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Stromer auf Asphalt

Auf deutschen Straßen sind rund 1.500 Elektroautos untewegs. In den nächsten zehn Jahren sollen es eine Million werden. Dafür lässt die Bundesregierung in acht Modellregionen die Alltagstauglichkeit von elektrisch betriebenen Rollern und Kleinwagen testen.

Von Susanne Kuhlmann | 23.09.2010
    "Das Schönste war eine Fahrt durchs Neandertal, wo man bis auf die Fahrgeräusche und den Wind in den Ohren nichts gehört hat. Man hat die Vögel zwitschern hören. Man konnte die Natur wahrnehmen ohne ein Motorengeräusch, ohne Auspuffgeräusche. Es war ruhig und herrlich."

    Kathrin Meyer zu Lösebeck ist eine der ersten, die eine Woche lang einen Elektroroller der Düsseldorfer Stadtwerke testen konnte. Vorher musste sie einen Fragebogen über ihre Pläne und Erwartungen ausfüllen; hinterher einen weiteren, um zu beschreiben, wie sie den Roller tatsächlich im Alltag genutzt hat.

    "Wie praktikabel ist Elektromobilität in einem ganz normalen Alltagseinsatz? Das ist unser erster Fokus. Unser zweiter Fokus ist: Wie funktioniert die Ladung? Wir haben es im Moment mit Ladeprozessen um die acht Stunden zu tun und mit Reichweiten zwischen 80 und 120 Kilometern. Das ist im Moment das Realistische bei den Autos, und damit muss man umgehen."

    Der Elektroroller kommt mit einer Akkuladung rund 70 Kilometer weit. Dr. Susanne Stark leitet den Bereich Energiewirtschaftliche Projekte bei den Stadtwerken Düsseldorf. Die kurze Reichweite von Elektrofahrzeugen ist das eine große Problem. Das andere: Es ist noch schwierig, an Elektroautos zu kommen, selbst wenn man – wie die Stadtwerke Düsseldorf – bereit ist, für einen Kleinwagen den Preis eines Mittelklassewagens zu bezahlen.

    Die Pläne der großen Automobilhersteller sehen so aus, dass sie erst ab 2015 in die Serienproduktion von Elektrofahrzeugen einsteigen können. Dann blieben nur noch fünf Jahre, um das angestrebte Ziel von einer Million zu erreichen. Wie viel Energie dann eingespart würde, hängt unter anderem vom Mobilitätsverhalten ab. Georg Wilke, Projektleiter Mobilität und Verkehr am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie:

    "Untersuchungen aus den 90er-Jahren – da gab es schon einmal einen gewissen Elektromobilitätshype – zeigen, dass Elektrofahrzeuge zunächst mal zusätzlich genutzt werden zu den vorhandenen Fahrzeugen und von daher nur sehr begrenzt Auswirkungen haben auf die vorhandenen Mobilitätsmuster."

    Ein Elektroauto als Drittwagen fürs grüne Image trüge also nicht zum Einsparen von Energie bei. In der "Energieprognose 2009", die Wissenschaftler und Forschungsinstitute kürzlich für das Bundeswirtschaftsministerium erstellt haben, wird davon ausgegangen, dass der Einstieg in die Elektromobilität den Stromverbrauch erhöhen wird, wenn auch zunächst kaum messbar.
    Die Bundesregierung hat allerdings offen gelassen, wie sich die eine Million elektrisch betriebener Fahrzeuge zusammensetzen soll. Man könne nicht davon ausgehen, dass alle ausschließlich batterieelektrisch betrieben würden, meint Georg Wilke. Auch Hybridfahrzeuge, die sowohl mit Strom als auch mit herkömmlichem Treibstoff fahren, gehören dazu. Ebenso wie sogenannte Range Extender, bei denen ein normaler Verbrennungsmotor die Batterie nachlädt. Für die Energie- und Klimabilanz ist vor allem wichtig, wie Strom erzeugt wird. Wilke:

    "Ein neuer positiver Aspekt wäre, dass die Elektrofahrzeuge – das wird perspektivisch so angestrebt – wesentlich umweltfreundlicher sind als die herkömmlichen Fahrzeuge. Aber natürlich nur, wenn der Strom, der eingesetzt wird, aus erneuerbaren Energien stammt."

    Bisher liegt deren Anteil im Strommix bei rund 16 Prozent. Zu den Kohlendioxidemissionen tragen Autos 14 Prozent bei. Wären eine Million der zurzeit 41 Millionen Autos in Deutschland elektrisch unterwegs, sparte das nur wenig CO 2 ein.

    Das Entscheidende am Einstieg in die Elektromobilität ist nach Ansicht von Georg Wilke vom Wuppertal Institut der Paradigmenwechsel, der dahinter steckt. Der Klimaschutz und die Endlichkeit des Erdöls machten die Suche nach Alternativen unumgänglich. Die Bundesregierung verfolgt dabei mehrere Pfade. Neuartige Kraftstoffe – zum Beispiel aus Wasserstoff – sind eine Möglichkeit; Effizienz – also sparsamere Motoren und Antriebstechniken - eine weitere. Die Effizienz von Neuwagen nimmt jedes Jahr um ein Prozent zu. Die Elektromobilität ist demnach eine von mehreren Alternativen. Bisher eine ziemlich kostspielige, denn Elektroautos sind erheblich teurer als konventionelle, auch in Leasingmodellen. Im Moment hat die Bundesregierung auch nicht vor, den Kauf zu subventionieren. Gedacht ist eher an ein Belohnungssystem für Elektromobilisten.

    " Man kann sich vorstellen, dass Elektrofahrzeuge in den Städten privilegiert werden; sprich bestimmte Parkmöglichkeiten eingeräumt bekommen, die herkömmliche Fahrzeuge nicht haben. Und vielleicht noch andere Dinge."