Sandra Schulz: War es europaweiter Atomalarm oder ist eigentlich gar nichts passiert? Nach dem Zwischenfall im slowenischen Atomreaktor Krsko gehen die Einschätzungen darüber weit auseinander. Im benachbarten Kroatien hat der Vorfall für große Besorgnis gesorgt. Der Chef des Krisenstabs in Zagreb wird mit den Worten zitiert, der Atommeiler sei eine ständige Bedrohung der Einwohner der kroatischen Hauptstadt. Die EU-Umweltminister, die heute in Luxemburg zusammengekommen sind, warnen dagegen vor Überbewertung. Telefonisch bin ich nun verbunden mit Professor Rolf Michel, dem Vorsitzenden der Strahlenschutzkommission. Herr Michel, aus dem primären System des Reaktors sei Wasser ausgetreten. So die offiziellen Angaben aus dem slowenischen Umweltministerium. Wie heikel ist so ein Zwischenfall?
Rolf Michel: Es gibt ganz unterschiedliche Qualitäten solcher Zwischenfälle und aus diesem Grunde gibt es eine internationale Ereignisskala, mit der diese bewertet werden. Diese Bewertung geschieht bei der Internationalen Atomenergie-Agentur in Wien, der IAEA, und es ist eine achtstufige Skala, die da unterscheidet: Ereignisse, die keine sicherheitstechnische Bedeutung haben, Störfälle, drei unterschiedliche Stufen, und dann auch noch vier Stufen von Unfällen.
Schulz: Nach Einschätzung von Umweltminister Gabriel geht von dem Vorfall ja für Deutschland keine Gefahr aus. Sind Sie da besorgter?
Michel: Nein. Da bin ich nicht besorgter, denn inzwischen liegt uns auch die offizielle Klassifizierung der IAEA vor und das Ereignis ist danach als Stufe 0 unterhalb der Skala - keine sicherheitstechnische Bedeutung - eingestuft worden. Das bedeutet, dass insbesondere nicht mit Auswirkungen in der Umgebung, in der Umwelt um die Anlage zu rechnen ist.
Schulz: Gleichzeitig hat gestern ja das europaweite Informationssystem angeschlagen. Heißt dies, dass das Warnsystem zu kompliziert ist?
Michel: Das möchte ich im Moment noch nicht bewerten. Das Ecurie-System der Europäischen Kommission zur dringenden Benachrichtigung bei radiologischen Ereignissen sieht drei Arten von Meldungen vor, die mit der Überschrift versehen sind entweder "Information" oder "Exercise" - Übung -, wobei man die Übung des Systems meint, oder "Alarm". Jetzt kann man entweder elektronisch solche Mitteilungen absetzen oder per Fax und dann ist vorgeschrieben, dass entweder eine Überschrift da ist, die diese drei Worte enthält - und das bedeutet dann ganz bestimmte Konsequenzen für die Kommission -, oder dass ein elektronischer Schlüssel da ist.
Schulz: Wer muss sich denn jetzt aber mit dem Warnsystem besser vertraut machen? Sind das wir Journalisten oder sind das die Behörden in Europa?
Michel: Das sind die Behörden in Europa. Da ist wohl - das ist jetzt meine Spekulation, weil immer auch von Übung anfänglich geredet wird, ein Formblatt mit "Exercise" benutzt worden und dann später eines mit "Alarm". Dann ist es so, dass die Kommission nicht entscheidet, sondern verpflichtet ist, wenn es ein Alarm ist, den an die Mitgliedsstaaten weiterzugeben.
Schulz: Besteht da nicht die Gefahr eines Abnutzungseffekts, wenn erst mal europaweit diese Meldungen verbreitet werden und bei einem echten Zwischenfall wird dann vielleicht gar nicht mehr reagiert?
Michel: Ich glaube nicht, dass nicht reagiert wird. In dem Sinne kann man eine mögliche falsche Alarmierung tatsächlich noch als Übung bezeichnen. Aber es wäre natürlich sehr sinnvoll, dass man versucht, nicht unbegründet wirklichen Alarm zu geben.
Schulz: Der betroffene Meiler in Slowenien ist mehr als 30 Jahre alt. Ist das ein Alter, das man beunruhigend finden kann?
Michel: Das muss nicht unbedingt sein. Das kommt auf den Zustand der vorbeugenden Wartung, also auch der Genehmigungspraxis und Überwachungspraxis in Slowenien an.
Schulz: Ist das ein Modell, das europaweit noch verbreitet ist, oder stimmt das Vorurteil, dass in Osteuropa, Südosteuropa der letzte Stand der Technik noch nicht erreicht ist?
Michel: Es handelt sich um einen Druckwasser-Reaktor und dieser Reaktortyp ist in Europa weit verbreitet. Seit der Öffnung des eisernen Vorhangs hat man sehr viel getan, um Ertüchtigung zu machen und in Europa einen gleichmäßigen Sicherheitsstandard zu erreichen. Über diese Anlage im Detail - das werden Sie mir verzeihen - bin ich noch nicht innerhalb eines Tages informiert.
Schulz: Professor Rolf Michel, der Vorsitzende der Strahlenschutzkommission, heute im Gespräch mit den "Informationen am Mittag". Haben Sie vielen Dank!
Rolf Michel: Es gibt ganz unterschiedliche Qualitäten solcher Zwischenfälle und aus diesem Grunde gibt es eine internationale Ereignisskala, mit der diese bewertet werden. Diese Bewertung geschieht bei der Internationalen Atomenergie-Agentur in Wien, der IAEA, und es ist eine achtstufige Skala, die da unterscheidet: Ereignisse, die keine sicherheitstechnische Bedeutung haben, Störfälle, drei unterschiedliche Stufen, und dann auch noch vier Stufen von Unfällen.
Schulz: Nach Einschätzung von Umweltminister Gabriel geht von dem Vorfall ja für Deutschland keine Gefahr aus. Sind Sie da besorgter?
Michel: Nein. Da bin ich nicht besorgter, denn inzwischen liegt uns auch die offizielle Klassifizierung der IAEA vor und das Ereignis ist danach als Stufe 0 unterhalb der Skala - keine sicherheitstechnische Bedeutung - eingestuft worden. Das bedeutet, dass insbesondere nicht mit Auswirkungen in der Umgebung, in der Umwelt um die Anlage zu rechnen ist.
Schulz: Gleichzeitig hat gestern ja das europaweite Informationssystem angeschlagen. Heißt dies, dass das Warnsystem zu kompliziert ist?
Michel: Das möchte ich im Moment noch nicht bewerten. Das Ecurie-System der Europäischen Kommission zur dringenden Benachrichtigung bei radiologischen Ereignissen sieht drei Arten von Meldungen vor, die mit der Überschrift versehen sind entweder "Information" oder "Exercise" - Übung -, wobei man die Übung des Systems meint, oder "Alarm". Jetzt kann man entweder elektronisch solche Mitteilungen absetzen oder per Fax und dann ist vorgeschrieben, dass entweder eine Überschrift da ist, die diese drei Worte enthält - und das bedeutet dann ganz bestimmte Konsequenzen für die Kommission -, oder dass ein elektronischer Schlüssel da ist.
Schulz: Wer muss sich denn jetzt aber mit dem Warnsystem besser vertraut machen? Sind das wir Journalisten oder sind das die Behörden in Europa?
Michel: Das sind die Behörden in Europa. Da ist wohl - das ist jetzt meine Spekulation, weil immer auch von Übung anfänglich geredet wird, ein Formblatt mit "Exercise" benutzt worden und dann später eines mit "Alarm". Dann ist es so, dass die Kommission nicht entscheidet, sondern verpflichtet ist, wenn es ein Alarm ist, den an die Mitgliedsstaaten weiterzugeben.
Schulz: Besteht da nicht die Gefahr eines Abnutzungseffekts, wenn erst mal europaweit diese Meldungen verbreitet werden und bei einem echten Zwischenfall wird dann vielleicht gar nicht mehr reagiert?
Michel: Ich glaube nicht, dass nicht reagiert wird. In dem Sinne kann man eine mögliche falsche Alarmierung tatsächlich noch als Übung bezeichnen. Aber es wäre natürlich sehr sinnvoll, dass man versucht, nicht unbegründet wirklichen Alarm zu geben.
Schulz: Der betroffene Meiler in Slowenien ist mehr als 30 Jahre alt. Ist das ein Alter, das man beunruhigend finden kann?
Michel: Das muss nicht unbedingt sein. Das kommt auf den Zustand der vorbeugenden Wartung, also auch der Genehmigungspraxis und Überwachungspraxis in Slowenien an.
Schulz: Ist das ein Modell, das europaweit noch verbreitet ist, oder stimmt das Vorurteil, dass in Osteuropa, Südosteuropa der letzte Stand der Technik noch nicht erreicht ist?
Michel: Es handelt sich um einen Druckwasser-Reaktor und dieser Reaktortyp ist in Europa weit verbreitet. Seit der Öffnung des eisernen Vorhangs hat man sehr viel getan, um Ertüchtigung zu machen und in Europa einen gleichmäßigen Sicherheitsstandard zu erreichen. Über diese Anlage im Detail - das werden Sie mir verzeihen - bin ich noch nicht innerhalb eines Tages informiert.
Schulz: Professor Rolf Michel, der Vorsitzende der Strahlenschutzkommission, heute im Gespräch mit den "Informationen am Mittag". Haben Sie vielen Dank!