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Strom aus Abwärme

Thermoelemente bestehen normalerweise aus Metallen, es gibt allerdings aus Polymere, mit denen man Wärme in elektrischen Strom umwandeln kann. Solche Polymere drucken Dresdner Fraunhofer-Forscher, um daraus thermoelektrische Bauteile zu gewinnen.

Von Sönke Gäthke | 03.07.2013
    "Hier haben wir mal als Beispiel, was man mit Thermoelektrischen Generatoren noch so machen kann, einen Kühlturm gebaut."

    Aljoscha Roch deutet auf ein mannshohes Modell, unten blau, oben grün gestreift, mit drei großen, runden verglasten Gucklöchern ins Innere. Aus der beim Vorbild dort verpuffenden Wärme will er Strom gewinnen:

    "Wir haben hier in die Innenseiten des Kühlturm diese Thermoelektrischen Generatoren gedruckt."

    Druckbare Thermoelektrische Generatoren sind eine Entwicklung der Forscher vom Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik in Dresden. Aljoscha Roch schaltet Heizelemente im Kühlturmmodell ein. Die erwärmen die eine Seite der Thermoelemente. Die andere bleibt kühl, erklärt Aljoscha Roch:

    "Und auf dem Display, das jetzt vor uns ist, da steigen jetzt die Temperaturen, die Temperaturdifferenzen zwischen der heißen und der kalten Seite, und gleichzeitig steigen hier die Spannungen, die wir hier generieren durch diese Temperaturdifferenz."

    Verbinden die Forscher ihre Thermoelemente mit einem Kabel, fließt Strom. Möglich macht das der Seebeck-Effekt: Der Physiker Thomas Johann Seebeck aus Tallin hatte 1821 ein gebogenes Kupfer- und ein Wolframblech miteinander verbunden und eine Kompassnadel in den Spalt platziert. Als er eine Kontaktstelle erhitzte, schlug die Nadel aus - zwischen den Metallen floss Strom. Heute nutzen Ingenieure den Effekt für Temperaturmessungen. Für die Stromerzeugung ist die Energieausbeute zu gering. Thermoelektrische Generatoren werden daher fast nur in Raumsonden verwendet. Wie viele andere Forscher hofft Aljoscha Roch, das ändern zu können:

    "Wir kommen aus einer Gruppe der Drucktechnologie, und wir wollen funktionelle Elemente drucken. Zum Beispiel auch organische Solarzellen oder LEDs. Thermolelektrik fanden wir interessant, wir haben uns damit beschäftigt, und wir sind ursprünglich von den Standardmaterialien ausgegangen, da ist aber das Problem, wenn man solche - zum Beispiel Bismuth-Tellurid oder Keramiken - druckt, dass man die auch sintern muss."

    Das heißt, das Material, das Forscher sonst für Thermoelemente verwenden, muss während der Fertigung auch noch sehr stark erhitzt werden, damit die einzelnen Komponenten miteinander verbacken. Aljoscha Roch:

    "Das ist ein relativ komplizierter Prozess, das Ganze dann auch zu einem funktionierenden Generator zusammenzubauen."

    Die Forscher suchten daher nach einem anderen Stoff für die Thermoelektrischen Generatoren - und fanden ihn in Kunststoff - in Polymeren.

    "Das Besondere an den Polymeren, die wir verwenden, ist, dass sie elektrisch leitend sind. Normalerweise sind Polymere Isolatoren, die kann man nicht zum Übertragen von Strom nutzen. Der Trick ist jetzt: Man muss die Polymere elektrisch leitend machen."

    Diesen Trick beherrscht die Industrie auch schon.

    "Ja, es gibt auch beispielsweise käufliche Polymere, die elektrisch leitend sind, PANI ist da ein Beispiel, PEDOT:PSS, das sind käufliche, kommerzielle leitfähige Polymere, die reichen schon aus, um so einen Generator zu bauen."

    Zu einem Thermogenerator werden diese Polymere, wenn sie auf der einen Seite kühl, auf der anderen warm sind. Dann bewegen sich die Elektronen von der warmen auf die kühle Seite. Und damit das klappt, lassen die Dresdener Forscher die Polymerpaste durch einen Drucker zu rund 30 Mikrometer feinen Folien formen.

    "Und dann ist es sozusagen fertig."

    Und kann dann um Rohre gewickelt, in Mäntel gewoben oder auf die Innenseiten von Kühltürmen geklebt werden, um aus einer Temperaturdifferenz Strom zu gewinnen. Im Modellkühlturm etwa erreicht der Thermoelektrische Generator eine Spannung von 70 Millivolt bei 70 Grad Celsius im Inneren und 20 Grad außen - wenig, aber Roch betont:

    "Das reicht, um das zu demonstrieren."

    Heißer als 200 Grad Celsius darf die heiße Seite nicht werden, das hält der Kunststoff nicht aus.

    Allerdings sind diese Polymere derzeit noch nicht so gut wie Thermoelemente aus Bismuth-Tellurid: Die erreichen einen Wirkungsgrad von acht Prozent - die Polymere nur knapp ein Prozent.

    "Und da setzt unsere Forschung jetzt auch an, dass wir versuchen, diese Polymere zu verbessern, und da reichen nicht mehr diese Standardpolymere, die man kaufen kann, sondern man muss sich wirklich überlegen, wie man sie besser dotiert, wie man die Leitfähigkeit erhöht, wie man die thermoelektrischen Eigenschaften der Polymere verbessert oder auch die Wärmeleitfähigkeit senkt."

    Aljoscha Roch hofft, dass seinem Team das in kurzer Zeit gelingt - und biegsame Thermoelemente noch vor Ende des Jahrzehnts zur Stromgewinnung aus Abwärme Verbreitung finden.