Samstag, 30. März 2024

Archiv


Startklar für den Einsatz

Seit Montag sind die sechs deutschen Aufklärungstornados der ISAF unterstellt. Doch bislang starteten sie lediglich zu Einweisungsflügen. Vom Wochenende an werden sie überall in Afghanistan nach versteckten Stellungen der Taliban-Kämpfer suchen.

Von Paul Elmar Jöris | 12.04.2007
    Das Camp Marmal bei Mazar-e-Sharif liegt gleich neben dem Flugplatz. Seit Wochen hat sich die Bundeswehr auf die Stationierung der sechs Aufklärungstornados vorbereitet. Brigadegeneral Josef Blotz, der die Verantwortung im Norden Afghanistans trägt, glaubt, dass die Bevölkerung kaum etwas von den neuen Jets merkt:

    "Seit einigen Wochen schon verfolgen wir über Pressekonferenzen, über Hintergrundgespräche, über Artikel hier in den Zeitungen hier im Umfeld, verfolgen wir eine Linie, die genau darauf abzielt, Verständnis zu erwerben bei der Bevölkerung für gewisse Unbequemlichkeiten, die kommen können."

    Jedes Mal bevor auf dem benachbarten Flugplatz eine Maschine startet oder landet, fährt vom Camp eine Patrouille los. Die Soldaten durchstreifen dann weiträumig die Umgebung. So soll verhindert werden, dass sich dort irgendwo feindliche Kämpfer verstecken und mit schultergestützten Flugabwehrraketen den Maschinen in der Start- oder Landephase gefährlich werden.
    Im Gefechtsstand der Objektschutzstaffel bereiten sich Soldaten auf eine solche Patrouillenfahrt vor.

    "Hierzu befehle ich um 8 Uhr Lima, also Local Time ist Abmarsch. Wegstrecke ist gemäß Befehl: Da fangen wir an bei Yankee 5, da fahren wir hier raus aus dem Camp, Yankee 5, Sierra 2, dann wieder Yankee 5 und zurück ins Camp."

    Jeder Soldat trägt eine schusssichere Weste, Gewicht rund 18 Kilogramm, ein Schnellfeuergewehr vom Typ G36 und eine Pistole Typ P8 sowie Munition für beide Waffen. Bevor es losgeht, wird die Blutgruppe eines jeden Soldaten an das Feldlazarett gemeldet, damit dort die entsprechenden Blutkonserven für den Fall der Fälle bereit gelegt werden können.

    Mit routinierten Griffen lädt der Fahrer seine Waffe, holstert sie, bevor er in den minengeschützten Geländewagen steigt. So wie er es jedes Mal bei der Ausfahrt aus dem Camp gemacht hat. Doch bevor er losfährt, schlägt er ein Kreuzzeichen und küsst seinen Trauring. Erst dann legt er den Gang ein und fährt los. Angst hat er keine. Denn mit der Situation draußen außerhalb des befestigten Camps ist er vertraut. Aber dennoch, die kurze fast verschämte Geste zeigt, wie angespannt er ist. In den offiziellen Kommuniques heißt es formelhaft: "Die Lage ist nicht ruhig und nicht stabil!" Diese latente und doch jederzeit spürbare Spannung lässt die Soldaten keinen Augenblick los.

    Die Piloten in den Aufklärungsmaschinen verlassen wenige Augenblicke nach dem Start die überwachte Umgebung des Lagers, unter ihnen ein Land, in dem jahrzehntelang ein Bürgerkrieges tobte. Und sie werden dorthin fliegen, wo Stellungen und feindliche Kämpfer vermutet werden. In seiner Videobotschaft an seine Soldaten hat der Inspekteur der Luftwaffe, Klaus-Peter Stieglitz, die Risiken deutlich gemacht:

    "Sollte es zu irgendwelchen Zwischenfällen kommen, werden wir uns - auch wenn es auch um 'Combat Search and Rescue' geht, zunächst einmal auf die Erfahrung und die Organisation von Alliierten Luftstreitkräften in Afghanistan abstützen."

    Sollte eine der deutschen Maschinen während des Einsatzes abgeschossen werden, steigen sofort Flugzeuge und Hubschrauber der Alliierten auf, um die Besatzungen zu suchen und möglichst zu bergen. "Combat Search and Rescue" nennt die NATO solche riskanten Kommando-Unternehmen.

    Doch zurück zu der Patrouille, die die Umgebung des Flugplatzes sichert: Über vom Regen aufgeweichte Wege geht die Fahrt vorbei an Marktständen und durch armselige Dörfer. Aus den Lehmhütten ohne Fenster und Türen laufen Kinder auf die Straße. Sie winken und grüßen. "Die Kinder sind die Hoffnung", sagt der Patrouillenführer, der das Gebiet wie seine Westentasche kennt. Jede Veränderung am Wegrand würde ihm auffallen, unter einem Steinhaufen oder in einem abgestellten Fahrzeug könnte eine Sprengladung versteckt sein.

    Die Taliban sind wieder zurück. Sie haben sich reorganisiert und sich wieder in Teilen des Südens Afghanistans festgesetzt. Ihre Taktik ist eine andere geworden. Zum ersten Mal verübten sie Selbstmordanschläge. Dies entsprich nicht den religiösen Traditionen Afghanistans. Es bleibt allerdings nicht bei einzelnen Anschlägen aus dem Hinterhalt. Die Taliban sind im letzten Jahr so stark geworden, dass sie den Einheiten der ISAF regelrechte Schlachten liefern konnten. "Sie wurden vernichtend geschlagen", teilte anschließend das ISAF-Kommando in Kabul mit. Eine multinationale Truppe aus niederländischen, britischen, amerikanischen, kanadischen, dänischen und afghanischen Soldaten hatte das erste regelrechte Gefecht unter dem Kommando der NATO geführt.

    Derzeit versuchen die Koalitionstruppen in der Provinz Helmand, die Bezirkshauptstadt Musa Qala zurückzuerobern. Ausgerechnet zum Kommandowechsel in Kabul hatten die oppositionellen Kräfte die Stadt besetzt, aus der sich die britischen Einheiten vier Monate zuvor zurückgezogen hatten. Dem vorangegangen war eine Vereinbarung der lokalen Stammesführer mit den Taliban. Die Aufständischen hatten zugestimmt, die Kontrollen des Stammes zu respektieren. Der damalige ISAF-Kommandeur General David Richards hatte die Vereinbarung als Stärkung der lokalen Strukturen rechtfertigt. Doch jetzt wehen wieder die weißen Fahnen der Taliban über den Dächern von Musa Qala.

    Um die Vorbereitungen der Taliban rechtzeitig erkennen zu können und ihre Nachschubwege in dem unzugänglichen Gebirge an der Grenze zu Pakistan aufzuspüren, braucht die ISAF-Truppe eine verlässliche Aufklärung. Dies wird Aufgabe der deutschen Tornados sein. Doch es geht nicht nur um die Bilder, sondern auch um die Erfahrung der deutschen Auswerter, betont auch General Stieglitz:

    "Das scheint mir ein ganz wichtiger Punkt zu sein, dass wir nicht nur einfach Bilder an einen Bedarfsträger schicken, damit er sie sich anschauen kann, sondern wir werten die Bilder aus, und sie werden dann auf elektronischem Wege in den NATO-Gefechtsstand nach Kabul geschickt."

    Wobei die Auswerter des Geschwaders innerhalb der NATO einen fast legendären Ruf genießen. In der Bundesrepublik gibt es die Befürchtung, dass die deutschen Aufklärungsergebnisse nicht nur von der ISAF-Schutztruppe, sondern auch von den Kampftruppen, die unter amerikanischer Führung unter dem Mandat "Enduring freedom" gegen die Taliban vorgehen, genutzt werden. Diese Befürchtung ist nicht von der Hand zu weisen. Schließlich wurden die beiden ursprünglich streng getrennten Mandate immer weiter miteinander verschränkt. "Die Unterschiede kann doch nur noch ein erfahrener Völkerrechtler, erkennen", bestätigt ein hochrangiger deutscher Fachmann in Afghanistan.

    Die Patrouille, die den Start- und Ladebereich des Flughafens sichert, hält vor einem Feld, auf dem vereinzelt Schafe und Ziegen grasen. Neben einem Mann in blauer Schutzkleidung bleiben wir stehen:

    "Hier sieht man ja zur Linken und zur Rechten rote und weiße Flaggen und auch Steine. Und da sieht man ganz klar, dass hier noch Minenfelder sind. Weiß heißt: Mine liegt noch, aber entschärft. Rot heißt: Die Minen sind noch da und auch scharf. Da sieht man jetzt die Einheimischen rumlaufen mit blauer Kleidung. Daher weiß man, dass sie dafür ausgebildet sind. Und die suchen jetzt nach Minen. Und jetzt kniet er sich darauf und fängt an, mit dem Spaten zu graben. Er hat in jedem Fall etwas gefunden, sonst würde er nicht graben.

    Von daher sollten wir jetzt weiterfahren. Wir fahren jetzt auch direkt über eine Mine drüber. Die ist aber weiß, also entschärft, aber nicht geräumt. Wir haben keine Gefahr von der Mine zu befürchten, weil wir nicht direkt mit dem Reifen drüber fahren. Minen gehen auf Druck, insofern kann nichts passieren."

    Den Weg in das Zentrum von Mazar-e-Sharif säumen alte Häuser, in denen zahllose Ladenlokale eingerichtet wurden. An eisernen Haken hängen frisch geschlachtete Schafe, daneben bieten Bauern ihr Gemüse feil. Im nächsten Laden findet man Handys und Unterhaltungselektronik aller Art. Gleich neben den Marktbuden erheben sich im Zentrum moderne Bürogebäude. Eine Bank hat eröffnet. Das Haus mit viel Glas und Marmor würde an der Düsseldorfer Königsallee wohl kaum auffallen, doch hier in der nach wie vor von den Spuren des Krieges gezeichneten Stadt wirkt das Gebäude wie ein Fremdkörper.

    In der Mitte der Stadt erhebt sich das prächtige Mausoleum des Ali ibn Abi Talib, des Schwiegersohns Mohammeds. Auch wenn Historiker darüber streiten, ob hier wirklich der erste Imam der Schiiten begraben ist, gab das Mausoleum der Stadt ihren Namen. Mazar-e-Sharif ist Persisch und bedeutet Grabmal des Heiligen. Auch heute sieht man fromme Pilger, die zu der Moschee kommen und beten. Die Gebetsmale auf ihren Stirnen zeugen von religiöser Inbrunst.

    Neben den Pilgern eilen junge Männer in die Gärten vor der Moschee, ein Handy am Ohr oder eine Digicam in der Hand. Frauen in Burka sitzen auf Bänken und schauen ihren Kindern beim Spielen zu. Junge Frauen genießen in kleinen Gruppen die freie Zeit. Sie sind modisch gekleidet, scherzen mit ihren Freundinnen. Wer in die Gesichter der Menschen schaut, erkennt die unterschiedlichen Ethnien, die hier im Schatten des Heiligtums siedeln: Paschtunen mit europäisch anmutenden Gesichtszügen, einzelne mit blauen Augen, aber auch mongolischen Gesichtszüge von Tadschiken oder Usbeken. Ein Völkergemischt lebt hier, und das bereits seit langer Zeit.

    Hier vom Norden ging auch später die Befreiung Afghanistans aus. Heute wollen die Menschen hier Frieden. Sie wollen das Land wieder aufbauen. Die Deutschen sind bei ihnen beliebt.

    Anders die Situation in Kabul. Dort gab es bereits gewalttätige Kundgebungen gegen die demokratisch gewählte Regierung. Aufgebrachte Demonstranten hatten gerufen: "Tod Amerika, Tod Karsai, Tod der Polizei". Auslöser für diese Demonstration war ein Verkehrsunfall. Ähnlich labil ist die Stimmung auch in anderen Teilen des Landes. Kenner betonen: Erst kippt die Stimmung, dann kippt das Land.

    Auch wenn sich die Straßen eigentlich nur für Geländefahrzeuge eignen, drängeln sich hier in Mazar-e-Sharif zahllose Autos aneinander vorbei. Vor allen Dingen gelbe Taxen beherrschen das Bild, und die Fahrer der Patrouille haben alle Mühe zu verhindern, dass ein Taxi sich plötzlich in die Kolonne drängt. Immer wieder ein kritischer Blick auf den Beifahrersitz und die Rückbank: Ein drängelndes Taxi ohne Passagiere bedeutet höchste Gefahr. Die Fahrzeuge der Patrouille bleiben immer zusammen und lassen sich nicht abdrängen, erläutert der Patrouillenführer:

    "Wir müssen zusammenbleiben als Fahrzeuge. Das heißt: Wenn wir überholen, müssen die anderen auch überholen können. Und wir dürfen nicht zulange hinter einem herfahren, weil: Das könnte schon wieder eine Gefahr sein, dass die uns nur einfach abbremsen wollen, dass wir irgendwo auflaufen. Deswegen fahren wir eigentlich unser Tempo, ohne jetzt aggressiv zu fahren."

    Gleich, mit wem man in Afghanistan spricht, ob Militär, Diplomat oder Entwicklungshelfer, gleich ob Amerikaner, Brite, Franzose oder Deutscher, alle sind sich einig, dass das Land nicht militärisch befriedet werden kann. Es gehe darum, die Herzen und die Köpfe der Menschen zu gewinnen, sagen alle. Nur die Konsequenzen, die die einzelnen Nationen aus dieser Erkenntnis ziehen, sind höchst unterschiedlich. Der Norden Afghanistans, wo die Bundeswehr die Verantwortung trägt, und ihren Einsatzschwerpunkt hat, gilt als relativ sicher. Doch wie relativ diese Sicherheit ist, wurde erst in den letzten Wochen klar, als ein Mitarbeiter der Deutschen Welthungerhilfe dort erschossen wurde. Aber immerhin konnte bislang im Norden Entwicklungshilfe geleistet werden.

    Anders im Süden, dort wurde kaum Hilfe und kein Wiederaufbau geleistet Dort gelten die Soldaten der ISAF-Truppe mittlerweile als Besatzer. Doch inzwischen sei man in der NATO auf dem richtigen Weg zu einem gemeinsamen Vorgehen, betont Verteidigungsminister Jung:

    "Hier sind wir jetzt auf den richtigen Weg. Wir haben innerhalb der NATO jetzt beginnend vom Riga-Gipfel, jetzt aber auch zur Verteidigungsministerkonferenz in Sevilla eindeutig festgehalten diese Gesamtstrategie, das heißt Sicherheit plus Wiederaufbau. Allein mit militärischen Mitteln werden wir den Prozess nicht gewinnen. Das ist aber jetzt eine breite Erkenntnis. Und deshalb glaube ich, ist es richtig, wenn zusätzliche Aktivitäten unternommen werden, um Wiederaufbaumaßnahmen voranzutreiben.

    Ich bin beispielsweise froh darüber, dass wir jetzt in diesen Tagen gerade auch im Süden Afghanistans eine Strasse mit deutschen Mitteln hier ein Teilstück fertigstellen konnten, damit die Menschen sehen, es entwickelt sich etwas für sie, und wir die Chance haben, auch die Herzen und die Köpfe der Menschen zu gewinnen."

    Es ist viel Geld ins Land geflossen. Doch der alte Stadt-Land-Gegensatz wurde nicht überwunden, räumt der deutsche Botschafter Hans-Ulrich Seidt ein:

    "Ich habe das Gefühl, dass die ländliche Bevölkerung die Fortschritte noch nicht in dem Umfang wahrnimmt, wie wir es gerne hätten. Das gilt insbesondere für die ländliche Bevölkerung in den armen, bitter armen Gebieten des Süden des Landes."

    Der Drogenanbau ist der wichtigste und lukrativste Wirtschaftszweig des Landes. Und mit Drogengeld finanzieren die Milizen und die Taliban ihre Soldaten und ihre Waffenkäufe.

    Auf den afghanischen Mohnfelder beginnt in diesen Tagen die Pflanzzeit. Doch was dagegen zu tun ist, weiß niemand so recht. Hochrangige Fachleute treffen sich regelmäßig, doch niemand hat ein Konzept. Mal wird vorgeschlagen die Pflanzen zu vernichten, mal die Ernte aufzukaufen. Mal wird dieses, mal wird jenes versucht. Nichts ist konsequent, nichts hat Erfolg
    Nach jahrzehntelangem Bürgerkrieg ist das Land zerrüttet. Es fehlt eine Zivilgesellschaft: Richter, Staatsanwälte, Polizeibeamte, Verwaltungsfachleute. Dies gilt übrigens ähnlich auch für die Einsatzgebiete der Bundeswehr auf dem Balkan. Soldaten sind schnell zur Stelle, sie machen auch einen guten Job, nehmen Gefahren und Entbehrungen auf sich. Doch alleine können sie ein Land nicht wiederaufbauen.

    Jeder Einsatz der Bundeswehr muss deshalb, fordert der Grüne Winfried Nachtwei, der seit 1994 im Bundestag immer wieder für Auslandseinsätze stimmte, in ein ziviles Entwicklungsprogramm eingebettet sein.

    "Er muss einhergehen mit energischen Anstrengungen der politischen Konfliktbearbeitung und Lösung, weil es ja auf jeden Fall eine völlige Illusion ist zu meinen, man könnte mit einem Militäreinsatz, mit einem Peace-Keeping-Einsatz Konflikte lösen. Soldaten wissen das in der Regel besser als viele zivile Politiker."

    Grundsätzlich besteht zwischen den Bundesparteien weitgehende Einigkeit, dass Soldaten alleine keinem Land Frieden bringen können. Im Weißbuch bekennt sich die Bundesregierung zu einem umfassende Ansatz. "Vernetzte Sicherheitspolitik" nennt sie ihn, und Verteidigungsminister Jung betont:

    "Wir erachten die vernetzte Sicherheitspolitik als den richtigen Weg, um erfolgreich zu sein in Afghanistan. Und wir haben deshalb jetzt eine Koordinierung vorgenommen zwischen Außenministerium, zwischen Verteidigungsministerium zwischen Innenministerium und Entwicklungshilfeministerium, um hier noch eine engere Abstimmung vorzunehmen. Damit wir auf der einen Seite Sicherheit herstellen, aber sofort wieder der Aufbau konkret erfolgt."

    Soldaten, Diplomaten, Polizisten und Entwicklungshelfer sollen Hand in Hand arbeiteten. Doch das ist in Afghanistan weitgehend Theorie. Die Vertreter des Verteidigungsministeriums und des Auswärtigen Amtes stimmen sich auf das Engste untereinander ab. Deutsche Polizisten bilden afghanische Polizisten aus, vermitteln ihnen die Grundlagen moderner Polizeiarbeit. Doch ihr Mandat lässt eine Beratung bei der operativen Arbeit nicht zu. Es sind auch viel zu wenige Beamte im Land, um das wirkungsvoll leisten zu können. Die Bundeswehr schickte deshalb Feldjäger, um diese Arbeit zu unterstützen.

    Ganz anders gestaltet sich die Kooperation mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Es gibt keine durchgehende Vernetzung und keine enge Abstimmung. Die Entwicklungshelfer setzen zum Teil eigene Schwerpunkte.

    Mit der internationalen Abstimmung sieht es nicht besser aus. Jede einzelne Nation, die in Afghanistan vertreten ist, verfolgt ein anderes Konzept. So kann man allenthalben viel guten Willen beobachten. Aber zu wenig geht ineinander. Zivilisten und Militärs, alle die Staaten, die helfen wollen, spielen in einem Orchester, doch bislang fehlt der Dirigent. Der NATO-General Egon Ramms hat auf diesen Mangel hingewiesen und die Frage gestellt, ob nicht militärische Stäbe, vielleicht im Auftrag der Vereinten Nationen, diese Rolle übernehmen sollten.

    Bei der Rückkehr zum Camp passiert die Patrouille die Tagelöhner, die beim Ausbau des Lagers ihr Geld verdienen. Mit überlangen Spaten haben sie Wassergräben ausgehoben, die verhindern, dass bei der Schneeschmelze das ganze Camp förmlich wegegespült wird. Fundamente für neue Wohn- und Bürocontainer werden gelegt. Das Lager muss weiter ausgebaut werden. Schon vor der Verlegung des Aufklärungsgeschwaders reichten die Betten in den gesicherten Containern nicht aus. Ein Teil der Soldaten lebt und arbeitet in Zelten.

    Jetzt ist es in dem Camp noch enger geworden. Dies schlägt auf die Stimmung. Ansonsten hat die Verlegung des Aufklärungsgeschwaders keine Diskussionen unter den Soldaten ausgelöst. Doch in dem Betreuungszelt Planet Mazar war schon Wochen vor der Bundestagsentscheidung ein T-Shirt ausverkauft: "Airport Mazar-e-Sharif" steht dort in leuchtenden Lettern: "Just do it".