Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Streit um Erdogan-Rede auf Kölner Demo
Türkei bestellt den deutschen Gesandten ein

Das türkische Außenministerium hat den Gesandten der deutschen Botschaft in Ankara einbestellt. Der Grund für die Verstimmung: Der türkische Staatspräsident durfte sich am Sonntag nicht per Videobotschaft an die Teilnehmer der Kundgebung in Köln wenden.

01.08.2016
    Anhänger des türkischen Staatspräsidenten Erdogan warten am 31.07.2016 in Köln (Nordrhein-Westfalen) auf den Beginn der Kundgebung.
    Die Anhänger des türkischen Staatspräsidenten Erdogan musste bei der Kundgebung auf die Video-Botschaft des Staatspräsidenten verzichten. (picture-alliance/ dpa / Henning Kaiser)
    Mehrere Male ist der deutsche Botschafter in der Türkei, Martin Erdmann, schon einbestellt worden. Er kennt das Prozedere bereits, doch dieses Mal weilt er im Urlaub, deshalb muss ihn sein Gesandter vertreten. Die türkische Regierung ist wieder einmal aufgebracht und hat Gesprächsbedarf. Sie kritisiert, dass Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sich am Sonntag nicht per Videoleinwand an die Demonstranten in Köln wenden durfte. Dies war vom Bundesverfassungsericht untersagt worden. Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin bezeichnete das richterliche Verbot als "inakzeptabel" und verlangte eine "befriedigende Erklärung" Deutschlands.
    "Eine massive demokratische und gesetzgeberische Schande"
    "Es ist eine massive demokratische und gesetzgeberische Schande, dass Deutschland ungerecht, ungesetzlich und unfreundlich die Rede unseres Präsidenten verhindert hat", twitterte der türkische Justizminister Bekir Bozdag. "Von nun an wäre es absolut inakzeptabel, wenn Deutschland gegenüber der Türkei Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Freiheiten auch nur erwähnen würde. Die in Deutschland lebenden Türken seien seit langem schwerer Diskriminierung ausgesetzt, was Bildung, Arbeit sowie Menschenrechte angehe. Dies setze sich nun fort. Hätte die Türkei die Rede von irgendjemand verboten, hätte sie heftigste Kritik geerntet.
    Rund 40.000 Erdogan-Anhänger demonstrierten in Köln
    Gut zwei Wochen nach dem vereitelten Putsch in der Türkei hatten sich am Sonntag in Köln 40.000 Erdogan-Anhänger zu einer Kundgebung in Köln versammelt. Daneben gab es mehrere Gegendemonstrationen. Zu den befürchteten Ausschreitungen kam es aber nicht. Die SPD-Politikerin Lale Akgün sah in der Kundgebung nur einen vordergründigen Erfolg. Denn gekommen seien vor allem diejenigen, "die organisiert sind" und von Vereinen, die der AKP nahestünden, gebracht wurden. Sie kritisierte zudem, man habe in Deutschland die Integrationspolitik immer über bestimmte Vereine gemacht, die im Sinne Erdogans und der Führung in Ankara handelten.
    Man müsse sich nun fragen, ob Deutschland über Jahrzehnte die falschen türkischen und islamischen Vereine als Ansprechpartner gewählt habe. Die saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) kritisierte, dass sich viele türkischstämmige Menschen eher mit der Türkei als mit Deutschland verbunden fühlen. Bereits im Vorfeld der Kundgebung in Köln hatten zahlreiche Politiker vor einer Spaltung der in Deutschland lebenden Türken gewarnt. Auch über ein Verbot der Demo war im Vorfeld diskutiert worden.
    (sima/tzi)