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Stellvertretende CSU-Vorsitzende: Seehofer kann die Partei zusammenzuführen

Die Vizepräsidentin des bayerischen Landtags und stellvertretende CSU-Vorsitzende Barbara Stamm hält den designierten CSU-Chef Horst Seehofer für den Richtigen, um der Parteibasis innenpolitische Themen wieder deutlicher zu machen. Man habe den Bürgern im Laufe der Jahre zu wenig zugehört, so Stamm.

Barbara Stamm im Gespräch mit Sandra Schulz |
    Sandra Schulz: Von erdrutschartigen Verlusten sprechen Wahlforscher bei Verlusten von mehr als fünf Prozentpunkten. Ein Stimmenverlust von mehr als 17 Prozentpunkten sei dagegen, so der Parteienforscher Gero Neugebauer hier im Deutschlandfunk, ein Erdbeben und Tsunami zusammen. Nun war es aber eben nicht die Akkumulierung von Naturereignissen, die die CSU bei den bayerischen Landtagswahlen am Sonntag erlebt hat, sondern das Wahlergebnis ist Menschen-gemacht. Darum hat es nun auch personelle Konsequenzen gegeben. Der CSU-Vorsitzende Huber und seine Generalsekretärin Haderthauer gehen. Tut sich personell noch mehr? Heute konstituiert sich die Landtagsfraktion.
    Was wird sich nun ändern bei der CSU? - Darüber wollen wir in den kommenden Minuten sprechen. Telefonisch bin ich mit Barbara Stamm verbunden, der stellvertretenden Vorsitzenden der CSU und Vizepräsidentin des bayerischen Landtags. Guten Morgen!

    Barbara Stamm: Guten Morgen, Frau Schulz.

    Schulz: Frau Stamm, steht Horst Seehofer als neuer Parteivorsitzender für einen Generationenwechsel in der CSU?

    Stamm: Horst Seehofer steht dafür, dass er mit Sicherheit nicht nur alles versuchen wird, sondern dass er in der Lage ist, die Partei zusammenzuführen, und dass wir im Grunde genommen dann auch gut aufgestellt sind für das, was für die Zukunft wichtig und notwendig ist.

    Schulz: Aber Horst Seehofer gehört ja schon seit Jahren zur Parteiführung, wenn auch mit Unterbrechungen. Warum soll er die Partei aus der Krise führen können?

    Stamm: Horst Seehofer hat schon immer eine führende Rolle in der Partei gespielt, nicht erst seit heute, sondern schon seit vielen, vielen Jahren. Er hat auch viele Qualitäten, mit Menschen zu sprechen, auch zuzuhören. Von daher gesehen: es hat sich nun einmal alles so ergeben und ich bin da guten Mutes.

    Schulz: Menschen zuzuhören, ist das eine Schwäche der bisherigen Parteiführung gewesen?

    Stamm: Es ist mit Sicherheit keine Schwäche gewesen, aber im Laufe der Jahre ist es vielleicht ein bisschen zu wenig geworden. Sie haben ja selber berichtet, dass Horst Seehofer ja auch sozusagen sein Motiv, das man sich wieder stärker den Menschen zuwendet, verkündet hat. Von daher gesehen denke ich schon, dass hier auch die Menschen wieder stärker mitgenommen werden müssen und innenpolitische Entscheidungen wieder deutlicher gemacht werden müssen.

    Schulz: Worauf spielen Sie da konkret an?

    Stamm: Ich spiele da überhaupt nicht konkret an. Ich will nur sagen, dass wir natürlich in den vergangenen Jahren, vor allen Dingen auch seit 2003 den Menschen letztlich sehr viel zugemutet haben, alleine mit dem ausgeglichenen Haushalt 2006. Im Nachhinein gesehen kann es, glaube ich, aber niemand ernsthaft geben, der nicht der Auffassung ist, dass es richtig ist, die Finanzen in Ordnung zu bringen, weil wir ja nicht immer mehr Schulden unseren Kindern und deren Kindern mit auf den Weg geben dürfen.

    Schulz: Wenn Horst Seehofer alle Qualitäten hat, die die CSU jetzt braucht, sollte er dann nicht auch Ministerpräsident werden?

    Stamm: Ich führe heute Morgen, Frau Schulz, nicht das Gespräch mit Ihnen, um hier weitere Personalspekulationen anzugehen. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die hier übers Mikrofon diese Dinge in den Mittelpunkt stellen.

    Schulz: Dann spekulieren wir in eine andere Richtung. Ihre Tochter Claudia hat ja auch für den bayerischen Landtag kandidiert, allerdings für die Partei Die Grünen. Von einem Engagement für Ihre Partei konnten Sie Ihre Tochter nicht überzeugen?

    Stamm: Ja, gut. Kinder gehen ihren eigenen Weg und natürlich war ich da als Mutter nicht groß begeistert gewesen. Aber in einer Familie, wo drei Kinder sind und Politik eigentlich mehr oder weniger zum Lebensinhalt geworden ist, muss man froh und dankbar sein, wenn sich Kinder überhaupt politisch engagieren. Sie hat sich den Weg gesucht. Ich war darüber nicht begeistert. Aber wir sind eine Familie und da hält die Familie auch zusammen.

    Schulz: Wenn Sie sich Ihre Partei, die CSU, angucken, hätten Sie denn Ihrer Tochter zu einer Karriere in der CSU raten können?

    Stamm: Es geht nicht um raten. Ich selbst habe ja auch den Weg in die CSU gewählt und ich bin ja viele, viele Jahre dabei. Es war nicht immer einfach gewesen, aber immerhin konnte ich in der Partei und auch in der Regierung mir Positionen erarbeiten. Von daher gesehen ist es möglich, in meiner Partei nicht nur zu arbeiten, sondern sogar auch enorme Verantwortung zu übernehmen.

    Schulz: Aber warum tut sich die CSU so schwer mit Antworten auf Fragen, die jetzt aktuelle Entwicklungen aufwerfen, die Globalisierung, der Klimawandel?

    Stamm: Ich weiß nicht, ob wir uns da schwer tun. Wir waren sicher themenmäßig im Wahlkampf nicht nur gut, sondern wir waren hervorragend aufgestellt. Ich selbst war ja im Wahlkampf schon sehr, sehr viel unterwegs gewesen und habe natürlich immer deutlich gespürt, dass die Lebenslagen von Menschen sehr, sehr unterschiedlich sind. In diesen Wahlkampf haben vor allen Dingen auch bundespolitische Themen hineingespielt. Bei vielen Menschen, vor allen Dingen auch bei Familien mit Kindern, bei der Mittelschicht ist es halt in den letzten Jahren immer enger geworden im Geldbeutel. Die Dinge des Lebens haben sich immer mehr verteuert. Von daher müssen wir eben auch sehr viel differenzierter wieder an politische Themen und an das, was die Menschen bewegt, und an das, was die Menschen berührt, herangehen.

    Schulz: Aber wenn sie so gut aufgestellt waren, sehr gut aufgestellt waren, wie Sie sagen, wie kommt es dann, dass gerade bei jüngeren Wählern die Verluste an die 30 Prozentpunkte herangehen.

    Stamm: Ja, das hängt nun mit Sicherheit auch damit zusammen, dass die Begeisterung bei jungen Menschen, was Politik anbelangt, mit Sicherheit nicht unbedingt bei allen sehr, sehr groß ist. Auf der anderen Seite muss man natürlich in der Wahlanalyse sich die Dinge auch genau anschauen. Meines Wissens ist es auch bei der Mittelschicht zum Teil sehr, sehr schwierig gewesen. Was mir ja schon seit Jahren Sorgen bereitet ist die immer geringere Wahlbeteiligung, die wir letztlich auch haben. Das war ja vor allen Dingen auch bei der Europawahl ganz, ganz deutlich zu sehen gewesen. Da müssen wir natürlich auch schauen, wie wir letztlich Demokratie wieder ein Stück verstärken können und das Vertrauen in politische Entscheidungen wieder mehr festigen können.

    Schulz: Steht Horst Seehofer mit seiner persönlichen Geschichte denn über jeden Zweifel erhaben?

    Stamm: Ich bitte, Frau Schulz. Das sind Dinge. Horst Seehofer ist ein Politiker, mit dem ich seit vielen, vielen Jahren vor allen Dingen im Gesundheitsbereich und auch als Kollegin im stellvertretenden Parteivorsitz zusammen gearbeitet habe. Horst Seehofer ist jetzt ja auch auf bundespolitischer Ebene wiederum eingestiegen in die Verantwortung. Von daher gesehen war er immer einer von uns gewesen, der nicht nur Führungspositionen wahrgenommen hat, sondern auch in der Lage ist, das weiterhin zu tun. Aber ich möchte hier, wenn ich schon die Gelegenheit habe, auch sagen, nachdem Erwin Huber ja gestern zurückgetreten ist, dass ich ihm einen großen Respekt zolle für den Weg, den er letztlich gegangen ist.

    Schulz: Barbara Stamm, die stellvertretende CSU-Vorsitzende und Vizepräsidentin des bayerischen Landtags, heute Morgen im Deutschlandfunk. Danke schön!

    Stamm: Bitte schön!