Engels: Nach den vereitelten Terroranschlägen von London wird in Deutschland und Europa wieder über Maßnahmen zum Terrorschutz debattiert. In Deutschland ist dabei vor allem die geplante Anti-Terror-Datei ins Blickfeld geraten. Darin sollen die Daten von Terrorverdächtigen aller deutschen Sicherheitsbehörden zusammengefasst werden. Allerdings soll es nach bisherigen Planungen eine Index-Datei sein. Das heißt statt vollständiger Informationen über den Verdächtigen soll nur die staatliche Stelle vermerkt werden, die weitere Daten zu dem Fall vorhält. So soll auch das Trennungsgebot zwischen Polizei- und Geheimdienstarbeit erhalten bleiben.
Am Telefon ist nun Ralf Stegner (SPD). Er ist Innenminister des Landes Schleswig-Holstein. Guten Morgen Herr Stegner!
Stegner: Guten Morgen Frau Engels!
Engels: Herr Stegner, reicht denn diese Index-Datei zur Terrorabwehr aus?
Stegner: Also nach unserer Einschätzung schon. Es geht ja darum, dass die verschiedenen Dienste zusammenarbeiten, aber dass wir schon die Statik des Grundgesetzes einhalten und im Grundgesetz ist nun eindeutig vorgesehen, dass es eine Trennung geben muss zwischen Polizei auf der einen Seite und Verfassungsschutzbehörden auf der anderen Seite. Wir wollen ja kein Gesetz machen, wo am Ende das Bundesverfassungsgericht sagt, das ist nicht in Ordnung, hebt es wieder auf. Dann ist niemandem geholfen.
Engels: Aber Bundesinnenminister Schäuble arbeitet offenbar an einem Gesetzentwurf, der mehr Volltextdaten beinhalten soll, damit man eben auch im Fall der Gefahrenabwehr schneller handeln kann. Das klingt doch erst einmal logisch.
Stegner: Es ist im Grundsatz ja so, dass wir seit einer ganzen Weile über dieses Thema zwischen Bund und Ländern diskutieren. Da gab es früher sehr weitgehende Vorstellungen, auch schon von Herrn Schily, und man hat sich inzwischen angenähert. Das Land Schleswig-Holstein hat auch mitgearbeitet an einem gemeinsamen Entwurf. Die Grundlage dessen, was jetzt in die Beratung kommt, entspricht dem, was wir verabredet haben und ist insofern für den Vollzug aus unserer Sicht auch geeignet.
Wenn nun Kritik von der einen Seite kommt, das sei zu weitgehend, und von der anderen Seite, es sei nicht weitgehend genug, dann ist vermutlich die Grundlage vernünftig und nun muss man sehen, dass man auf der einen Seite zu einem Entwurf kommt, der eben nicht eine überzogene Datenspeicherung beinhaltet, denn sonst kriegen wir Schwierigkeiten vor dem Bundesverfassungsgericht, und auf der anderen Seite aber hilfreich ist, so dass man weiß, an wen man sich wenden muss.
Denn schauen Sie: wenn wir zu viel einstellen, dann wiederum machen wir auch unsere Quellen kaputt, auf die die Nachrichtendienste angewiesen sind, und das können wir uns auch nicht leisten, denn der Kampf gegen den Terror und gegen die Terrorgefahren der muss schon so geführt werden, dass er einerseits professionell ist und andererseits unseren Verfassungsvorgaben entspricht.
Engels: Ihr Amtskollege aus Niedersachsen, der CDU-Politiker Uwe Schünemann, ist aber noch weitergegangen. Er will trotz der gerade von Ihnen geäußerten Bedenken möglichst viele Personendaten in diese Datei stecken. Sonst droht er gar mit Ablehnung des ganzen Konzepts im Bundesrat. Wird es so weit kommen?
Stegner: Das glaube ich kaum und wissen Sie der niedersächsische Kollege ist manchmal sehr forsch mit seinen öffentlichen Forderungen. Ich glaube es muss jetzt darum gehen, dass wir nach dieser Debatte relativ rasch zu einem vernünftigen Gesetzgebungsverfahren kommen. Das erwarten die Bürgerinnen und Bürger übrigens auch. Wer jetzt immer wieder neue Forderungen einbringt oder ganz alte wieder ausgräbt, obwohl man sich eigentlich einigen könnte, der verhindert eigentlich nur ein zügiges Inkrafttreten der von allen Seiten geforderten Anti-Terror-Datei und das sollten wir uns nicht leisten.
Deswegen gehe ich davon aus, dass wir am Ende bei einem vernünftigen und pragmatischen Kompromiss landen werden, übrigens auch einem, bei dem sich ja die Bundesregierung schon einig war, beispielsweise mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten und mit den Innenministern der Ländern. Also bei gutem Willen kann man schon zu einem vernünftigen Ergebnis kommen.
Engels: Nun haben wir gerade erlebt, dass die britische Polizei offenbar bevorstehende Terroranschläge vereitelt hat. Könnten Sie sich angesichts dieser neuen Entwicklungen vorstellen, dass es Fälle gibt, wo die Terrorabwehr Vorrang vor dem Datenschutz einer solchen Datei haben muss?
Stegner: Generell reden wir bei Gefahrenabwehr und Datenschutz über zwei wichtige Dinge. Im Zweifelsfall bin ich immer dafür, dass wir natürlich aufpassen müssen, dass die Gefahrenabwehr keinen Schaden leidet, denn der Schutz der Bevölkerung, das ist natürlich schon das überwiegende Ziel. Aber wir reden ja zunächst mal über ein Gesetzgebungsverfahren und da muss man das meines Erachtens ordentlich machen. Schauen Sie das, was in Großbritannien geschehen ist, zeigt ja auch, dass die Polizei erfolgreich arbeitet. Das tut sie in Deutschland auch. Manchmal geht mir das mit den martialischen Forderungen, jetzt noch ein Gesetz zu ändern, dort etwas zu verschärfen, ein Stück zu weit. Solide Polizeiarbeit und gute Zusammenarbeit aller Behörden, das ist das was wir brauchen und das können wir auch auf der Basis der Entwürfe, die zwischen Bund und Ländern ausgearbeitet worden sind.
Engels: Gestern traf sich ja der Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble in London mit einigen EU-Amtskollegen. Da kommt ja direkt der Gedanke auf, ob man diese Anti-Terror-Datei eigentlich auch europaweit organisieren sollte. Gibt es solche Planungen?
Stegner: Es muss jedenfalls die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene optimiert werden. Das ist das gleiche, was wir ja im Bund und bei den Ländern auch tun müssen bei verschiedenen Zuständigkeiten. Und dass man Erkenntnisse, die man hat, weitergibt, das ist ja auch die Praxis zum Beispiel bei den Verfassungsschutzbehörden. Ob man das nun mit einer Datei hinkriegt, das weiß ich nicht. Ich bin dafür, dass man Schritt für Schritt in die richtige Richtung arbeitet, und ich glaube gerade bei der Terrorabwehr haben wir doch einige Verbesserungen erzielt in den letzten Jahren, denn das sieht man ja daran. Solche Dinge werden dann glücklicherweise aufgedeckt und verhindern, dass Schlimmeres passiert. Ich sage noch einmal: der Schutz der Bevölkerung ist ein so wichtiges Gut, dass wir alles was wir können an europäischer Zusammenarbeit natürlich auch organisieren müssen.
Engels: Nun haben aber die EU-Minister gestern auch weitere Schritte angedacht. Herr Schäuble sprach zum Beispiel von einem Verbot von Flüssigkeiten generell im Handgepäck bei Flugreisen. Daneben ist aber auch ein schärferes Vorgehen gegen terroristische Web-Seiten und Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen auf Flughäfen in der Planung. Ziehen Sie da mit?
Stegner: Ich glaube, dass die meisten Flugpassagiere, sicherlich die überwiegende Anzahl, froh ist, wenn sie sicher fliegen können und nicht Angst haben müssen vor dem Fliegen und dass man dann ein Höchstmaß an Schutzvorkehrungen auch trifft, auch wenn das mit Beeinträchtigungen verbunden ist etwa beim Handgepäck. Das glaube ich ist schon sinnvoll. Kleinstaaterei macht da wenig Sinn: das heißt der eine verlangt dies und der andere verlangt jenes. Das wird nicht gehen.
Also auch da vernünftige Zusammenarbeit, wobei ich auch hier dafür plädieren möchte, dass man pragmatisch handelt und dass man nun nicht alles, was wünschbar ist, sich ausdenkt und immer meint, wenn solche Gelegenheiten da sind, dann nutze ich das mal, um noch schärfere Forderungen zu erheben. Das ist nicht notwendig, aber dass die Bürger sicher fliegen können nach menschlichem Ermessen – und eine totale Sicherheit ist ja nicht möglich in unseren freien Gesellschaften -, das ist glaube ich schon etwas, was die meisten Bürger auch akzeptieren und auf Flughäfen ja auch heute schon akzeptieren. Und ob man nun Flüssigkeiten im Handgepäck dabei haben muss, das lasse ich mal dahingestellt. Da wird es sicher auch Ausnahmefälle geben. Im Prinzip wird man aber glaube ich damit zurecht kommen, wenn man sich auf so etwas verständigt.
Engels: Ralf Stegner, Innenminister des Landes Schleswig-Holstein und SPD-Politiker. Ich bedanke mich für das Gespräch.
Stegner: Danke Ihnen!
Am Telefon ist nun Ralf Stegner (SPD). Er ist Innenminister des Landes Schleswig-Holstein. Guten Morgen Herr Stegner!
Stegner: Guten Morgen Frau Engels!
Engels: Herr Stegner, reicht denn diese Index-Datei zur Terrorabwehr aus?
Stegner: Also nach unserer Einschätzung schon. Es geht ja darum, dass die verschiedenen Dienste zusammenarbeiten, aber dass wir schon die Statik des Grundgesetzes einhalten und im Grundgesetz ist nun eindeutig vorgesehen, dass es eine Trennung geben muss zwischen Polizei auf der einen Seite und Verfassungsschutzbehörden auf der anderen Seite. Wir wollen ja kein Gesetz machen, wo am Ende das Bundesverfassungsgericht sagt, das ist nicht in Ordnung, hebt es wieder auf. Dann ist niemandem geholfen.
Engels: Aber Bundesinnenminister Schäuble arbeitet offenbar an einem Gesetzentwurf, der mehr Volltextdaten beinhalten soll, damit man eben auch im Fall der Gefahrenabwehr schneller handeln kann. Das klingt doch erst einmal logisch.
Stegner: Es ist im Grundsatz ja so, dass wir seit einer ganzen Weile über dieses Thema zwischen Bund und Ländern diskutieren. Da gab es früher sehr weitgehende Vorstellungen, auch schon von Herrn Schily, und man hat sich inzwischen angenähert. Das Land Schleswig-Holstein hat auch mitgearbeitet an einem gemeinsamen Entwurf. Die Grundlage dessen, was jetzt in die Beratung kommt, entspricht dem, was wir verabredet haben und ist insofern für den Vollzug aus unserer Sicht auch geeignet.
Wenn nun Kritik von der einen Seite kommt, das sei zu weitgehend, und von der anderen Seite, es sei nicht weitgehend genug, dann ist vermutlich die Grundlage vernünftig und nun muss man sehen, dass man auf der einen Seite zu einem Entwurf kommt, der eben nicht eine überzogene Datenspeicherung beinhaltet, denn sonst kriegen wir Schwierigkeiten vor dem Bundesverfassungsgericht, und auf der anderen Seite aber hilfreich ist, so dass man weiß, an wen man sich wenden muss.
Denn schauen Sie: wenn wir zu viel einstellen, dann wiederum machen wir auch unsere Quellen kaputt, auf die die Nachrichtendienste angewiesen sind, und das können wir uns auch nicht leisten, denn der Kampf gegen den Terror und gegen die Terrorgefahren der muss schon so geführt werden, dass er einerseits professionell ist und andererseits unseren Verfassungsvorgaben entspricht.
Engels: Ihr Amtskollege aus Niedersachsen, der CDU-Politiker Uwe Schünemann, ist aber noch weitergegangen. Er will trotz der gerade von Ihnen geäußerten Bedenken möglichst viele Personendaten in diese Datei stecken. Sonst droht er gar mit Ablehnung des ganzen Konzepts im Bundesrat. Wird es so weit kommen?
Stegner: Das glaube ich kaum und wissen Sie der niedersächsische Kollege ist manchmal sehr forsch mit seinen öffentlichen Forderungen. Ich glaube es muss jetzt darum gehen, dass wir nach dieser Debatte relativ rasch zu einem vernünftigen Gesetzgebungsverfahren kommen. Das erwarten die Bürgerinnen und Bürger übrigens auch. Wer jetzt immer wieder neue Forderungen einbringt oder ganz alte wieder ausgräbt, obwohl man sich eigentlich einigen könnte, der verhindert eigentlich nur ein zügiges Inkrafttreten der von allen Seiten geforderten Anti-Terror-Datei und das sollten wir uns nicht leisten.
Deswegen gehe ich davon aus, dass wir am Ende bei einem vernünftigen und pragmatischen Kompromiss landen werden, übrigens auch einem, bei dem sich ja die Bundesregierung schon einig war, beispielsweise mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten und mit den Innenministern der Ländern. Also bei gutem Willen kann man schon zu einem vernünftigen Ergebnis kommen.
Engels: Nun haben wir gerade erlebt, dass die britische Polizei offenbar bevorstehende Terroranschläge vereitelt hat. Könnten Sie sich angesichts dieser neuen Entwicklungen vorstellen, dass es Fälle gibt, wo die Terrorabwehr Vorrang vor dem Datenschutz einer solchen Datei haben muss?
Stegner: Generell reden wir bei Gefahrenabwehr und Datenschutz über zwei wichtige Dinge. Im Zweifelsfall bin ich immer dafür, dass wir natürlich aufpassen müssen, dass die Gefahrenabwehr keinen Schaden leidet, denn der Schutz der Bevölkerung, das ist natürlich schon das überwiegende Ziel. Aber wir reden ja zunächst mal über ein Gesetzgebungsverfahren und da muss man das meines Erachtens ordentlich machen. Schauen Sie das, was in Großbritannien geschehen ist, zeigt ja auch, dass die Polizei erfolgreich arbeitet. Das tut sie in Deutschland auch. Manchmal geht mir das mit den martialischen Forderungen, jetzt noch ein Gesetz zu ändern, dort etwas zu verschärfen, ein Stück zu weit. Solide Polizeiarbeit und gute Zusammenarbeit aller Behörden, das ist das was wir brauchen und das können wir auch auf der Basis der Entwürfe, die zwischen Bund und Ländern ausgearbeitet worden sind.
Engels: Gestern traf sich ja der Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble in London mit einigen EU-Amtskollegen. Da kommt ja direkt der Gedanke auf, ob man diese Anti-Terror-Datei eigentlich auch europaweit organisieren sollte. Gibt es solche Planungen?
Stegner: Es muss jedenfalls die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene optimiert werden. Das ist das gleiche, was wir ja im Bund und bei den Ländern auch tun müssen bei verschiedenen Zuständigkeiten. Und dass man Erkenntnisse, die man hat, weitergibt, das ist ja auch die Praxis zum Beispiel bei den Verfassungsschutzbehörden. Ob man das nun mit einer Datei hinkriegt, das weiß ich nicht. Ich bin dafür, dass man Schritt für Schritt in die richtige Richtung arbeitet, und ich glaube gerade bei der Terrorabwehr haben wir doch einige Verbesserungen erzielt in den letzten Jahren, denn das sieht man ja daran. Solche Dinge werden dann glücklicherweise aufgedeckt und verhindern, dass Schlimmeres passiert. Ich sage noch einmal: der Schutz der Bevölkerung ist ein so wichtiges Gut, dass wir alles was wir können an europäischer Zusammenarbeit natürlich auch organisieren müssen.
Engels: Nun haben aber die EU-Minister gestern auch weitere Schritte angedacht. Herr Schäuble sprach zum Beispiel von einem Verbot von Flüssigkeiten generell im Handgepäck bei Flugreisen. Daneben ist aber auch ein schärferes Vorgehen gegen terroristische Web-Seiten und Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen auf Flughäfen in der Planung. Ziehen Sie da mit?
Stegner: Ich glaube, dass die meisten Flugpassagiere, sicherlich die überwiegende Anzahl, froh ist, wenn sie sicher fliegen können und nicht Angst haben müssen vor dem Fliegen und dass man dann ein Höchstmaß an Schutzvorkehrungen auch trifft, auch wenn das mit Beeinträchtigungen verbunden ist etwa beim Handgepäck. Das glaube ich ist schon sinnvoll. Kleinstaaterei macht da wenig Sinn: das heißt der eine verlangt dies und der andere verlangt jenes. Das wird nicht gehen.
Also auch da vernünftige Zusammenarbeit, wobei ich auch hier dafür plädieren möchte, dass man pragmatisch handelt und dass man nun nicht alles, was wünschbar ist, sich ausdenkt und immer meint, wenn solche Gelegenheiten da sind, dann nutze ich das mal, um noch schärfere Forderungen zu erheben. Das ist nicht notwendig, aber dass die Bürger sicher fliegen können nach menschlichem Ermessen – und eine totale Sicherheit ist ja nicht möglich in unseren freien Gesellschaften -, das ist glaube ich schon etwas, was die meisten Bürger auch akzeptieren und auf Flughäfen ja auch heute schon akzeptieren. Und ob man nun Flüssigkeiten im Handgepäck dabei haben muss, das lasse ich mal dahingestellt. Da wird es sicher auch Ausnahmefälle geben. Im Prinzip wird man aber glaube ich damit zurecht kommen, wenn man sich auf so etwas verständigt.
Engels: Ralf Stegner, Innenminister des Landes Schleswig-Holstein und SPD-Politiker. Ich bedanke mich für das Gespräch.
Stegner: Danke Ihnen!