
Fünf Wochen ist das Urteil des Bundesfinanzhofes alt – und noch immer herrscht Alarmstufe rot unter Umwelt-, Natur- und Tierschutzverbänden und bei vielen globalisierungskritischen Organisationen. Vor fünf Wochen hatte Deutschlands höchstes Finanzgericht der Organisation Attac die Gemeinnützigkeit aberkannt. Seitdem geht die Furcht um, dies könne Schule machen und auch andere treffen – und deshalb wurde heute Widerstand angekündigt.
"Das machen wir nicht mit!"
...sagt Michael Müller, einst Staatssekretär im Bundesumweltministerium und heute Bundesvorsitzender der Naturfreunde Deutschland.
"Wir sagen ganz klar: die Kritik an einzelnen Verbänden empfinden wir als Angriff auf unser Engagement insgesamt."
Die Angriffe nehmen zu, stellt denn auch der Vorsitzende des BUND, Hubert Weiger, fest – und das mit einem ganz klaren Ziel:
"Es geht darum, dass versucht wird, uns die Glaubwürdigkeit abzusprechen, um Versuche der Einschränkung der Finanzierungsmöglichkeiten bis hin zu politischen Einschüchterungen."
Entzug der Gemeinnützigkeit schlimmer als ein Verbot
...und das alles – so sehen es die Verbände – unter dem Deckmantel des Steuerrechts, indem die Organisationen fürchten müssen, dass ihnen die Gemeinnützigkeit aberkannt werden könnte – so wie bei Attac Ende Februar. Begründung damals: Attac verfolge rein politische Ziele, diese seien aber nicht vom Steuerrecht geschützt. Attac darf deshalb keine Spendenbescheinigungen mehr ausstellen, Spenden sind nicht mehr steuerlich absetzbar. Und genau das grabe den betroffenen Verbänden und Organisationen das Wasser ab, warnt Hubert Weiger:
"Da muss ich nicht verbieten. Im Endergebnis wird die Organisation mit erheblichen nicht nur finanziellen, sondern auch Unterstützungsproblemen zu tun haben und das ist viel schlimmer als ein Verbot. Dagegen könnte ich was machen, aber mir werden die Wurzeln entzogen."
Umweltverbände aus der Natur der Sache heraus kritisch
Deshalb fordern die Verbände, unbequeme Organisationen, die auf demokratischem Wege, etwa durch Demonstrationen oder Aufrufe, oder mit juristischen Mitteln, wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit den Fahrverbotsurteilen, nicht über das Steuerrecht mundtot zu machen. Der Staat brauche zivilgesellschaftliches Engagement, Umweltverbände beispielsweise seien oft aus der Natur der Sache heraus kritisch, betont auch Michael Müller:
"Unser Ansatz ist nicht vereinbar mit dem, was ist – das ist ja der eigentliche Punkt."
Der Katalog gemeinnütziger Aktivitäten müsse deshalb ausgeweitet werden, damit Klarheit herrsche, fordert denn auch Felix Kolb von Campact, einer Organisation, die ebenfalls um ihre Gemeinnützigkeit zittert. Nötig sei eine Art Demokratieklausel in der einschlägigen Abgabenordnung:
"Was es braucht, ist eine Klarstellung, dass politische Äußerungen zu egal welchem Thema völlig gemeinnützigkeitsunschädlich sind – egal ob ich diesen Satzungszweck in meiner Satzung drin habe oder nicht. Das ist dringend notwendig."
Und so sammeln die Verbände ihre Kräfte. Für sie hat die Kraftprobe um ihre Gemeinnützigkeit gerade erst begonnen.