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Streit beim "Flensburger Tageblatt"
Redakteure wehren sich gegen Versetzung

Die Stadtredaktion gilt als wichtigste Redaktion einer Lokalzeitung. Wenn, wie im Fall des "Flensburger Tageblatt", gleich drei von fünf Redakteuren auf einen Schlag und gegen ihren Willen ausgetauscht werden, wirft das Fragen auf. Doch beantworten will die der Verlag nur zum Teil.

Von Michael Borgers | 19.09.2018
    Eine Ausgabe der Tageszeitung "Flensburger Tageblatt" liegt zwischen mehreren Ausgaben der Tageszeitung "Neue Osnabrücker Zeitung".
    "Flensburger Tageblatt" ist seit 2016 Teil der Osnabrücker NOZ Medien. (picture alliance / dpa / Marcus Brandt)
    Wer in der Suchmaske des "Flensburger Tageblatt" nach Carlo Jolly sucht, findet neben einer Auflistung seiner Artikel den Hinweis: Lokalredaktion Flensburg. Der letzte Artikel aus der 88.000-Einwohner-Stadt selbst datiert allerdings von Ende August. Seitdem schreibt Jolly über das gut 50 Kilometer entfernte Husum.
    "Carlo Jolly, Holger Ohlsen und Joachim Pohl übernehmen andere redaktionelle Aufgaben", heißt es in einem Artikel des "Flensburger Tageblatt" Anfang September. Warum gleich drei Mitarbeiter aus dem insgesamt fünfköpfigen Team ausscheiden, wird nicht weiter erklärt.
    Verlag will sich nicht konkret äußern
    Auf Nachfrage bei der verantwortlichen Medien Holding Nord, die zum Verlag der Neuen Osnabrücker Zeitung gehört, teilt eine Sprecherin mit, man nehme "zu einzelnen Personalangelegenheiten keine Stellung, insbesondere nicht bei laufenden Verfahren". Denn: Carlo Jolly geht juristisch gegen seine Versetzung vor. Unterstützt wird er dabei vom Deutschen Journalistenverband.
    "Da wird die Mehrheit einer Lokalredaktion, darunter der Ressortleiter, kurzfristig und auf einen Schlag ausgetauscht. Und zwar gegen den erklärten Willen der Betroffenen", kritisiert Arnold Petersen, DJV-Vorsitzender in Schleswig-Holstein. Unter den "Tageblatt"-Mitarbeitern wird der Schritt des Blattes zum Teil als "menschlich unterirdisch" bewertet. Dem DJV zufolge hat die Chefredaktion den Wechsel in der Lokalredaktion in einer Hausmitteilung mit einem "anstehendem Generationswechsel" begründet.
    Ausgetauscht wegen "unliebsamer Berichterstattung"?
    Der DJV mutmaßt über Spekulationen, die Lokalredaktion sei "wegen unliebsamer Berichterstattung auf Druck eines Wirtschaftsunternehmens ausgetauscht" worden. Für Arnold Petersen bleiben die Hintergründe insgesamt "nebulös". Beispielsweise sei Carlo Jolly noch im vergangenen Jahr für besondere Leistungen mit dem so genannten Herausgeberpreis seines Hauses ausgezeichnet worden, erinnert der schleswig-holsteinische DJV-Vorsitzende - und fragt sich:
    "Warum sucht man da nicht nach einer einvernehmlichen Lösung? Warum nimmt man da einen Rechtsstreit in Kauf?"
    Kritik von Pressesprechern
    Ebenfalls nicht nachvollziehen kann die Entscheidung des "Flensburger Tageblatt" der Sprecher der Stadt Flensburg, Clemens Teschendorf. Gemeinsam mit anderen Pressesprechern hat er deshalb einen Offenen Brief an die Verantwortlichen gerichtet. In ihm kritisieren sie, nicht ausreichend über die Umstellung in der Redaktion informiert worden zu sein - und loben die vertrauensvolle Zusammenarbeit bisher:
    "Selbstverständlich werden wir jetzt auch mit den neuen Redakteuren gut zusammenarbeiten. Natürlich gehört ein professionelles Miteinander zwischen Stadt und städtischer Presse dazu. Aber, das war so ein Punkt, wo wir gesagt haben: Mensch, irgendwie müssen wir das für uns auch noch mal deutlich machen, dass auch für uns eine große Veränderung ist, die wir so nicht nachvollziehen können."