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"Steve Jobs hat geeigneten Zeitpunkt für seinen Rücktritt gewählt"

Apple könnte in diesem Jahr trotz des Weggangs von Steve Jobs einen Rekordgewinn verbuchen, meint der Kommunikationswissenschaftler Peter Zec. Den Patentrechtsstreit mit Samsung hält er aus Sicht von Apple für verständlich.

Peter Zec im Gespräch mit Bettina Klein | 26.08.2011
    Bettina Klein: Was wird aus Apple nach dem Rücktritt des erfolgreichen Konzernchefs Steve Jobs, fragen sich in diesen Tagen nicht nur die Fans seiner Computer-Geräte, sondern ebenso auch Beobachter der Branche und der Börsen, durchaus auch die Kritiker von Apple. Fest steht: Nicht nur das Design hat zum Erfolg des Unternehmens beigetragen; es ist inzwischen einer der weltweit größten Musikverkäufer, um nur ein Beispiel zu nennen, und Apple wehrt sich auch juristisch gegen Konkurrenten. Gerade gestern hat das Landgericht Düsseldorf eine einstweilige Verfügung bestätigt, wonach Geräte des Konkurrenten Samsung, die dem iPad zu ähnlich seien, nicht verkauft werden dürfen. Aber das Design hat eine große Rolle gespielt, und deswegen begrüße ich jetzt am Telefon Professor Peter Zec. Er ist Industrie-Designer und Kommunikationswissenschaftler am Design-Zentrum in Essen. Schönen guten Morgen!

    Peter Zec: Guten Morgen, Frau Klein.

    Klein: Neue Ära bei Apple? Hat das Unternehmen den Zenit des Erfolgs jetzt überschritten?

    Zec: Ich denke, da ist noch eine Menge Spielraum drin, vor allen Dingen, wenn man jetzt mal aus der Design-Sicht einfach auf die wirtschaftlichen Zahlen guckt. Wenn man sich anguckt, das Ergebnis der ersten drei Quartale, dann können wir eigentlich für das Geschäftsjahr 2011 noch mal ein Rekordjahr erwarten. Ich glaube, das Unternehmen ist so gut aufgestellt mit den Produkten, dass Steve Jobs einen geeigneten Zeitpunkt für seinen Rücktritt gewählt hat, sodass das Unternehmen nicht gleich sozusagen abfallen wird.

    Klein: Wenn man mal so den größeren Zusammenhang betrachtet, mit dem Touchscreen zum Beispiel wurde ja eine neue Dimension erreicht in der Verbindung aus Design und Anwendungskomfort. Ist das überhaupt noch steigerbar?

    Zec: Ja sicher! Stellen Sie sich mal vor, Sie könnten rein mit der Sprache, oder nur mit Augenbewegungen etwas steuern. Das wäre ja sozusagen noch mal eine Revolution und ich weiß, dass in der Industrie an derartigen Entwicklungen gearbeitet wird, und da könnte man auch von Apple noch einiges erwarten.

    Klein: Dazu sind Visionäre erforderlich und Sie würden sagen, die wird es in diesem Konzern und auch in anderen Konzernen geben in Zukunft?

    Zec: Ja ich denke schon, weil gerade Apple arbeitet ja auch gerade mit Schülern, Studenten, freiberuflichen Kreativen. Die stecken ja alle in diesem Social Netzwerk drin, die diese Geräte nutzen, und da gibt es eine Feedback-Schleife. Das heißt also, das Unternehmen ist bestens vernetzt mit seinen Benutzern und von dorther wird man auch immer wieder frische Impulse bekommen, ganz sicher.

    Klein: Es geht natürlich nicht nur um das Design. Die Möglichkeiten, die diese Geräte bieten, verändern ja in gewisser Weise auch unser Verhalten, sofern wir das benutzen, und damit verändern sie auch in gewisser Weise unsere Welt. Worin sehen Sie die gravierendsten Auswirkungen im Augenblick?

    Zec: Ich denke, dass Apple es mit den Geräten geschafft hat, eine Gebrauchbarkeit des Informationszeitalters zu ermöglichen. Das heißt also, egal welcher Altersgruppe man angehört, man ist in der Lage, mit den Apple-Geräten relativ leicht sofort den Zugang zu dieser neuen Informationswelt zu bekommen, und damit hat Apple auch für unser Kommunikationsverhalten im Grunde genommen neue Maßstäbe gesetzt.

    Klein: Und die nächste Stufe wäre dann - das haben Sie gerade angedeutet -, wir können Computer mit der Sprache oder den Augen steuern?

    Zec: Richtig.

    Klein: Man muss dazu sagen, dass Produkte der Firma Apple in Ihrem Haus immer wieder mit dem red dot design award gewürdigt wurden. Was war aus Ihrer Sicht der Grund, dass ausgerechnet Apple mit diesem Design so erfolgreich war, und was ist das Charakteristische für Sie an diesem Design?

    Zec: Das geht eigentlich auf die alte Bauhaus-Tradition zurück. Da hat ja damals der alte Bauhaus-Meister Mies van der Rohe den Spruch geprägt, "less is more", weniger ist mehr, und man sollte die Dinge auf das Wesentliche reduzieren, und das macht Apple eigentlich. An den Geräten ist keine Funktion zu viel, kein Hebel zu viel. Der Touchscreen ist selbsterklärend, das heißt, wir können mit diesen Geräten sofort, wenn wir sie in Betrieb genommen haben, umgehen. Und diese Einfachheit, auch die Schlichtheit in der Gestaltung, oder die Haptik dieser Geräte - zum Beispiel das iPhone ist ja ein richtiger Handschmeichler -, diese besonderen Eigenschaften im Gebrauch, die machen das Design so einzigartig.

    Klein: Es gibt natürlich auch Kritiker dieser Produkte. Das hängt mit Geschmacksfragen, aber auch mit anderen Dingen zusammen. Sind Sie jetzt eigentlich ein uneingeschränkter Anhänger, oder gibt es aus Ihrem Standpunkt etwas zu bemängeln?

    Zec: Ja, manchmal. Ich reise immer mit zwei iPhones, weil manchmal geht eines kaputt. Das ist insofern manchmal sehr unangenehm, wenn man unterwegs ist. Das heißt also, ich glaube manchmal, auf dem technischen Niveau lässt sich da noch einiges verbessern bei den einzelnen Geräten. Aber auch da, denke ich, macht das Unternehmen ganz gute Fortschritte. Aber vom Design her habe ich da natürlich gar nichts auszusetzen.

    Klein: Wir machen in diesen Tagen ziemlich viel Reklame (unbezahlte) für ein Unternehmen, das hat mit dem Abgang des renommierten Konzernchefs zu tun, und wollen deshalb gerade an dieser Stelle mal darauf hinweisen, dass es natürlich enorme Patentrechtsstreitigkeiten gibt, im Augenblick vor allen Dingen zwischen Apple und Samsung. Wir haben gerade gestern ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf gesehen, da wurde es Samsung verboten, ein iPad-ähnliches Gerät in Deutschland zu vertreiben. Das war nur die Bestätigung einer einstweiligen Verfügung, die es schon gab, und das ist auch nur eine Etappe in endlosen Rechtsstreitigkeiten. Also man muss jetzt auch mal sagen, Design allein reicht nicht aus, und Apple versucht schon, auch mit juristischen Methoden Konkurrenten vom Markt zu fegen.

    Zec: Ja, das kann man aus zweierlei Richtungen betrachten. Wenn Sie zum Beispiel überlegen, dass Samsung mit mehreren Produkten mit dem red dot geworben hat, die nie ausgezeichnet worden sind, und das Samsung das einzige Unternehmen ist, was bei uns jemals disqualifiziert worden ist, dann zeigt das auch, dass Apple nicht jeden einfach angreift, sondern wirklich sehr gefährliche, sagen wir mal, Wettbewerber im Markt. Samsung ist ja ein sehr mächtiger Weltkonzern, der dem Unternehmen Apple da schon gefährlich werden kann, vor allen Dingen, wenn es um Produkte geht, die einfach nachgeahmt werden. Das ist natürlich kein fairer Wettbewerb und da muss man sich wehren. Ansonsten spricht Steve Jobs ja oft von den sogenannten Copycats, fast mit einem Lächeln auf dem Gesicht, und macht sich schon fast über die vielen Nachahmer lustig. Bei Samsung ist das natürlich was anderes.

    Klein: Und Samsung sagt jetzt, dass in Wahrheit Apple diese Idee geklaut habe bei Stanley Kubrick. Was halten Sie von dieser Theorie?

    Zec: Wissen Sie, die Koreaner haben auch den Buchdruck erfunden, wenn man denen Glauben schenkt. Insofern muss man da, glaube ich, mal ein bisschen in die Tiefe gehen und das ist vielleicht auch eine Strategie, um da jetzt so ein bisschen Verunsicherung in den Markt zu bringen.

    Klein: Aber wirklich erfunden hat Steve Jobs dieses iPad ja nicht, sondern er hat sich sozusagen auf etwas berufen und etwas vermarktet, was schon früher von der Industrie erfunden war. Ist das richtig?

    Zec: Das ist richtig, aber er hat auch selbst nicht den iPod erfunden. Auch MP3-Player hat es vorher schon gegeben. Es ging eigentlich darum, die Perfektionierung des Vorhandenen zu betreiben, und ich denke, da hat er Einzigartiges geleistet mit Jonathan Ive zusammen.

    Klein: Und manches ist noch denkbar in der Herstellung von Computern in der Zukunft, auch bei anderen Unternehmen. - Das war ein Interview mit dem Industrie-Designer und Kommunikationswissenschaftler Peter Zec. Herzlichen Dank für das Gespräch!

    Zec: Ich danke Ihnen! Tschüss!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.