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Steuerreform: Gegenfinanzierung muss her

Lange: Am Telefon ist nun der Finanzminister des Freistaats Bayern Kurt Faltlhauser. Herr Faltlhauser, Guten Tag.

    Faltlhauser: Guten Morgen.

    Lange: Herr Faltlhauser, wird Bayern mitziehen, wenn es darum geht, die dritte Stufe der Steuerreform vorzuziehen?

    Faltlhauser: Das kommt darauf an.

    Lange: Worauf?

    Faltlhauser: Wir haben immer gesagt, wir wollen möglichst schnelle Steuerentlastung. Wir hätten sie schon seit 1998, wenn die jetzigen Regierungsparteien mitgemacht hätten. Stichwort Petersberger Beschlüsse. Das ist aber Vergangenheit. Nur: Wenn man jetzt die Stufe vorzieht, kostet das 18 Milliarden. Eines sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit: Eine Steuerentlastung auf Pump kann es nicht geben. So etwas völlig Unverantwortliches darf man nicht machen. Wir haben ohnehin schon eine Nettoneuverschuldung in diesem Jahr alle miteinander - Länder und Kommunen - von 75 Milliarden Euro oder 150 Milliarden D-Mark. Das bringt aber konjunkturell auch nichts, wie man unschwer erkennen kann. Dieses Vorziehen wird wahrscheinlich vom Wachstum her auch nicht viel bringen. Wir können die nächste Generation nicht noch weiter mit Schulden und Zinsen überlasten. Deshalb kann dieser Weg nicht in Frage kommen. Ein zweiter Weg, dass man, so wie im Haushalt schon vorgesehen, den Herr Eichel vor drei Tagen vorgelegt hat, gleichzeitig auch noch Steuervergünstigungen abbaut - zum Beispiel die Entfernungspauschale oder die Wohnungsbauförderung -, das kann unmöglich so laufen. Auf der einen Seite Entlastung und gleichzeitig sollen die Bürger oder zumindest Gruppen der Bürger es bezahlen. Das ist ein Taschenspielertrick, gegen den ich mich massiv wende.

    Lange: Ergo, aus Ihrer Sicht, keine Steuerreform?

    Faltlhauser: Wenn intelligente Lösungen vorgelegt werden über Subventionsabbau, die auch den Ländern einen Spielraum geben - wir müssen ja auch 7,5 Milliarden davon bezahlen - und die den Kommunen vor allen Dingen, die 3 Milliarden fast davon tragen müssen, ein Angebot machen, dann könnte es gehen. Ich erwarte mir aber insbesondere mit Blick auf die Kommunen auch eine wirksame und im nächsten Jahr realisierbare Gegenfinanzierung. Wenn das nicht so ist, haben wir auch auf der kommunalen Seite eine Verschärfung des finanziellen Desasters.

    Lange: Wie sähe denn aus Ihrer Sicht eine seriöse Gegenfinanzierung aus? Woran denken Sie denn da?

    Faltlhauser: Ich habe diese Gegenfinanzierung nicht anzubieten. Die Bundesregierung hat jetzt beschlossen, vorzuziehen, und ich verlange, dass die Bundesregierung eine seriöse Gegenfinanzierung vorlegt. Diese Arbeitsteilung, dass sie einerseits die Wohltaten für die Bürger verkünden und die Arbeit der Gegenfinanzierung die Opposition machen soll, auf den Leim gehe ich nicht.

    Lange: Ihr Ministerpräsident Edmund Stoiber hatte als Kanzlerkandidat auch eine dicke Wurst ins Fenster gehängt, die er ja auch nur durch Etatumschichtung und Subventionskürzungen hätte bezahlen können. Stichwort Familiengeld. Setzen Sie da nicht ein bisschen die Glaubwürdigkeit der Union aufs Spiel?

    Faltlhauser: Nein, das Familiengeld war eine Angelegenheit, die sehr, sehr langfristig angelegt war, auf viele Jahre. Hier geht es aber jetzt um eine Hopplahopp-Entscheidung, wo auch bitte schön Hopplahopp eine Gegenfinanzierung her muss. Wenn das nicht kommt, ist das eine Fortsetzung der unseriösen Politik dieser Bundesregierung.

    Lange: Sie könnten sich aber damit dem Vorwurf aussetzen, Sie betreiben eine Blockadestrategie wie Lafontaine oder Strauß. Damit könnten Sie leben?

    Faltlhauser: Wer unbedingt den festen Willen hat zur Diffamierung ohne sachlichen Grund, der kann dann Blockadepolitik sagen. Ich glaube aber, wir haben die Verantwortlichkeit, den Bürgern nicht zu sagen, wir schenken euch etwas, sondern wir haben gleichzeitig den Bürgern zu sagen: Vorsicht - das zahlt ihr zum großen Teil selber, oder das zahlt die nächste Generation. Das ist der entscheidende Punkt, denn das nenne ich verantwortliche Politik.

    Lange: Die Union stellt in mehreren Ländern zusammen mit der FDP die Regierung. Die FDP sagt aber, wir machen da jetzt dann doch mit, auch wenn es nicht das 100-prozentige Modell ist, das wir mittragen wollen. Kommen da neue Konfliktpotenziale auf die Unionsparteien zu?

    Faltlhauser: Das kann ich nicht beurteilen. Wir regieren in Bayern Gott sei Dank alleine, und das wird auch so bleiben. Insofern kann ich die internen Konflikte mit der FDP nicht abschätzen. Die Standfestigkeit der FDP ist mir auch nicht unbedingt ein Begriff, also ist das außerhalb meiner Reichweite.

    Lange: In den Informationen am Mittag war das Kurt Faltlhauser, der bayerische Finanzminister. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.

    Faltlhauser: Auf Wiederhören.