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Stinker mit Zukunft?

Technik. - Zu hoher Energieverbrauch, schlechte Umweltwerte und ein hoher Materialverschleiß haben dem Wankelmotor den Garaus gemacht. Dennoch halten Ingenieure an dem in punkto Laufruhe unschlagbaren Konzept fest und wollen es sogar für die kommende Wasserstoffwirtschaft tauglich machen.

13.08.2002
    Von Sönke Gäthke

    Von der Laufruhe des 1960 vorgestellten Wankelmotors sind Ingenieure wie Wolfgang Beyer aus Chemnitz noch heute begeistert:

    Wir haben uns den Spaß gemacht und haben aufs Fahrzeug, vorne auf den Kotflügel ein 5-Mark-Stück oder so etwas hingestellt, bei laufendem Motor blieb das stehen.

    Bei seiner Vorstellung zählte der Leiter der Entwicklungsabteilung der schwäbischen Firma NSU, Walter Froede, die Vorzüge auf:

    Der ist sehr klein im Volumen, sehr leicht herzustellen, spezifisch sehr leicht, sagen wir mal, das Gewicht pro PS ist sehr gering, und, wie gesagt, die Vibrationsfreiheit.

    Die rührt daher, dass es bei diesem Motor keine Kolben mehr auf und abwärts stampfen, wie beim Ottomotor. Stattdessen dreht sich ein dreieckiger Kolben, der sogenannte Läufer, in einem achtförmigen Gehäuse. Trotzdem der offenkundigen Vorteile setze er sich nicht durch. Mehrere Probleme ruinierten den Ruf, der hohe Verbrauch, die vielen Abgase oder die schlechte Haltbarkeit der Dichtleisten. Letztere ließen sich jedoch bereits zu Beginn der 70er Jahre durch den Einsatz neuer Materialien erheblich verbessern. Froede:

    Und der Verbrauch? Sie erwähnten ihn schon etwas. Der Verbrauch müsste um 20 Prozent unter dem der heutigen Motoren liegen.

    Dies ehrgeizige Ziel haben die Techniker allerdings bis heute nicht erreicht. Der Grund ist die ungünstige Form des Wankel-Brennraums. Optimal wäre eine Kugel, aber der Brennraum des Wankelmotors ist im Prinzip eine schmale Sichel. Das hat den Nachteil, so Franz Pischinger, Motorenentwickler aus Aachen:

    Dass eben durch diesen langgestreckten, sichelförmigen Brennraum die Wärmeverluste während der Verbrennung groß sind. Und was man nicht unmittelbar als Arbeit gewinnen kann, sondern als Wärme abführt, ist ja ein Verlust für den Motorprozess, dadurch ist der Kraftstoffverbrauch größer.

    Neben dem hohen Verbrauch verursacht dieser Brennraum aber auch die schlechten Abgaswerte. Denn die Flamme erreicht das Benzin im hinteren Teil der sichelförmigen Kammer nicht, den sogenannten Zwickel. Die Kohlenwasserstoffe werden unverbrannt in den Auspuff geschoben. Eine Lösung, die Techniker in Deutschland verfolgen, ist die Direkteinspritzung des Kraftstoffes. Das Benzin bleibt dabei im vorderen Teil des sichelförmigen Brennraums und verbrennt vollständig. Mit guten Ergebnissen, so Jürgen Bax, Geschäftsführer der Wankel-GmbH.

    Wir haben bei Direkteinspritzung wesentlich bessere Abgaswerte gemessen als es mit der äußeren Gemischaufbereitung möglich ist.

    Gleichzeitig senkt diese Technik den Verbrauch erheblich. Japanische Konstrukteure haben dagegen einen anderen Weg eingeschlagen. Sie verzichten auf eine aufwendige Einspritzanlage und lassen das Benzin-Luftgemisch statt von der schmalen Seite von der Breiten einströmen. Das reduziert den Verbrauch. Bei ihrer jüngsten Kreation haben die Techniker jetzt auch den Auslasskanal auf die Seite verlegt. Der Auspuff wird dadurch geschlossen, bevor die unverbrannten Kohlenwasserstoffe aus dem Zwickel ihn erreichen können. Das unverbrannte Gemisch wird so wieder erneut herumgedreht und kann bei der nächsten Drehung verbrannt werden. Eine Art interne Abgasrückführung also; die die Abgaswerte erheblich verbessert. Franz Pischinger:

    Man hat die Mechanik des Wankelmotors, die Dichtsysteme, den Verschleiß der Dichtsysteme, heute wirklich mit guten Materialien in den Griff bekommen, und guten Konstruktionen, und man hat über den 3-Wege-Katalysator auch sämtliche Abgasnachteile des Wankelmotors in den Griff bekommen können.

    Walter Froede ergänzt:

    Dann kann man eigentlich nur fragen: Warum bauen sie diesen Motor dann nicht schon ganz allgemein in ihre Fahrzeuge ein?

    Einer generellen Einführung des Wankelmotors stünden erhebliche Kosten im Weg. Sollte zukünftig aber Wasserstoff das Benzin ersetzen, bekäme der Wankelmotor eine zweite Chance. Denn für diesen Brennstoff eignet sich der Motor besonders gut. Pischinger:

    Der Wasserstoff hat eine sehr hohe Brenngeschwindigkeit, und da ist diese Verbrennung in einem Wankelmotor geradezu ideal, hat viele Vorteile, außerdem kann man Wasserstoff sehr mager betreiben, wo die Temperaturen nicht so hoch sind, dann sind auch die Wärmeverluste etwas einfacher. Also wir haben mit Wasserstoff sehr gute Eigenschaften gefunden im Wankelmotor.

    Heute wird der Wankelmotor vorwiegend in unbemannte Flugdrohnen oder Leichtflugzeuge eingebaut; nur Lada und Mazda setzen ihn auch in Autos ein, Mazdas neuster Wankelwagen, der RX 8, soll spätestens Anfang des nächsten Jahres auf den Markt kommen.