlich insbesondere auf die Verkehrsräume aus, dass Straßen gesperrt sind. Der Nachbarlandkreis hat Katastrophenalarm ausgegeben, die Schulen sind geschlossen, und natürlich ist das alltägliche Leben ein Stück weiter verlangsamt, einfach weil der Verkehr stark behindert ist, aber ansonsten funktioniert das alltägliche Leben nach wie vor. Die Menschen gehen in die Arbeit, und soweit ist die Situation bei uns einfach ein Stück weit verlangsamt.
    Prophylaktische Sperrung von Skipisten
    Mayer: Wie sieht es denn mit den Menschen aus, die in den Bergregionen sich aufhalten? Da sind ja noch einige Touristen, die wollen Ski fahren. Ich habe gehört, ein Skigebiet ist bei Ihnen jetzt schon komplett geschlossen. Warum?
    Ampenberger: Man muss zwei Dinge unterscheiden: Wir haben einerseits das Thema Bruchlast von den Bäumen, das Problematiken hervorruft, insbesondere auf den Straßen, aber auch zum Teil in Skigebieten, in einzelnen Skigebieten, wo durch die Bruchlast die Seilbahnen ein Stück weit …
    Mayer: Also Bruchlast – Entschuldigung –, bedeutet, dass so viel Schnee auf den Bäumen liegt, dass die Äste abzubrechen drohen?
    Ampenberger: Genau, richtig, dass die Äste abzubrechen drohen oder der Baumwipfel und ähnlich wie ein Baum auf die Straße fliegen kann, ein Baum, kann man sich vorstellen, auf eine Skipiste oder auch auf einen Lift, auf die Seilbahn trifft, dann ist das sehr gefährlich, und deswegen sind auch hier zum Teil Skipisten oder auch einzelne Lifte gesperrt. Das gilt aber jetzt nicht generell, sondern für einige besondere Situationen, wie zum Beispiel am Brauneck, hier im oberen Bereich sind die Lifte gesperrt, im unteren Bereich findet der Skibetrieb statt.
    Mayer: Sind denn schon viele Bäume gestürzt?
    Ampenberger: Natürlich im Bergwald stürzen Bäume. In dem Skiraum an sich ist da kein Raum oder jetzt ein akutes Ereignis zu verzeichnen, aber das passiert genauso wie sie prophylaktisch die Straßensperrungen stattfinden lassen, dass auch die Verkehrswege im Skigebiet dann gesperrt werden.
    "Es kann zu Selbstauslösungen von Lawinen kommen"
    Mayer: In den bayrischen Alpen gilt zurzeit flächendeckend die zweithöchste Lawinenwarnstufe. Was bedeutet denn das?
    Ampenberger: Lawinen entstehen in erster Linie dann, wenn Wind weht, wenn Wind verfrachtet wird. Der baut die Lawinen oder die Masse an Schnee, und wir haben einfach eine sehr hohe Schneemenge, eine sehr hohe Last. Man kann sich vorstellen, eine Lawine gleitet ab wie die einzelnen Schichten einer Torte, und durch die hohe Last, die wir derzeit haben, kann es auch zu Selbstauslösungen von Lawinen kommen, die auch größeren Ausmaßes sind. Deswegen haben wir auch diese hohe Lawinenwarnstufe 4 derzeit.
    Mayer: Es ist die zweithöchste, in Teilen Österreichs gilt die höchste. Wie muss ich mir das vorstellen? Darf ich bei der zweithöchsten jetzt für den Fall der bayrischen Alpen überhaupt noch in die Berge gehen?
    Ampenberger: Die Lawinenwarnstufe sagt die Gefahr, wie sie draußen herrscht. Sie können sich auch in den gesicherten Räumen – und da reden wir jetzt beispielsweise von Skipisten oder auch Loipen – soweit sie nicht gesperrt sind, sich dort sicher bewegen. Also dieser Bereich wird überwacht durch die örtlichen Lawinenkommissionen, die täglich neu festlegen, wie die Gefährdungssituation ist. Dementsprechend Straßensperrungen oder auch Loipe oder auch eine Skipiste sperren, die von Lawinen bedroht sind.
    Bayern, Sankt Englmar: Wintersportler fahren am Predigtstuhl mit einem Skilift im Schneegestöber. 
    Ski fahren im Schneegestöber: Wintersportler am Predigtstuhl. (picture alliance/Armin Weigel/dpa)
    "Es ist absolute Wintersportzeit"
    Mayer: Zurzeit sind ja die sogenannten weißen Wochen, das heißt, man kann günstig Ski fahren jetzt im Januar. Lohnt sich das denn überhaupt noch?
    Ampenberger: Wenn man akzeptiert, dass Winter ist und der Winter eben auch diese Einschränkungen mal mit sich bringen kann, dass dann sehr viel Schnee ist, den wir uns ja einerseits wünschen, auch dementsprechend dann akzeptieren kann, dass es eben auch Einschränkungen gibt. Das bedeutet, in der Anfahrt darauf Rücksicht zu nehmen, aber auch im Skigebiet zu akzeptieren, dass mal der Wanderweg gesperrt ist, auch wegen Bruchlastgefahr oder eine Loipe oder auch nicht alle Lifte fahren können, dann ist natürlich jetzt absolute Wintersportzeit auch.
    Mayer: Wie sieht denn Ihre Arbeit als Bergwacht in dieser Gefahrenlage aus?
    Ampenberger: Die Bergwacht ist zuständig für die Bergrettung am Berg oben. Natürlich sind jetzt wesentlich weniger Menschen in den Bergen unterwegs, auch in den Skigebieten, wenn die einen eingeschränkten Betrieb haben. Wir sind natürlich jetzt ein Stück weit schon mit einer erhöhten Bereitschaft auch, da wir auch mitwirken im Katastrophenfalle oder in Tallagen, wenn da Situationen auftreten, wo die Mithilfe von uns gefragt ist. Also eine erhöhte Bereitschaft, aber jetzt in dem Sinne nicht, dass wir eine Ausnahme- oder eine Sondersituation haben dazu. Die Kollegen wirken mit täglich bei der Beurteilung der Lawinengefahr in den örtlichen Lawinenkommissionen, unterstützen die Entscheidungsträger, auch die in der Infrastruktur hier Entscheidungen fällen dazu, aber ansonsten ist es eine Situation, die Bergwacht muss das ganze Jahr über einsatzbereit sein, insofern ist es jetzt keine Ausnahmegeschichte gerade.
    Als Tourist mehr Zeit einplanen
    Mayer: Einige Notfälle und leider auch Todesfälle hat es in den österreichischen Alpen bereits gegeben. Was raten Sie Touristen, die zurzeit in den Bergen unterwegs sind?
    Ampenberger: Wir sprechen da vom gesamten bayrischen Alpenraum. Das ist natürlich noch mal unterschiedlich. Man soll sich einfach mit der Situation vor Ort auseinandersetzen, also sich informieren, wie ist der Anfahrtsweg dort, da auch gegebenenfalls mehr Zeit einplanen, vielleicht auch mit der Örtlichkeit, wo man hinfährt, dort mal bei der Unterbringung anrufen, mit dem Touristenamt telefonieren, wenn man einfach unsicher ist, wie die Situation dort ist, um dann mit der entsprechenden Vorstellung anzureisen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.