Swoboda: Ich bin schon ziemlich optimistisch, dass das Mehrheitsvotum realisiert wird, wobei man sagen muss, was die Nutzungsvorstellungen betrifft, was den Inhalt des Gebäudes betrifft, da sind wir ziemlich einer Meinung. Was die äußere Form betrifft, gibt es unterschiedliche Meinungen, da gibt es eine knappe Mehrheit, das ist richtig, aber ich glaube, wenn man sich letztendlich die verschiedenen Modelle ansieht und überlegt, wird man in Richtung der Mehrheit gehen, mit verschiedenen kleineren Abweichungen. Aber ich glaube, im Grundsatz verdient Berlin eine Kombination von Teilen des ehemaligen Schlosses, natürlich mit neuen Teilen. In der Geschichte ist es auch immer so gewesen, dass solche Gebäude faszinierend geworden sind.
Lange: Im Berliner Senat sitzt jetzt die PDS, eine bekennende Verteidigerin des Palastes der Republik. Der Kulturstaatsminister Nieder-Rümelin mag sich mit der historischen Fassade eigentlich auch nicht anfreunden. Berlin ist zudem finanziell absolut klamm. Haben Sie doch nicht hin und wieder den Eindruck, dass die Arbeit Ihrer Kommission umsonst war?
Swoboda: Schauen Sie, was die Frage der Finanzierung betrifft, haben wir ein Modell entwickelt, das durchaus auch bei knappen Kassen eine Finanzierung ermöglicht, aber das gilt für ein neues Gebäude genauso. Wenn man nur auf die Finanzierung schaut, dann bleibt das Ganze so öde und leer wie heute. Das ist aber etwas, glaube ich, was Berlin und Deutschland nicht verdient. Was die Frage der historischen Fassade und Teile des Inneren betrifft, glaube ich, sind die Mehrkosten hereinbringbar. Man muss vor allem auch bedenken, Investitionen kosten immer zuerst Geld, bevor sie Nutzen bringen, z.B. durch mehr Tourismus, Kongresse, etc. Also wenn man ein bisschen langfristig denkt, dann wird auch Berlin bescheiden investieren müssen, um mehr Steuereinnahmen zu bekommen, und das ist das, was Berlin sicherlich braucht.
Lange: Der Kulturstaatsminister meinte vor ein paar Tagen, die Schlossfassade habe bauhistorisch nicht zu den bedeutendsten in Deutschland gehört. Die Schlossbefürworter widersprechen dem ganz entschieden. Wer hat denn da Recht?
Swoboda: Wenn ich mir die Experten auf dem Gebiet des Baugeschehens und der historischen Architektur anschaue, dann sind sie eindeutig auf der Seite, dass die Fassade zu den doch bedeutendsten Fassaden im Norden Europas gehört. Was aber entscheidend ist, ist dass wir ein Ensemble, an dem sich auch Schinkel mit seinen Bauten orientierte, wiederherstellen wollen, soweit es heute natürlich noch möglich ist. Es wird viele moderne Fassaden geben, die jetzt errichtet werden, und die in Zukunft errichtet werden, die nicht zu den historisch bedeutendsten Dingen gehören. Es geht nicht darum, das Bedeutendste wieder zu errichten, sondern ein Gesamtensemble, ein städtisches Ensemble zu errichten, das hohe Qualitätsansprüche hat, und das hohen Qualitätsansprüchen genüge tut. Darum geht es.
Lange: Nun steht auf dem Schlossplatz ein demnächst vollständig asbestfreier Rohbau mit einem Wert von schätzungsweise immerhin noch 250 Millionen Euro. Mit diesem Rohbau ist überhaupt nichts anzufangen?
Swoboda: Unserer Meinung nach sollte man überprüfen, ob Teile des Palasts der Republik in das neue Gebäude zu integrieren sind. Das ist technisch durchaus möglich. Ob es architektonisch sinnvoll ist, ist eine Aufgabe, die die Architekten zu überprüfen haben. Wir sind nicht dafür, das einfach weg zu schmeißen ohne Überlegungen, ohne Versuche, Teile dieses Gebäudes zu integrieren. Aber als solches war der Palast der Republik nie ein architektonisches Äquivalent zum Schloss. Das muss man eindeutig festhalten. Das hat keine ideologischen Überlegungen zu Grunde, sondern rein architektonische Wertmaßstäbe.
Lange: Nun hat ja jede Zeit ihre eigene Architektur. Wenn jetzt auf dem Schlossplatz etwas Altes rekonstruiert wird, und sei es nur in der Fassade, ist das nicht auch ein Misstrauensvotum gegen die moderne Architektur, der man eine angemessene Bebauung eines solchen sensiblen Platzes nicht mehr zutraut?
Swoboda: Meiner Meinung nach nicht. Ich bin ein Anhänger moderner Architektur, ich habe in meiner Stadt viel dafür getan, und es wird ja auch in Berlin viel Neues gebaut. Es geht um einen ganz bestimmten zentralen Ort in der Mitte Berlins und nicht um ein Architekturmanifest. Wenn es das sein sollte, dann wäre ich sicherlich für ein Neubau. Aber da Berlin sehr viel Neues baut, glaube ich, kann sich Berlin auch leisten, an einer ganz bestimmten Stelle etwas zu errichten, das eine Kombination aus neu und alt ist, wie das im Louvre der Fall ist, wie das im neuen Museumsquartier in Wien der Fall ist, und in vielen anderen bedeutenden historischen Städten Europas.
Lange: Also es wäre ein Museums- und Ausstellungsplatz ersten Grades, der da in der Mitte Berlins gedacht ist?
Swoboda: Absolut.
Lange: Sie haben ja nun die Diskussion in Berlin über mehrere Jahre verfolgt, vermutlich mit einer gewissen Distanz als Auswärtiger. Wäre eine solche Debatte in Ihrem Heimatland Österreich wesentlich anders gelaufen?
Swoboda: Ich glaube nicht, dass es wesentlich anders gewesen wäre. Man muss folgendes dazu sagen: Wien hat so viele alte Gebäude, dass natürlich hier Tendenz, etwas Neues zu bauen, stärker gegeben wäre als in Berlin, wo ja vieles vom alten Baubestand zerstört worden ist, jedenfalls viel mehr als in Wien. Ich finde die Debatte nicht schlecht. Ich finde, dass es auch richtig ist, sich Zeit zu lassen und nicht allzu schnell in eine Entscheidung hinein zu gehen. Ich meine, aufgrund unserer Unterlagen und unserer Beratungen sollte jetzt Berlin und der Bund die nächsten Schritte unternehmen, und das sollte vor allem in Richtung der Ausschreibung eines Wettbewerbs sein, wo Architekten versuchen sollten, aus unseren Empfehlungen Konzeptionen für Gebäude zu errichten. Es wird auf jeden Fall ein neues Gebäude. Es ist nicht die reine Wiederholung von dem, was einmal war, das wäre auch gar nicht sinnvoll. Aber es soll eine Kombination von alt und neu sein, die allerdings einen hohen Stellenwert haben sollte, und vor allem mit höchster Qualität geplant und gebaut werden müsste.
Link: Interview als RealAudio
Lange: Im Berliner Senat sitzt jetzt die PDS, eine bekennende Verteidigerin des Palastes der Republik. Der Kulturstaatsminister Nieder-Rümelin mag sich mit der historischen Fassade eigentlich auch nicht anfreunden. Berlin ist zudem finanziell absolut klamm. Haben Sie doch nicht hin und wieder den Eindruck, dass die Arbeit Ihrer Kommission umsonst war?
Swoboda: Schauen Sie, was die Frage der Finanzierung betrifft, haben wir ein Modell entwickelt, das durchaus auch bei knappen Kassen eine Finanzierung ermöglicht, aber das gilt für ein neues Gebäude genauso. Wenn man nur auf die Finanzierung schaut, dann bleibt das Ganze so öde und leer wie heute. Das ist aber etwas, glaube ich, was Berlin und Deutschland nicht verdient. Was die Frage der historischen Fassade und Teile des Inneren betrifft, glaube ich, sind die Mehrkosten hereinbringbar. Man muss vor allem auch bedenken, Investitionen kosten immer zuerst Geld, bevor sie Nutzen bringen, z.B. durch mehr Tourismus, Kongresse, etc. Also wenn man ein bisschen langfristig denkt, dann wird auch Berlin bescheiden investieren müssen, um mehr Steuereinnahmen zu bekommen, und das ist das, was Berlin sicherlich braucht.
Lange: Der Kulturstaatsminister meinte vor ein paar Tagen, die Schlossfassade habe bauhistorisch nicht zu den bedeutendsten in Deutschland gehört. Die Schlossbefürworter widersprechen dem ganz entschieden. Wer hat denn da Recht?
Swoboda: Wenn ich mir die Experten auf dem Gebiet des Baugeschehens und der historischen Architektur anschaue, dann sind sie eindeutig auf der Seite, dass die Fassade zu den doch bedeutendsten Fassaden im Norden Europas gehört. Was aber entscheidend ist, ist dass wir ein Ensemble, an dem sich auch Schinkel mit seinen Bauten orientierte, wiederherstellen wollen, soweit es heute natürlich noch möglich ist. Es wird viele moderne Fassaden geben, die jetzt errichtet werden, und die in Zukunft errichtet werden, die nicht zu den historisch bedeutendsten Dingen gehören. Es geht nicht darum, das Bedeutendste wieder zu errichten, sondern ein Gesamtensemble, ein städtisches Ensemble zu errichten, das hohe Qualitätsansprüche hat, und das hohen Qualitätsansprüchen genüge tut. Darum geht es.
Lange: Nun steht auf dem Schlossplatz ein demnächst vollständig asbestfreier Rohbau mit einem Wert von schätzungsweise immerhin noch 250 Millionen Euro. Mit diesem Rohbau ist überhaupt nichts anzufangen?
Swoboda: Unserer Meinung nach sollte man überprüfen, ob Teile des Palasts der Republik in das neue Gebäude zu integrieren sind. Das ist technisch durchaus möglich. Ob es architektonisch sinnvoll ist, ist eine Aufgabe, die die Architekten zu überprüfen haben. Wir sind nicht dafür, das einfach weg zu schmeißen ohne Überlegungen, ohne Versuche, Teile dieses Gebäudes zu integrieren. Aber als solches war der Palast der Republik nie ein architektonisches Äquivalent zum Schloss. Das muss man eindeutig festhalten. Das hat keine ideologischen Überlegungen zu Grunde, sondern rein architektonische Wertmaßstäbe.
Lange: Nun hat ja jede Zeit ihre eigene Architektur. Wenn jetzt auf dem Schlossplatz etwas Altes rekonstruiert wird, und sei es nur in der Fassade, ist das nicht auch ein Misstrauensvotum gegen die moderne Architektur, der man eine angemessene Bebauung eines solchen sensiblen Platzes nicht mehr zutraut?
Swoboda: Meiner Meinung nach nicht. Ich bin ein Anhänger moderner Architektur, ich habe in meiner Stadt viel dafür getan, und es wird ja auch in Berlin viel Neues gebaut. Es geht um einen ganz bestimmten zentralen Ort in der Mitte Berlins und nicht um ein Architekturmanifest. Wenn es das sein sollte, dann wäre ich sicherlich für ein Neubau. Aber da Berlin sehr viel Neues baut, glaube ich, kann sich Berlin auch leisten, an einer ganz bestimmten Stelle etwas zu errichten, das eine Kombination aus neu und alt ist, wie das im Louvre der Fall ist, wie das im neuen Museumsquartier in Wien der Fall ist, und in vielen anderen bedeutenden historischen Städten Europas.
Lange: Also es wäre ein Museums- und Ausstellungsplatz ersten Grades, der da in der Mitte Berlins gedacht ist?
Swoboda: Absolut.
Lange: Sie haben ja nun die Diskussion in Berlin über mehrere Jahre verfolgt, vermutlich mit einer gewissen Distanz als Auswärtiger. Wäre eine solche Debatte in Ihrem Heimatland Österreich wesentlich anders gelaufen?
Swoboda: Ich glaube nicht, dass es wesentlich anders gewesen wäre. Man muss folgendes dazu sagen: Wien hat so viele alte Gebäude, dass natürlich hier Tendenz, etwas Neues zu bauen, stärker gegeben wäre als in Berlin, wo ja vieles vom alten Baubestand zerstört worden ist, jedenfalls viel mehr als in Wien. Ich finde die Debatte nicht schlecht. Ich finde, dass es auch richtig ist, sich Zeit zu lassen und nicht allzu schnell in eine Entscheidung hinein zu gehen. Ich meine, aufgrund unserer Unterlagen und unserer Beratungen sollte jetzt Berlin und der Bund die nächsten Schritte unternehmen, und das sollte vor allem in Richtung der Ausschreibung eines Wettbewerbs sein, wo Architekten versuchen sollten, aus unseren Empfehlungen Konzeptionen für Gebäude zu errichten. Es wird auf jeden Fall ein neues Gebäude. Es ist nicht die reine Wiederholung von dem, was einmal war, das wäre auch gar nicht sinnvoll. Aber es soll eine Kombination von alt und neu sein, die allerdings einen hohen Stellenwert haben sollte, und vor allem mit höchster Qualität geplant und gebaut werden müsste.
Link: Interview als RealAudio