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Strafmaß der Anti-Doping-Agentur
Olympia und WM vier Jahre ohne Russland

Das Exekutivkomitee der Welt-Anti-Doping-Agentur hat Sanktionen wegen Manipulation von Dopingdaten aus dem Moskauer Labor gegen Russland verhängt. Danach dürfen in den nächsten vier Jahren Athleten des Landes nur unter neutraler Fahne bei Olympia oder Weltmeisterschaften starten.

Von Marina Schweizer | 09.12.2019
Südkorea, Gangneung: Olympia, Eiskunstlauf, Einzel, Damen, Kurzprogramm in der Gangneung Ice Arena. Alina Sagitowa vom Team «Olympische Athleten aus Russland» (OAR) in Aktion.
Die russische Eiskunstläuferin Alina Sagitowa - Schon 2018 traten "neutrale Athleten aus Russland" bei den Winterspielen in Pyeongchang an (picture alliance / dpa / Peter Kneffel)
Die Welt-Anti-Doping-Agentur macht Ernst: Das oberste Entscheidergremium der WADA hat einstimmig einen Ausschluss Russlands von Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften beschlossen.
Für den Chef der WADA, Craig Reedie, ist es eine gerechte Entscheidung: Russische Athletinnen und Athleten werden in den kommenden vier Jahren maximal unter neutraler Flagge bei Großveranstaltungen antreten dürfen.
"Die Konsequenzen beinhalten einen Ausschluss Russlands von Olympischen Sommer und Winterspielen und Paralympischen Spielen und Weltmeisterschaften von allen Sportverbänden, die das WADA-Regelwerk unterzeichnet haben. Und Russland darf in dieser Zeit keine solcher Großveranstaltungen austragen."
"Nur als neutrale Athleten" zur Fußball-WM
Nach dem jahrelangen Dopingskandal eine Reaktion auf die jüngste Manipulationen von Dopingdaten, die laut einer Untersuchungskommision der WADA noch Anfang dieses Jahres vorgenommen worden sein sollen. Die Exekutive wurde von der Kommission überzeugt, dass Moskau Daten zu Dopingtests gelöscht und gefälscht und Beweise konstruiert habe.
Reedie: "Russland hatte alle Möglichkeiten bekommen, sein Haus aufzuräumen wieder auf in die Gemeinschaft des Sports zurückzukommen – auch zu Gunsten der eigenen Athleten und der Integrität des Sports. Aber es hat sich für einen anderen Weg entschieden."
Konkret geht man davon aus, dass dadurch um die 145 Sportler geschützt wurden. Der Chef der WADA-Untersuchungskommission, Jonathan Taylor, bestätigte: "Wir wissen, wer diese Athleten sind und sie werden aus Olympischen Spielen herausgehalten werden, wenn sie überhaupt noch antreten."
Aber wie sieht es bei anderen Großereignissen aus? Viele Fragezeichen gibt es was die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar angeht: Wird dort ein Team Russland antreten dürfen – oder bleibt der Fußball außen vor?
Jonathan Taylor kann noch keine klare Antwort geben: "Wenn sie sich qualifizieren, dann kann ein Team, das Russland repräsentiert, nicht antreten. Wenn die Entscheidung rechtskräftig wird, dann können sie nur als neutrale Athleten antreten. Wenn es sich um Teams handelt, dann muss das eine Einzelfallprüfung klären."
Doping-Experte Seppelt: "Zerrissenheit des Weltsports"
Schon vor der Entscheidung war klar: Die Fußball-EM 2020 mit Spielen in St. Petersburg ist von der vierjährigen Sperre nicht betroffen, weil es sich laut Wada um ein kontinentales Sportereignis handelt. Dies trifft demnach auch auf das Champions-League-Finale 2021 in St. Petersburg zu.
Noch ist nicht klar, wie scharf die Verbände das Verbot von Sportgroßereignissen in Russland umsetzen werden. Der ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt, der den Dopingskandal mit seiner Berichterstattung aufgedeckt hatte, erwartet schon jetzt Absetzbewegungen einiger Sportverbände, die Russland aus Austragungsort durchwinken könnten.
"Es zeigt mal wieder die Zerrissenheit des Weltsports und es zeigt vor allem, dass man offensichtlich einer wirklich strikten Anti-Doping-Politik am Ende doch nicht das Wort redet, sondern einfach immer nur so tut. das ist das Spiel, das wir seit Jahren erleben, seit Jahrzehnten erleben und dieser russische Dopingskandal hat dieses Problem, diesen Interessenkonflikt des Sports so offengelegt, wie noch nie."
Auch Seppelt erwartet ein langwieriges juristisches Hin und Her. Wenn die Russische Anti-Doping-Agentur die Entscheidung nicht akzeptiert, wird das Ganze vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS ausgetragen. Dafür sind jetzt drei Wochen Zeit.