Zagatta: Aber Nordrhein-Westfalen ist ja offenbar bereit diesen Atommüll auch entgegen zu nehmen, ihn also nach Ahaus bringen zu lassen. Was auf Protest stößt in Düsseldorf, das sind zum einen die Kosten, dann ist es die Sicherheit. Die Umweltministerin Bärbel Höhn in Nordrhein-Westfalen sagt, solche Transporte auf der Straße seien viel zu gefährlich.
Flath: Diese Haltung ist für mich sehr unverständlich. Es war, wie schon gesagt, seit über zehn Jahren bekannt, dass diese Castoren kommen und es ist auch eine lange Zeit die Frage geprüft worden, welche Transportart in Frage kommt. Es ist ganz einfach so, das ein Straßentransport ohnehin notwendig ist, weil eben Rossendorf keinen eigenen Gleisanschluss hat. Es sind diese verschieden Varianten geprüft worden und es ist dann schließlich Ende März zu der Genehmigung des Straßentransportes gekommen. Was die Gefährlichkeit betrifft: Natürlich ist bei allem im Leben ein Restrisiko nicht auszuschließen. Aber wenn ein Bundesamt für Strahlenschutz eine Genehmigung erteilt, dann kann jeder davon ausgehen, dass da wirklich alles geprüft worden ist.
Zagatta: Warum bringen Sie die Castoren aus Rossendorf nicht zum nächsten Güterbahnhof und verlegen sie dann auf die Schiene?
Flath: Es müsste mir mal einer erklären, warum der Schienentransport sicherer sei, als der Straßentransport. Wir haben in Sachsen zwar keine Erfahrung, aber ich habe in den letzten Jahren auch Fernsehen geschaut und das ist mir in Erinnerung, dass es die größten Probleme immer mit den Schienentransporten gegeben hat, weil dort ganz einfach die Fahrstrecke schon Tage vorher genau bekannt ist und dann gibt es die bekannten Bilder, dass sich Leute da einbetonieren oder an Gleisanlagen fest schweißen. Diese Probleme gibt es bei einem Straßentransport nicht. Ich will auch hoffen, dass Atomkraftgegner den Transport sehen, wie er ist. Man kann ja zu der ganzen Sache stehen wie man will, nur, das passt alles nicht auf Rossendorf. In Rossendorf ist es einfach so, dass wir einen Forschungsreaktor zurückbauen. Dagegen kann doch wahrlich in unserer Bundesrepublik niemand etwas haben.
Zagatta: Aber die Proteste, die wird es auch geben, selbst wenn das über die Straße transportiert wird. Stimmt es denn, dass da nicht ein Transport geplant ist, ein Konvoi mit 18 LKW und den Castoren, sondern dass ein einziger LKW achtzehnmal hin und her fahren soll?
Flath: Das müssen Sie sich so vorstellen: Ein Castor passt auf einen LKW. Also ist es nicht anders möglich, es müssen 18 LKW fahren. Nun ist es so, dass ein Castor auf einem LKW zusätzlich durch besondere Stoßdämpfer noch mal gesichert ist. Nun ist die Besonderheit, dass die Rossendorfer Castoren eigentlich gar keine Castoren sind. Sie sind völlig anders, als die Castoren, die in Kernkraftwerken verwendet werden und sie sind deshalb auch einmalig in Deutschland. Deshalb haben wir einen solchen Stoßdämpfersatz in einer Einzelanfertigung uns besorgt. Nun ist es so, dass es tatsächlich zu einem Streit gekommen ist, dass Nordrhein-Westfalen sagt, "Das wollen wir nicht mitmachen. Besorgt Euch erst mal diese Vorrichtungen noch siebzehnmal." Ich muss sagen, das ist leider technisch nicht möglich. Und zum zweiten ist es natürlich auch eine Kostenfrage, ganz klar.
Zagatta: Aber wenn ein LKW achtzehnmal hin und her fährt, dann hat ja Nordrhein-Westfalen vielleicht doch gar nicht so unrecht mit der Begründung. Dann ist ja die Polizei wochenlang beschäftigt, das zu sichern. In Düsseldorf kalkuliert man, das würde allein das Land Nordrhein-Westfalen 50 Millionen Euro kosten. Ist das nicht ein Wahnsinn?
Flath: Was die Sicherheit betrifft macht es aus meiner Sicht keinen Unterschied, ob ein LKW achtzehnmal nach Ahaus fährt, oder ob 18 LKW auf einmal nach Ahaus fahren.
Zagatta: Das wäre aber dann ein Konvoi, der einmal zu sichern wäre. So zieht sich das ganze über Wochen hin.
Flath: Wir sprechen bei solchen Transporten immer erst mal über die Sicherheit. Was die Sicherheit betrifft, gibt es keinen Unterschied. Nun gehe ich ja nicht davon aus, dass es achtzehnmal Proteste gibt. Ich gehe auch überhaupt nicht davon aus, dass es vergleichbare Proteste gibt, wie damals 1998, beim letzten größeren bekannten Castortransport. Deshalb werfe ich Nordrhein-Westfalen vor, dass sie da eine Zahl aus der Luft greifen, 50 Millionen Euro. Ob ein Castor rollt oder nicht, wird auch am heutigen Tage die gesamte Polizei in Nordrhein-Westfalen bezahlt. Dort von zusätzlichen Kosten zu sprechen ist aus meiner Sicht nicht ganz fair und zum anderen will ich auch mal sagen, ist der Transport selbst so sicher gestaltet, dass nicht ein einziger Polizist diesen Transport begleiten muss. Das Problem entsteht erst dann, wenn es zu Demonstrationen kommt und aus Sicherheitsgründen die Demonstranten vom Castor fern zu halten sind.
Zagatta: Aber die sind ja abzusehen. Da rufen ja Atomkraftgegner jetzt schon dazu auf.
Flath: Dass die Atomkraftgegner diese Gelegenheit nutzen, ja gut, das ist halt so. Das ist nicht änderbar. Was mich ärgert ist, dass sich die Regierung von Nordrhein-Westfalen am Aufruf zu Protesten regelrecht beteiligt. Das ist nicht in Ordnung. Unsere Anträge und unsere Genehmigung basieren auf Recht und Gesetz in Deutschland und die gegenwärtige Entsorgungssituation der hat auch gerade die rot-grüne Bundesregierung zugestimmt. Deshalb ist es nicht ganz fair, wenn auf der Basis von Recht und Gesetz gehandelt wird und dann dagegen geklagt wird, zu Protesten aufgerufen wird. Was mich ganz besonders ärgert ist, wie sich die Grünen in Nordrhein-Westfalen äußern: So hätten sie sich den Aufbau Ost wahrlich nicht vorgestellt. Wir sollen unseren Dreck in Sachsen behalten. Das ist keine Basis für eine sachliche Diskussion.
Zagatta: Aber es hat selbst die Polizei große Bedenken, so wie Sie das jetzt organisieren. Die Polizeigewerkschaft in Nordrhein-Westfalen hat ja die Atomkraftgegner gerade dazu aufgerufen, die sollten ihre geplanten Proteste und Behinderungen bitte schön nicht in Nordrhein-Westfalen organisieren, sondern bei Ihnen in Sachsen, weil Sie es verursachen.
Flath: Damit müssen wir leben, dass wir es verursacht haben, dass es in der DDR einen Forschungsreaktor gegeben hat. Das ist aber nicht der einzige. Es gibt eine ganze Menge Forschungsreaktoren in der Bundesrepublik, in Westdeutschland und auch dort ist vorgesehen, das enthält nun mal die Konzeption, die, wie ich meine, sinnvoll ist, dass die Castoren aus Forschungsreaktoren in Ahaus zwischen zu lagern sind. Ich kann nicht verstehen, dass eine Polizeigewerkschaft sich mit diesen Fragen befasst. Ich meine, dafür haben wir ein Bundesamt für Strahlenschutz und das Bundesamt für Strahlenschutz hat uns genau für diese Transportart, weil es eben auch keine andere, bessere Möglichkeit gibt, eine gültige Genehmigung erteilt.
Zagatta: Wann werden diese Transporte jetzt gestartet, Ihrer Meinung nach? Es gibt ja jetzt diesen Einspruch von Nordrhein-Westfalen noch einmal beim Bundesamt für Strahlenschutz. Hat das noch aufschiebende Wirkung?
Flath: Die aufschiebende Wirkung, das hat ein Gericht zu entscheiden. Ich gehe davon aus, dass die Genehmigung Bestand hat, weil sie gründlich und gut vorbereitet ist. Meinetwegen könnten am besten die Transporte schon heute rollen. Das wird nicht möglich sein. Im Moment sind die Innenministerien der betroffenen Länder im Gespräch, Sachsen, Nordrhein-Westfalen aber auch Thüringen, Niedersachsen, Hessen, wo die Transporte durchrollen. Die Innenministerien haben aber nach meiner Auffassung nicht die Aufgabe, die ganze Sinnhaftigkeit zu diskutieren. Mir ist nicht bekannt, dass eine Polizei über die Sinnhaftigkeit einer Großveranstaltung oder eines Fußballspiels diskutiert. Die haben ganz einfach sich abzusprechen. Dafür ist ein Zeitraum von acht Wochen vorgesehen, um die Sicherheit bei einem solchen Transport zu gewährleisten.