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Streit unter Ghostwritern

Nein, diesmal geht es nicht um die Dissertation von Ex-Minister Guttenberg. Hier geht es um einen Rechtsstreit zwischen zwei Ghostwriter-Firmen, die beide von sich behaupten, Marktführer zu sein.

Von Dorothea Jung |
    Werbung tut not. Selbst der Bauer auf dem Wochenmarkt weiß, dass er nichts verkaufen kann ohne laut zu schreien: "Frische Eier, dicke Kartoffeln, alles billig, alles gut." Wie aber soll eine Branche werben, die am liebsten im Verborgenen arbeitet? Die sich nicht gerne in die Karten schauen lässt und am allerglücklichsten ist, wenn keiner merkt, dass sie eine Leistung erbracht hat? Die Ghostwriter-Firmen, die sich heute vor dem Berliner Landgericht einen erbitterten Rechtsstreit lieferten, haben zwar keine Kundeninterna offenbart, aber eines kam denn doch ans Licht: Ihr Potenzial an Seriosität ist überschaubar.

    Da ist zum einen die ACAD-Write-International-AG mit Firmensitz in der Schweiz. Das Unternehmen wendet sich auf seiner Webseite direkt an Studierende und verspricht ihnen Texte von der Hausarbeit bis zur Dissertation. Wissenschaftlich recherchiert, sauber formuliert und bis ins Detail auf Wünsche abgestimmt. Und dann wirbt ACAD-Write mit dem Satz: "1500 Kunden pro Jahr vertrauen dem Marktführer. Danke!"

    Dieser Satz auf der ACAD-Homepage war dem Berliner Harald Bahner ein Dorn im Auge. Bahner selbst ist nämlich ebenfalls in der Ghostwriter-Branche tätig und hält sein Unternehmen für einen der leistungsfähigsten, umsatzstärksten und erfolgreichsten Anbieter von Ghostwriting. Das steht auf seiner Webseite - unter dem Firmen-Slogan: 'Wir sind die Guten'.
    Der Slogan hat etwas Beschwörendes. Jedenfalls, wenn man weiß, dass im Februar das Oberlandesgericht Düsseldorf Bahner bescheinigte, seine Tätigkeit verstoße gegen die guten Sitten. Diesen Richterspruch verdankt Bahner einer Klage von ACAD-Write. Und jetzt soll dieser Konkurrent auf seiner Webseite ungestraft behaupten können, er sei der Marktführer? "Das muss verboten werden", entschied Bahners und zog vors Berliner Gericht.

    Sachlich und nüchtern nahm die Vorsitzende Richterin die Werbe-Aussagen von ACAD-Write auseinander. Ihr Fazit: Die Belege für die Marktführerschaft kann das Unternehmen nicht erbringen. Seine Umsätze liegen unter denen anderer Konkurrenten. Die angegebene Zahl zufriedener Kunden ist danach genauso eine reine Behauptung wie der große Kreis von wissenschaftlich qualifizierten Beschäftigten. Aufrichtige Werbung sieht anders aus. Sollten sich Studierende an Ghostwriter wenden? Unternehmer Harald Bahner wollte sich nach dem Verfahren heute dazu gar nicht äußern:

    "Das ist ein ehrenwertes Geschäft, sehr wohl! Aber Sie haben dermaßen negativ über wissenschaftliche Autoren und Ghostwriter berichtet in den letzten Wochen, insbesondere im Zuge von Guttenberg, dass man ja eigentlich nur was Falsches machen kann. Hier kann man nur Falsches sagen; und deswegen halte ich mich bedeckt."

    Die beiden Ghostwriter-Firmen haben sich bereits mehr als zweimal vor Gericht gestritten - bislang offenbar von der Presse wenig beachtet. Der Medienandrang heute war ihnen sichtlich unangenehm. Am Ende der Verhandlung beschlossen sie, sich in den nächsten Wochen außergerichtlich zu einigen. Mit den Worten: "Kein Kommentar, ich will die anstehenden Verhandlungen nicht gefährden", eilte der Geschäftsführer von ACAD-Write nach dem Ende des Prozesses heute durch den Gerichtsflur davon. Es sah aus, als scheue er das Licht der Öffentlichkeit.