Amazon befindet sich seit nunmehr acht Jahren im Dauerkonflikt mit seinen Beschäftigten hierzulande. Zumindest denjenigen, die in der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi organisiert sind.
"Wir sind der Meinung", sagt Monika Di Silvestre von Verdi, "ein Mensch der so reich ist wie der Unternehmensinhaber Bezos, der hat auch eine Verpflichtung gegenüber seinen Mitarbeitern und der Bevölkerung. Und das wäre die Anerkennung von Tarifverträgen und nicht die Leute weiter prekär zu beschäftigen".
"Tarifverträge anerkennen"
Mit den Streiks will die Gewerkschaft Tarifverhandlungen und einen Flächentarifvertrag durchsetzen. Genauer: Einen Tarifvertrag des Einzel- und Versandhandels. Denn Amazon argumentiert seit jeher, kein Einzelhändler, sondern Logistiker zu sein. "Jetzt sind sie ja in den Verband des Einzelhandels eingetreten und das ist ja schon mal ein Indiz, dass sie Einzelhändler sind", so Di Silvestere, "und der weitere Schritt wäre nun, die Tarifverträge anzuerkennen."
Vor allem aber will die Gewerkschaft erreichen, dass Amazon überhaupt einen Tarifvertrag abschließt – bisher gibt es nämlich keinen, auch keinen für die Logistikbranche. Zudem pochen die Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter auch auf bessere Arbeitsbedingungen. Denn der Arbeitsdruck in den Logistiklagern sei hoch und insbesondere unter Corona-Bedingungen noch einmal gestiegen. So gab es in den vergangenen Tagen auch Berichte, dass es in den Paketverteilzentren des Internet-Handelsgiganten verstärkt zu Corona-Ausbrüchen gekommen ist, etwa in Garbsen bei Hannover oder in Bayreuth.
Corona-Ausbrüche - krank zur Arbeit?
Offizielle und genaue Zahlen nennt Amazon nicht. Die Gewerkschaft allerdings geht von mehreren hundert Kolleginnen und Kollegen aus, die sich bei der Arbeit in den Lagerhallen mit COVID-19 infiziert hätten. Amazon dagegen betont, alle Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten, um die Gesundheit der Beschäftigten nicht zu gefährden. Zudem gelte die klare Anweisung, dass wer sich krank fühle, zu Hause bleiben müsse.
Monika Di Silvestre von Verdi sagt jedoch: "Das eine ist die gute Absicht, zu sagen, wenn Du krank bist, dann bleibst Du zu Hause. Und das andere ist: Jeder ist auf jeden Pfennig angewiesen und nimmt das natürlich mit, wenn es das gibt. Das andere ist, dass Amazon seit 9. November eine Anwesenheitsprämie zahlt, die zahlen zwei Euro mehr pro Stunde. Und das begünstigt natürlich, dass Menschen krank zur Arbeit gehen, weil sie das natürlich mitnehmen wollen."
Streit um Gebühr für Online-Bestellungen
In der Vorweihnachtszeit jedenfalls und unter den Bedingungen des neuen Lockdown ist die Paketflut nicht nur bei Amazon noch einmal höher als in den Vorjahren. Um den städtischen Einzelhandel in den Innenstädten gegenüber dem Onlinehandel zu fördern, haben Politiker aus der CDU eine Paketabgabe für den Online-Handel vorgeschlagen. Der Hauptgeschäftsführer des deutschen Handelsverbandes HDE, Stefan Genth, zeigt sich zurückhaltend: "Für uns ist es wichtig, dass man Offline nicht gegen Online ausspielt, sondern beide Welten miteinander verbindet. Aber wichtig ist natürlich auch, dabei Chancengleichheit herzustellen."
Auch der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel äußert sich naturgemäß skeptisch. Das sei ein Schlag für diejenigen, die seit 25 Jahren in Innovation und Digitalisierung investierten und damit viele Arbeits- und Ausbildungsplätze schafften. Das Ganze wäre deswegen eine Umverteilung von Heute zu Gestern.